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Preußische Allgemeine Zeitung / 20. November 2004
Nach den beiden letzten Bundestagswahlen hat die Union den rot-grünen Siegern vorgeworfen, sie hätten die Wähler belogen und betrogen und seien nur so an die Macht gekommen. Ähnliches droht nun Merkel und Stoiber: Sollten sie 2006 die Nase vorn haben, werden sie, soviel ist sicher, die Sanierung unseres maladen Gesundheitswesens anpacken müssen - und ebenso sicher ist, daß der Anfang dieser Woche präsentierte Gesundheitsreform-Kompromiß bis dahin längst dort gelandet sein wird, wo er jetzt schon hingehört: im Papierkorb. Eine unionsgeführte Bundesregierung würde garantiert nicht das tun, was sie jetzt ankündigt. Monatelang verfolgten wir, teils staunend, teils belustigt, das Sommertheaterdrama mit dem Filmtitel "...denn sie wissen nicht, was sie tun". Das herbstliche Finale bescherte uns dann die Erkenntnis: Wir wissen immer noch nicht, was sie tun würden, wenn sie die Macht dazu hätten. Einzige Gewißheit: Das, was sie uns jetzt als der Weisheit letzten Schluß vorgaukeln, werden sie nie tun. Wie alle Vergleiche, so hinkt natürlich auch dieser. Edmund Stoiber als später James Dean, das mag mit einiger Phantasie ja noch angehen, aber Angela Merkel als Natalie-Wood-Verschnitt? Aber es gibt auch bemerkenswerte Parallelen. Wie im filmischen Meisterwerk von 1955 spielten auch im Gesundheitsreformstück des Jahres 2004 familiäre Konflikte eine tragende Rolle. CDU und CSU fielen übereinander her, als seien sie nicht "Schwesterparteien", sondern erbitterte, unversöhnliche Gegner: Da wurde der Kalauer "Feind - Todfeind - Parteifreund" zur Realität. Nun hat der Unionsberg endlich gekreißt, und heraus kam nicht einmal eine Maus. Freuen kann sich darüber vor allem der Kanzler: Schröder und Genossen bleibt es auch weiterhin erspart, der Öffentlichkeit zu erklären, worin sich sein großes Reformprojekt namens "Bürgerversicherung" eigentlich von einem Ballon voll heißer Luft unterscheidet. So war der Unionskrach um die "Kopfpauschale" vor allem ein ungewolltes Ablenkungsmanöver: Vor lauter Konzeptionslosigkeit der Opposition fiel die Konzeptionslosigkeit der Koalition schon gar nicht mehr auf. Auch wenn man sich damit trösten mag, daß dieser faule Kompromiß nie verwirklicht wird - einige kritische Anmerkungen zum Inhalt kann man den Gesundheitspolitikern der Union nicht ersparen. Nach diesem Modell, das deutlich die Handschrift Merkels trägt, soll alles anders werden, das meiste aber doch irgendwie bleiben, wie es ist. Ein Beispiel: Merkel & Co. wollen die Beitragslast auf sieben Prozent des Bruttoeinkommens begrenzen; zur Zeit sind das durchschnittlich 7,1 Prozent, eine "sensationelle" Entlastung! Bei 2.000 Euro Monatsgehalt macht das ganze zwei Euro - hoffentlich ist der deutsche Einzelhandel dem nunmehr zu befürchtenden Konsumrausch gewachsen. Die Arbeitgeber sollen immerhin um 0,6 Prozentpunkte entlastet werden - ob das zur Konkurrenzfähigkeit gegenüber Polen, Weißrußland oder Malaysia reicht, bleibt abzuwarten. Besserverdienende, so sie denn nicht längst zu privaten Krankenversicherern abgewandert sind, könnten sogar bis zu 135 Euro im Monat sparen, dürfen dann aber nicht verheiratet sein (auch so kann man den grundgesetzlichen Schutz von Ehe und Familie aushebeln; sehr "christlich"!). Vorsichtige Schätzungen gehen zudem von einer Finanzierungslücke von mindestens sieben Milliarden Euro im Jahr für den "Sozialausgleich" sowie 16 Milliarden für die Kinderversicherung aus. Wie sie da zu verfassungskonformen Haushalten und langsamer galoppierenden Staatsschulden kommen wollen, haben Merkel und Stoiber bislang nicht verraten. Vielleicht suchen sie ja noch Rat - zum Beispiel bei Hans Eichel, dem Meister der kreativen Buchhaltung. |