Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
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Preußische Allgemeine Zeitung / 23. Oktober 2004
Obwohl die Gruppe ehemaliger Schulfreunde schon seit 16 Jahren vom Odenwald in
die ostpreußische Heimat fährt, war es diesmal wie ein Neubeginn, denn seit dem
1. Mai 2004 gehört auch Polen zur Europäischen Union. Die vom Odenwald 1.400
Kilometer entfernte Heimat rückte damit im Geist ein gutes Stück näher.
Immer mehr Freunde aus Odenwald- und Bergstraßengemeinden nehmen an diesen
Fahrten teil. Diesmal waren es Freunde aus Bonsweier, Birkenau, Mörlenbach,
Lörzenbach, Weschnitz, aus Schriesheim, Ladenburg, Viernheim, ja sogar aus
Groß-Umstadt und Erzhausen waren Teilnehmer dabei. Auch in Sachsen-Anhalt,
Niedersachsen, Brandenburg und Berlin kamen noch welche hinzu.
Am deutsch-polnischen Grenzübergang grüßt nunmehr zwischen der polnischen und
deutschen auch die Europaflagge. Auch der gemeinsame Grenzposten mit einem
deutschen und einem polnischen Zöllner ist ein Anzeichen dieses neuen Miteinanders.
Das Reiseprogramm ermöglichte viele Begegnungen mit den polnischen Gastgebern,
schon bei der herzlichen Aufnahme in den Hotels "Reda" in Stettin, "Gromada" in
Elbing und schließlich im Standquartier "Tajty" in Wilkassen bei Lötzen.
Ein herzliches Willkommen erfuhren die Teilnehmer in Angerburg bei einem in
deutscher Sprache und mit deutschen Kirchenliedern gefeierten Gottesdienst in der Pfarrkirche "Zum guten Hirten", den
Pfarrer Mazurek und eine polnische Mädchengruppe gestalteten. Welche Aufwertung
Angerburg als Kreisstadt erfährt, zeigten den Gästen der Angerburger
Kommunalpolitiker Tadeusz Ciborski und die Direktorin des
J.A.-Helwing-Gymnasiums, Maria Chludzinska, am Beispiel der Erweiterung dieser
Schule durch eine Sporthalle, die dem internationalem Standard entspricht. Das
von der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit geförderte Projekt wurde
auch von der Bundesrepublik Deutschland unterstützt.
Die wichtigsten Begegnungen jedoch vermittelten die Ansichten der Städte und
Dörfer, der Straßen und Häuser mit Erinnerungen an die eigene Jugend in
Angerburg und Umgebung: Hier das Elternhaus, dort der einstige Betrieb des
Vaters, da drüben die Schule und dann das stille Gedenken außerhalb der Stadt
auf dem Hügel mit deutschen und russischen Soldatengräbern.
Zu einem geselligen Abend im Hotel kam die polnische Folkloregruppe "Mazury".
Als Ehrengast wurde der Angerburger Bürgermeister Antoni Piotrowski begrüßt, der
in Begleitung von Tadeusz Ciborski und Maria Chludzinska gekommen war. Auch eine
Abordnung der deutschen Volksgruppe von der Deutschen Gesellschaft "Mauersee"
für Stadt und Land Angerburg nahm an der Veranstaltung teil. Am Rande der
großartigen Tanz- und Gesangsdarbietungen der Folkloregruppe kam es mit Hilfe
von Edith Göschel als Dolmetscherin zu vielen interessanten Gesprächen über das
Angerburg von gestern, heute und morgen. Eine besondere Begegnung war der Besuch
in den Räumen der deutschen Volksgruppe, die von Herta Andrulonis geleitet wird. Die Gastgeberinnen
Barbara Smierzynska, Krystina-Gerda Jakubowska und Elisabeth Bazner bewirteten
ihre Gäste mit Kaffee und Kuchen und unterhielten sie mit deutschen
Volksliedern.
Welche kulturellen Werte Pommern sowie West- und Ostpreußen in die Gemeinschaft
der Europäischen Union einbringen, merkt man schon am "Weltkulturerbe" Danzig -
der Wiederaufbau der im Krieg zerstörten Stadt war eine beispiellose
städtebauliche Leistung. Spürbar wird dieser Wert auch am Wallfahrtsort
Heiligelinde, an dem Wirken von Nicolaus Copernicus in Allenstein und vor allem
an der masurischen Landschaft, in der sich über 3.000 kristallklare Seen
befinden. Die weiten Wiesen zwischen den dunklen Wäldern schmücken im Sommer
viele Millionen Blüten des Klatschmohns, der Kornblumen und der Kamille.
Auch die unzähligen Storchennester auf den Dächern der Bauernhöfe und die vielen
Alleen mit zum Teil 200 Jahre alten Bäumen entlang der kleinen Landstraßen
prägen sich als glückliche Erinnerung in das Gedächtnis ein.
Weltweit einzigartig ist der Oberländische Kanal, eine international
vielbeachtete Ingenieurleistung. Hier werden die Schiffe durch Wasserkraft auf
Schienen und Schlitten über insgesamt fünf Hügel gezogen. Sie überwinden dabei
einen Höhenunterschied von 104 Metern.
Der Tourismus nimmt rasch zu, wie der Schiffskapitän Miroslaw Gostomscy der
Reisegruppe auf einer Fahrt über den Mauersee bestätigte. Mit den fünf Schiffen
der "Weißen Flotte" fahren in der Sommersaison 35.000 Touristen von Lötzen nach
Nikolaiken, wo der Tourismus längst der wichtigste Wirtschaftsfaktor ist. Bei
dem touristischen Angebot nimmt das Naturschutzgebiet Kruttinnen mit dem Fluß
Kruttinna eine besondere Stellung ein. Dieses Paradies für Paddelsportler und
Stakbootausflüge soll schon in Kürze Nationalpark werden. Auf den Seen sind
bereits jetzt unzählige Segelboote unterwegs. In den Häfen werden die
Liegeplätze für Boote und Yachten allmählich knapp.
Auch Wanderer und Radtouristen haben Masuren als ideales Urlaubsgebiet entdeckt.
Auf allen Routen findet man ein lohnendes Ziel. Dies zeigte sich bei der Einkehr
in das sehenswerte Bauernmuseum in Zondern und am Reiterhof mit Gestüt in
Galkowo.
Für eine besondere touristische Überraschung sorgte Alfred Klerner. Der
erfahrene Kartograf zeigte dem Schiffskapitän auf der Überfahrt nach Angerburg
einen "völlig neuen Seeweg", den zuvor noch nie ein Schiff genommen hatte.
Während der Fahrt berichtete Alfred Klerner viel Wissenswertes von Land und
Leuten in früheren Jahrzehnten, auch von dem Leben auf Schloß Steinort, das
heute dem Verfall preisgegeben ist. Schließlich spürte die Gruppe auch auf der
Marienburg den Hauch der Geschichte aus zurückliegenden Jahrhunderten.
Doch auch Odenwälder ohne ostpreußische Herkunft haben inzwischen die Reize
Masurens entdeckt. So hat eine Reisegruppe des Odenwaldklubs (OWK) Birkenau
unter der Leitung von Dieter Brandt fast zeitgleich eine Wandertour nach Masuren
unternommen und der OWK Ladenburg prüft zumindest die Möglichkeit einer
Masuren-Wanderreise. Hans Todt
In Angerburg: Ein Teil der Gruppe besucht das Gymnasium. Foto: Preuß |
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