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18.12.04 / Ein "gescheiter Neger" / TV-Star erinnert sich an die Suche nach seinen Wurzeln

© Preußische Allgemeine Zeitung / 18. Dezember 2004


Ein "gescheiter Neger"
TV-Star erinnert sich an die Suche nach seinen Wurzeln

In den 50er Jahren bringt die Mutter den kleinen Charles zu seiner Großmutter nach Niederbayern. Omas erster Kommentar zu diesem "Negerlein": "Mei, ist der schwarz." Von da an ergreift Oma Maria beherzt und resolut die Initiative. Für die Nachbarn und Dorfbewohner ist Charles eine Sensation. Um die Neugierde der Dorfbewohner zu stillen, schiebt Tante Marianne eines Tages den Kleinen in einem Kinderwagen durchs ganze Dorf. Von da an ist Ruhe.

Charles wuchs zu einem quicklebendigen, selbständigen, phantasievollen, gescheiten Landjungen heran. Das erste Anderssein spürte er dann in der Grundschule. Ein "gescheiter Neger" paßte noch nicht in das Weltbild der damaligen Lehrer. Beim Unterricht wurde er übersehen oder man schickte ihn gar hinaus, den Hof zu fegen. Eines Tages erfuhr die Großmutter von diesen Schikanen, nahm ihren heißgeliebten Buben, baute sich auf dem Schulhof vor dem Rektor auf, beschwerte sich lautstark und belegte den verschämten Rektor noch mit einem Fluch ... Ob es geholfen hat, kann man in den überaus amüsant geschriebenen Lebenserinnerungen von Charles M. Huber, bekannt durch seine Rolle als Inspektor Henry Johnson in der TV-Serie "Der Alte", nachlesen: "Ein Niederbayer im Senegal".

Als die Mutter ihn später nach München holt, erfährt er offen Rassismus und Ausgrenzung. Die schwierige Suche nach seiner eigenen Identität beginnt. Die Flower-Power-Zeit, die Zeit der Hippies und Blumenkinder, treibt ihn in die Drogensucht. Er schließt sich der radikalen Black-Panther-Bewegung an, die für die Rechte der Schwarzen kämpft. Aber nirgendwo fühlt er sich richtig dazugehörig.

Charles beschließt, nach Afrika, in den Senegal zu reisen, um seinen Vater und seine kulturellen Wurzeln zu suchen. "Die Frage nach der eigenen Identität", sagt Huber, "stellt sich zweifellos allen Menschen, die verschiedene kulturelle Wurzeln in sich tragen, ob sie nun türkisch-deutscher, kroatisch-deutscher, französisch-deutscher oder welcher Herkunft auch immer sind. Obwohl das Buch meine ganz persönliche Geschichte erzählt, ist es diesen Menschen gewidmet und jenen, die sie verstehen wollen." Barbara Mußfeldt

Charles M. Huber, "Ein Niederbayer im Senegal. Mein Leben zwischen zwei Welten", Scherz, Bern 2004, geb., Abb., 352 Seiten, 19,90 Euro


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