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18.12.04 / Wie die "Schleswig-Holstein" endete / Vor 60 Jahren ist das Kriegsschiff, das die Westerplatte beschoß, erst auf Grund gesackt und dann ausgebrannt

© Preußische Allgemeine Zeitung / 18. Dezember 2004


Wie die "Schleswig-Holstein" endete
Vor 60 Jahren ist das Kriegsschiff, das die Westerplatte beschoß, erst auf Grund gesackt und dann ausgebrannt

Vor genau 60 Jahren, am 18. Dezember 1944, war in Deutschlands größter Marinebasis Gotenhafen bereits am frühen Morgen um 5.15 Uhr Flakalarm. Britische Jagdbomber des Typs "Mosquito" kamen. Noch flog der Gegner nur Aufklärung. Am Abend kamen dann die Bomber der Royal Air Force. Der anfliegende Feind teilte sich in zwei je 100 Maschinen starke Gruppen. Die eine flog über Kolberg nach Süden ins Binnenland; die andere kreuzte östlich des deutschen Stützpunktes die Danziger Bucht und warf vor Hela Minen. Schließlich jedoch schwenkten beide Bombergruppen auf das gemeinsame Ziel Gotenhafen ein, um es von beiden Seiten anzugreifen. Dort wurde um 20.50 Uhr Flakalarm und fünf Minuten später auch Fliegeralarm gegeben. 824 Tonnen Bomben warfen die Angelsachsen über der Ostseestadt und den in ihrem Hafen liegenden deutschen Kriegs-, Passagier- und Handelsschiffen ab.

In einem Bombenteppich lag mittendrin die wehrlose "Schleswig-Holstein". Das noch im Umbau befindliche ehemalige Linienschiff, das unweit von hier mit seinem Beschuß der Westerplatte den Zweiten Weltkrieg eingeleitet hatte, war dem Angriff aus der Luft wehrlos ausgesetzt. Aufgrund der vorausgegangenen erstaunlichen Erfolge der Schiffsartillerie im Kampf um die baltischen Inseln und die Halbinsel Sworbe hatte Adolf Hitler den Umbau des zwischenzeitlich nur noch für die Kadettenausbildung genutzten ehemaligen Linienschiffes für den Kampfeinsatz befohlen. Es sollte die Kurlandkonvois begleiten und mit seiner Artillerie bei Bedarf in die Kämpfe zu Lande eingreifen. Der Umbau war schon derart weit fortgeschritten, daß das Schiff bereits unter Dampf lag. Ab dem 23. Dezember 1944 sollte es einsatzbereit sein. Die Flak war allerdings noch nicht einsatzbereit, als am Abend des 18. Dezember die Bomber kamen, und so war der Vorgängerbau des Schlachtschiffes "Tirpitz" den Angreifern aus der Luft ein wehrloses Opfer.

Um 21.50 Uhr erfolgte die Meldung, daß drei Bomben eines Bombenteppichs die Abteilungen II bis IV getroffen hatten. Ein Bombentreffer erfolgte durch den Backbord-Wassergang auf der Schanz in Höhe des Turms B. Diese Bombe durchschlug das Schiff von oben bis unten, ohne im Schiff zu detonieren. Eine zweite Bombe traf durch die Steuerbord-Hütte in die Hauptmaschine Mitte. Die dritte Bombe schließlich traf durch die Steuerbord-Hütte und sämtliche Decks in die Hauptmaschine Backbord. Dazu kam eine Reihe von Nahtreffern.

Die Folgen waren beträchtlich. Die Abteilungen I und II des Schiffes, sprich die beiden letzten, hintersten, waren in ganz kurzer Zeit bis zur halben Höhe des Zwischendecks vollgelaufen. In der nachfolgenden Nacht liefen die hinteren sieben der insgesamt zwölf Abteilungen bis unter das Panzerdeck voll, so daß sich das Schiff gegen 4 Uhr achtern langsam auf Grund setzte

Aber es kam noch schlimmer. In der Nacht vom 19. auf den 20. Dezember brach im achteren Mast ein Brand aus. Möglichweise hatte er hier schon seit der Bombardierung unbemerkt geschwelt und war dann durch Luftzufuhr angefacht worden. In den dicken Kabelbündeln und dem jahrzehntealten dicken Farbbelag des noch aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg stammenden Schiffes fand er reiche Nahrung. Durch die abfließende Farbe griff das Feuer schnell auf andere Teile des Schiffes über und erfaßte letztlich alle noch über Wasser liegenden Schiffsräume. Am zweiten Weihnachtstag wurden die Bergungsarbeiten abgebrochen. Das Schiff wurde aufgegeben. Es lag nun in seiner ganzen Länge auf Grund und einschließlich Zwischendeck unter Wasser. Am 25. Januar 1945 wurde im Logbuch die Außerdienststellung des Schiffes eingetragen.

Die fehlende Verteidigungsfähigkeit der "Schleswig-Holstein" hatte auch ihr Gutes. So befanden sich zum Zeitpunkt des Angriffs nur vergleichsweise wenig Besatzungsmitglieder an Bord. Der größte Teil hatte befehlsgemäß in einem nahe dem Schiff an Land ausgehobenen Splitterschutzgräben Schutz gesucht und auch gefunden. Der Bombenangriff kostete die Mannschaft 28 Tote und 51 Verwundete. Der Rest der "Schleswig-Holstein"-Besatzung wurde aufgelöst. Die Spezialisten unter ihr wurden unter den wenigen der Kriegsmarine noch verbliebenen Einheiten - vor allem U-Boote, Kleinkampfmittel und Hilfsfahrzeuge - verteilt. Den großen Rest ereilte das Schicksal vieler Luftwaffen- und Marineangehöriger, denen die Alliierten ihre Luft- und Wasserfahrzeuge zerstört hatten, sie wurden im Landkampf eingesetzt, wo sie - für diese Tätigkeit in der Regel nicht adäquat ausgebildet - nicht selten einen großen Blutzoll zahlen mußten.

Mit Gotenhafen gelang auch die "Schleswig Holstein" in sowjetische Hand. Die neuen Besitzer machten das Schiff wohl provisorisch schwimmfähig und richteten es als Zielschiff her. Als solches soll es bis Mitte der 50er Jahre nahe der Insel Odensholm am Ausgang des Finnischen Meerbusens genutzt worden sein. Inzwischen soll es dort als total zerstörtes Wrack wieder auf Grund liegen und dabei noch heute wenigstens in Bruchteilen aus dem Wasser ragen. Manuel Ruoff

Ausgebrannt auf dem Grund: Das Wrack der Schleswig-Holstein Foto: Archiv


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