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22.01.05 / Mit 80 Talern nach Berlin / Der seinerzeit sehr gefragte Bildhauer Rudolf Siemering starb vor 100 Jahren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 3 vom 22. Januar 2005

Mit 80 Talern nach Berlin
Der seinerzeit sehr gefragte Bildhauer Rudolf Siemering starb vor 100 Jahren

Zwei amerikanische, ein englischer und ein italienischer Bildhauer zogen den Kürzeren. Ein deutscher Künstler machte schließlich das Rennen, als es darum ging, dem ersten Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, George Washington, in Philadelphia ein Denkmal zu setzen: Rudolf Leopold Siemering, geboren am 10. August 1835 in Königsberg.

Siemering wirkte bis zu seinem Tod vor nunmehr 100 Jahren am 23. Januar 1905 in Berlin. Dort ist denn auch eine Reihe seiner Arbeiten auch heute noch erhalten, etwa im Tiergarten sein 1904 geschaffenes Mozart-Haydn-Beethoven-Denkmal, das Standbild der Heiligen Gertrud auf der Gertraudenbrücke oder ein Relief für das Grabmal des Architekten Walter Gropius auf dem Dreifaltigkeitsfriedhof in Kreuzberg.

Als Sohn eines Verwalters des Städtischen Leihamtes in Königsberg geboren (ein Bruder war der spätere Landschaftsmaler Julius Siemering), besuchte Rudolf das Löbenichtsche Realgymnasium. Ein unnachgiebiger Lehrer dort mag schuld gewesen sein, daß sich Rudolf Siemering schließlich der Kunst zuwandte. Er hatte von dem Sekundaner verlangt, in der Ecke zu stehen. Als dieser sich weigerte, mußte er die Schule verlassen und ein Handwerk erlernen. Während drei harter Lehr- und Gesellenjahre in einer Möbeltischlerei wird der Entschluß gereift sein, sich ganz der Kunst zu widmen. Bildhauer wollte er werden und so besuchte Siemering eine Kunstschule seiner Vaterstadt (wohl die Kunst- und Gewerkschule) und erhielt bereits während seiner Ausbildung mehrere Preise. Dann aber zog es ihn zur neugegründeten Kunstakademie. Da es dort jedoch noch keinen Lehrer für plastisches Gestalten gab, machte sich der junge Ostpreuße mit einem Stipendium von 80 Talern, das ihm die Friedensgesellschaft Königsberg gewährt hatte, auf den Weg nach Berlin. Als Schüler und späterer Gehilfe von Gustav Blaeser gewann er prägende Eindrücke. Blaeser zog ihn auch heran, als es galt, Reliefs für das Tor der Dirschauer Weichselbrücke zu schaffen. 1862 schließlich gewann Siemering den Preis für seinen Entwurf eines Schillerdenkmals in Berlin. Ein Jahr zuvor hatte er eine eigene Werkstatt beziehen können.

Rudolf Siemering, der Mitglied des Senats der Akademie der Bildenden Künste in Berlin und Dr. h.c. der Universität Leipzig war, zog es wie viele Künstler seiner Zeit auch in die Ferne. So besuchte er Paris und Italien und sammelte dort neue Eindrücke. Dann aber kehrte Siemering nach Berlin zurück, wo er eine Reihe eindrucksvoller Arbeiten schuf. An dieser Stelle seien das Luther-Denkmal in Eisleben genannt, die Figuren des Heiligen Adalbert und des Bischofs Polenz vor der Kirche von Fischhausen, das Denkmal Friedrichs des Großen in Marienburg, das Sitzbild Kaiser Wilhelms I. in der Berliner Börse, das Siegesdenkmal von 1888 in Leipzig, die Statue des Philosophen Leibniz für die Akademie der Wissenschaften in Budapest und das bereits erwähnte Denkmal für George Washington. Auch für seine Vaterstadt, die eine Straße nach ihrem Sohn benannte, schuf Siemering eine Reihe von Arbeiten - die meisten jedoch sind ein Opfer des Krieges und der Nachkriegszeit geworden. os

Rudolf Siemering: Standbild der Heiligen Gertrud in Berlin Foto: Archiv


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