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13.11.04 / Die Angst vor einem deutschen "Opfermythos"

© Preußische Allgemeine Zeitung / 13. November 2004


Gedanken zur Zeit:
Die Angst vor einem deutschen "Opfermythos"
von Gottfried Loeck

Die nur von vergleichsweise wenigen Bundestagsabgeordneten genutzte Debatte über ein Gesamtkonzept zur würdigen Erinnerung an die Opfer der DDR-Diktatur scheiterte kläglich wegen unüberbrückbarer Gegensätze unter den Volksvertretern. Der von Unionsvertretern eingebrachte Antrag, passend zum 51. Jahrestag des Volksaufstandes 1953 in Mitteldeutschland, zielte darauf ab, die Geschichte der SED-Diktatur und ihrer Opfer in der bundesrepublikanischen Erinnerungskultur präsent zu halten. Nach Ansicht des Abgeordneten Nooke und seiner Unterstützer gehört das Gedenken an die Opfer der beiden Diktaturen des 20. Jahrhunderts zu den konstitutiven Elementen eines wiedervereinigten Restdeutschland. Nooke, selbst Opfer des Regimes, wußte seinen Antrag gut zu begründen, ohne allerdings den verbissenen ideologischen Widerstand von Grünen, PDS und Sozialdemokraten zu brechen. SED-Opfer werden nicht geliebt. Sie konfrontieren nicht wenige der Bundestagsabgeordneten mit ihrer eigenen Feigheit.

Irgendwie schien die Beschlußvorlage der CDU/CSU-Fraktion unter keinem guten Stern zu stehen. Mehrfach zuvor hatten diverse Ereignisse die Einbringung in den Bundestag verhindert, zusätzliche Umformulierungen, Streichungen erforderlich gemacht. Als im Januar 2004 der Streit über das sächsische Gedenkstätten-Gesetz unerwartet eskalierte, auf den sich der obige Antrag ausdrücklich bezog, begannen verschiedene Unionsabgeordnete den programmierten Rückzug. Der Zentralrat der Juden hatte zuvor seine Mitarbeit in der "Stiftung sächsische Gedenkstätten" mit dem Hinweis auf eine angebliche Relativierung von NS-Verbrechen und Gleichsetzung mit denen in der DDR die Mitarbeit aufgekündigt. Der Zentralrat der Juden und die üblichen Bedenkenträger glaubten eine Gefahr darin zu sehen, daß die angeblich "fundamentalen Unterschiede zwischen den Verbrechen der Nationalsozialisten mit europäischer Dimension und den Untaten aus der Willkürherrschaft des Kommunismus / Sozialismus in der DDR mit nur nationaler Dimension" verwischt werden könnten. Bei den Opfern legte man auf Unterscheidung allergrößten Wert. Daß auf eine Verharmlosung der Verbrechen im Nationalsozialismus weder von den Antragsstellern noch vom Text zu schließen ist, werden alle bestätigen, die den Antragstext aufmerksam gelesen haben.

Mangels nachvollziehbarer eigener Argumente griffen die Antragsgegner im Bundestag die obige Gegenposition gierig auf. Die - so die Grünen-Vertreterin Roth die PDS - von ihnen beobachtete Wiederbelebung eines deutschen Opfermythos zwinge geradezu zur Ablehnung der von Unionsabgeordneten eingereichten Beschlußvorlage. Die aus dem Unionsantrag angeblich zu entnehmende platte Totalitarismusdoktrin, nach der Nationalsozialismus und SED-Diktatur weitestgehend gleichgesetzt würden, paßt verständlicherweise denen nicht ins "heile" Konzept, die die Verbrechen in der DDR teilweise befördert, weitgehend übersehen haben, sie frech leugnen, vertuschen oder gar entschuldigen. Hätte man, wie im ursprünglichen Antrag vorgesehen, auch die Millionen Opfer von Krieg und Vertreibung sowie die zivilen Opfer der alliierten Luftangriffe in das Erinnern miteingeschlossen, wäre der Streit über ein würdiges Gedenken aller Opfer der NS-Diktatur erst richtig entbrannt. Die Aufarbeitung der lange tabuisierten Verbrechen an Deutschen bleibt die Herausforderung für andere.

Die schon lange in den Machtetagen der Republik angelangten 68er und ihre ideologischen Ziehväter haben bei ihrem erfolgreichen Einzug in Parlamente, Regierungen, Gerichte bewußt jene Tugenden, Traditionen, Werte beschädigt, ohne die der beispiellose Wiederaufbau unseres Landes nach dem Krieg nicht möglich gewesen wäre (siehe auch Prof. Alexander Schuller, FAZ vom 9. Mai 2004). Das von ihnen und ihren Handlangern vermittelte einseitige Geschichtsbild mit seiner Fixierung auf das Dritte Reich, mit dem Gemisch aus nationalen Selbsthaß, permanenter Selbstzerknirschung, allseitigen Kollektivschuldbekenntnissen und Kriminalisierung unserer Eltern- und Großelterngeneration wird den Opfern nicht gerecht. Wer die Deutschen fast täglich auf die Rolle des einzigen Schurken der Weltgeschichte reduziert, Vaterlandsliebe, Patriotismus, Selbstachtung und Stolz auf die unbestreitbar guten und erfolgreichen Teile ihrer 1.200jährigen Geschichte ausklammert, wie das bei anderen Völkern ganz undenkbar wäre, darf sich nicht wundern, wenn in diesem Land Gemeinschaftsgeist, Verantwortungsbewußtsein, Leistungs- und Opferbereitschaft, Zivilcourage und Zuversicht schwinden. Das verzerrte Geschichtsbild der 68er, das heißt einflußreicher heutiger Machtträger wird den Opfern des Kommunismus, des Bombenkrieges, von Krieg und Vertreibung - soweit sie oder ihre Angehörigen noch leben - nicht zu vermitteln sein, weil sie im Unterschied zu den "Gutmenschen" die Wirklichkeit kennen oder selbst schmerzlich erfahren mußten. Belehrungen pubertierender Zwerge bedürfen sie nicht. Daß Opfer politischer Gewalt in Deutschland weiterhin unterschiedlich gewürdigt werden, ist allgemein bekannt. Ob man damit allen Opfern gerecht wird, mag bezweifelt werden.


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