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Preußische Allgemeine Zeitung / 23. Oktober 2004
Am vorletzten Montag las man in den Zeitungen, der Landesgruppenchef der CSU im
Bundestag, Michael Glos, habe erklärt, er könne sich "gut vorstellen, daß wir
als Opposition eine Unterschriftenaktion gegen den EU-Beitritt der Türkei
organisieren". Das meinte die CDU-Vorsitzende Merkel dann auch. Und der
bayerische Ministerpräsident Stoiber hieb in dieselbe Kerbe.
Am Donnerstag darauf rief mich morgens meine Tochter an, um mir mit Hohn in der
Stimme vorzuhalten, ich hätte eine Wette verloren. Nicht nach 14 Tagen, wie ich
ihr prophezeit hätte, sei die CDU/CSU-Führung eingeknickt, sondern schon nach
vier Tagen. Ich mußte mich geschlagen geben; ich hatte die Standfestigkeit der
Oppositionsspitze überschätzt.
Was ist bloß mit der Führungsmannschaft der CDU los? Obgleich die Politik der
Bundesregierung und der beiden sie tragenden Bundestagsfraktionen keinen Deut
besser geworden ist und obwohl sich die Talfahrt der deutschen Wirtschaft rasant
beschleunigt, nimmt die Zustimmung der Wähler zur größten Oppositionspartei ab.
Zwar hatte sie auch bisher keine überzeugenden Gegenpositionen zu wesentlichen
Problemen der Politik aufzuweisen, doch setzte die übergroße Mehrheit der Bürger
ihre Hoffnung mangels einer Alternative auf sie. Nun schwindet auch die Hoffnung
dahin; von einer so orientierungslosen Führung der CDU ist keine Wende der
Misere zu erwarten - zu diesem Schluß scheinen immer mehr Wähler zu kommen.
Da äußern die Köpfe von CDU und CSU eine Idee, wie man die übergroße Mehrheit
der Deutschen, die gegen einen EU-Beitritt der Türkei sind, politisch zu Worte
kommen läßt, da fallen ihnen abgetakelte Politiker der eigenen Partei wie
Ruprecht Polenz, Volker Rühe und Jürgen Rüttgers in den Rücken, als wenn es
nicht genügte, daß die geschlossene Linke, von linksliberal bis linksextrem, in
schrilles Protestgeschrei ausbricht.
Das sind deutliche Anzeichen dafür, daß die CDU-Führung nicht nur kein
fundamentales Konzept gegen die Murkserei der rot-grünen Politik hat, sondern
daß sie sich auch nicht zutraut, sich kontrovers mit der Gegenseite
auseinanderzusetzen. Zu wirklichen Grundsatzkonflikten ist die CDU nicht in der
Lage.
Daß eine Unterschriftenaktion gegen den Türkeibeitritt auf gegnerische Polemik
stoßen würde, hätte die CDU-Führung bereits bei der Verkündung ihre Planes
wissen müssen. Wenn nicht, dann ist sie nicht mehr von dieser politischen Welt.
Und dieser heuchlerische Protest erhob sich denn auch. Eine solche
Unterschriftenaktion sei "fremdenfeindlich" und "populistisch", sie richte
außenpolitisch Schaden an, sie würde die "türkischen Mitbürger diskriminieren".
Die gut organisierten Türken in der Bundesrepublik markierten wilde Empörung.
Der Grund lag auf der Hand: Nachdem man in Hessen vor einigen Jahren bewiesen
hatte, daß durch die Mobilisierung des Volkes - damals gegen die doppelte
Staatsbürgerschaft - Wahlen zu gewinnen sind, wollte man der Opposition diese
Waffe aus der Hand schlagen.
Statt daß die CDU-Führung mit steifem Nacken den Disput aufzunehmen bereit war,
knickte sie ein. Nun will sie es nicht mehr gewesen sein.
Warum fehlt es an der notwendigen Courage? Man kann nur schlußfolgern: Zum einen
ist die CDU-Führung weder willens noch in der Lage, einen harten Konflikt
durchzukämpfen, denn dann ginge es an die grundsätzliche Auseinandersetzung über
deutsche Interessen und Ziele einer deutschen Politik. Es ist zu befürchten, daß
die CDU darauf keine Antwort wagt, weil ihr das feste Fundament fehlt. Zum
anderen wäre im Zusammenhang mit der Befragung des Volkes das im Untergrund
schlummernde Problem virulent geworden, ob man nicht mehr direkte Demokratie im
Grundgesetz verankern müßte. Und angesichts der allgemeinen Angst vor dem Volke
hätte die CDU es nicht gewagt, sich dazu zu bekennen.
Nicht zuletzt vor dem Widerspruch der in Deutschland lebenden zwei Millionen
Türken, die, wie sich jetzt zeigt, im Konfliktfall eindeutig für die Interessen
der Türkei eintreten,
hat sich die CDU in volle Deckung begeben. Da kann man sich ausmalen, was
geschehen würde, wenn die angeblich ergebnisoffenen Verhandlungen über den
Türkei-Beitritt zu einer Ablehnung führen würden. Dann wäre in Deutschland die
Hölle los. So könnten im Land lebende Ausländer eine deutsche Regierung so unter
Druck setzen, daß sie gegen deutsche Interessen verstoßende Politik macht.
Es wird von Jahr zu Jahr deutlicher, wohin eine in großen Zügen verfehlte
Politik Deutschland geführt hat. Und keine Kraft ist vorhanden, deren Kurs zu
korrigieren! Jochen Arp
Angst vor offener Auseinandersetzung: Schon bei der Debatte um die doppelte
Staatsbürgerschaft kam es zu Gegenwehr gegen die Unterschriftenaktion der CDU.
Foto: pa |
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