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15.01.05 / "Relative" Meinungsfreiheit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 2 vom 15. Januar 2005

Hans-Jürgen Mahlitz:
"Relative" Meinungsfreiheit

Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. So heißt es, klar und unmißverständlich, in Artikel 5 unseres Grundgesetzes. Als allerdings der Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner in seiner Dreikönigspredigt von diesem Recht Gebrauch machte, mußte er die traurige Erfahrung machen, daß zwischen Verfassungstheorie und Medienwirklichkeit Welten liegen.

Mit den Worten „Zuerst Herodes, der die Kinder von Bethlehem umbringen läßt, dann unter anderem Hitler und Stalin, die Millionen Menschen vernichten ließen, und heute, in unserer Zeit, werden ungeborene Kinder millionenfach umgebracht", prangerte Meisner die erschreckend hohe Zahl von Abtreibungen in Deutschland an. Seine mahnenden Worte lösten landesweite Empörung aus. Allerdings nicht über die hunderttausendfache Tötung ungeborenen Lebens, sondern über die angebliche Gleichsetzung dieses Skandals mit dem nationalsozialistischen Judenmord.

Paul Spiegel, der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, verstieg sich zu der Unterstellung, der Kardinal habe „Millionen Holocaust-Opfer beleidigt“. Seine eher rhetorische Frage, ob denn ein katholischer Würdenträger „ungestraft“ den Judenmord relativieren könne, beantwortet Spiegel selbst mit dem Hinweis auf „Personen des öffentlichen Lebens“, die „auf Grund solcher Äußerungen schon von ihren Ämtern zurücktreten“ mußten – was man wohl als Drohung zu verstehen hat.

Nachdem Spiegel das Stichwort geliefert hatte, fielen Medien und politische Klasse nahezu geschlossen über den Kölner Kardinal her. Die einen waren „zutiefst“, die anderen „in höchstem Maße“ empört. Aber worüber eigentlich? Meisner hat mit keinem Wort nationalsozialistische Verbrechen „relativiert“, verharmlost oder gar geleugnet. Oder darf man in diesem Lande ein Verbrechen nicht mehr Verbrechen nennen, weil es einst einen Verbrecher namens Hitler gab? Wird ein Mörder zum „harmlosen“ Zeitgenossen „relativiert“, weil es neben ihm auch andere Mörder gibt?

Der Abgeordnete Martin Hohmann ist einer der wenigen Politiker, die den Mut haben, sich öffentlich an die Seite Meisners zu stellen. Er verweist darauf, daß „Hitler und Stalin ihre Untaten vor den Augen der Zeitgenossen verbargen“, während die massenweise Abtreibung offen vor aller Augen stattfinde. Sie wird von gewissen politischen und ideologischen Kräften sogar als Ausdruck moderner Lebensqualität und Beweis der Befreiung der Frau vom Joch männlicher Unterdrückung bejubelt und großenteils von den Krankenkassen aus Zwangsbeiträgen finanziert. Dies zu beklagen ist nicht nur das verfassungsmäßige Recht, sondern die Pflicht eines kirchlichen Würdenträgers. Nicht Meisners klare Worte sind skandalös, sonders das betretene Schweigen der meisten seiner Amts- und Glaubensbrüder. Insbesondere der deutsche Protestantismus muß sich hier klägliches Versagen vorwerfen lassen. Und Paul Spiegel sei daran erinnert, daß es sich bei dem Gebot „Du sollst nicht töten“ nicht um eine christliche „Erfindung“ handelt, sondern um eine Kernaussage des Alten Testaments. Statt mit der Antisemitismuskeule herumzufuchteln, sollten Juden und Christen zusammenstehen, um diesem Gebot Geltung zu verschaffen.

Übrigens: Am Dreikönigstag, während Kardinal Meisner gerade seine „umstrittene“ Predigt hielt, verbreitete die Pressestelle des Deutschen Bundestages folgende Meldung: „Die Zahl der Geburten bei Frauen unter 18 Jahren ist zwischen 1996 und 2003 von 4.766 auf 5.131 gewachsen. Weiter angestiegen ist in der gleichen Zeitspanne die Anzahl der Schwangerschaftsabbrüche bei Minderjährigen – von 4.724 auf 7.645 Abtreibungen.“ Diese Zahlen sollten nicht nur Kardinäle beunruhigen.


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