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13.11.04 / Ein europäisches Phänomen / Ausstellung in Hamburg zeigt Werke der "Brücke"-Künstler und ihrer Wahlverwandten

© Preußische Allgemeine Zeitung / 13. November 2004


Ein europäisches Phänomen
Ausstellung in Hamburg zeigt Werke der "Brücke"-Künstler und ihrer Wahlverwandten

Unbeeinflußt durch die heutigen Strömungen, Kubismus, Futurismus usw., kämpft sie für eine menschliche Kultur, die der Boden einer wirklichen Kunst ist", schrieb Ernst Ludwig Kirchner 1912/13 in der Chronik über die Künstlervereinigung "Brücke". - Es war der Schwanengesang für die Gruppe, denn als der Text erschien, waren die so unterschiedlichen Charaktere bereits auseinandergegangen. Nahezu zehn Jahre hatten Kirchner, Erich Heckel, Hermann Max Pechstein, Karl Schmidt-Rottluff gemeinsame Vorstellungen von Kunst vertreten. Fritz Bleyl, Otto Mueller und Emil Nolde gehörten eine zeitlang ebenfalls zu dieser Künstlergemeinschaft, die heute als die engste und fruchtbarste ihrer Art gilt und zu den einfluß- und folgenreichsten deutschen Künstlervereinigungen des frühen 20. Jahrhunderts zählt.

Als Gründungsdatum gilt gemeinhin der 7. Juni 1905. Nun aber hat Prof. Heinz Spielmann, künstlerischer Leiter des Bucerius Kunst Forums in Hamburg, herausgefunden, daß entscheidende Aktivitäten bereits im Sommer und Herbst 1904 stattfanden. Daraus resultierend lautet der Titel einer Ausstellung zum 100jährigen Bestehen der Künstlergruppe nun auch "Die Brücke und die Moderne 1904-1914" (Bucerius Kunst Forum, Rathausmarkt 2, Hamburg, bis 23. Januar 2005, täglich 11 bis 19 Uhr). Gezeigt werden neben Werken der "Brücke"-Künstler auch solche, die sie beeinflußten. Zu sehen sind etwa 45 Gemälde, 100 Zeichnungen und Holzschnitte sowie Skizzenbücher, Plakate, Anzeigen und Druck-sachen, die Einblick geben in die künstlerische Zusammenarbeit. Werke von Edvard Munch, Vincent van Gogh, Paul Gauguin, Pablo Picasso und Ferdinand Hodler sind erstmals neben denen der "Brücke"-Künstler ausgestellt. Aber auch Beispiele der sächsischen Freilichtmalerei, des Wiener und Münchner Jugendstils, japanische Holzschnitte und afrikanische Skulpturen zeigen, wo Einflüsse von außen auf die Künstler wirkten.

"Begriffe wie ,Vision' und ,Symbol', die Gauguin bei der Erläuterung seines Schaffens mehrfach gebrauchte, wurden von den Künstlern der ,Brücke' aufgegriffen und auf ihre Weise ausgelegt", erläuterte Horst Jähner in seiner Monographie "Künstlergruppe Brücke" (Berlin, 1984). "Doch hatte ein nur schwer faßbarer Ausdruck wie ,symbolisch' oder ,visionär' für jeden ,Brücke'-Künstler einen anderen Klang ... wäre es ein Fehler, aus dem Gebrauch solcher Worte bei den Künstlern der ,Brücke' auf Lebensferne zu schließen, weil das allein schon ihr Wollen widerlegt. Kirchner und seine Freunde wiesen immer wieder auf das Vorbild der Natur hin, auf Anregungen durch die Wirklichkeit, aus der sie die Impulse für ihr Schaffen zogen und der sie in jeder Hinsicht auch verpflichtet blieben ..."

Im Mittelpunkt der Hamburger Ausstellung stehen Gemälde, Graphik und Dokumente aus der Sammlung des Würzburgers Hermann Gerlinger; andere Exponate sind Leihgaben aus Hamburger Museen, aus Seebüll, Davos, Bern oder Dresden. Entstanden ist eine durchaus "konzentrierte Auswahl", die deutlich macht, "daß es sich bei der ,Brücke' um ein europäisches Phänomen handelt" (Spielmann).

Silke Osman


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