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22.01.05 / Königsbergs Gegenwart und Zukunft / Kleine Anfrage zwingt Bundesregierung, zum mittleren Ostpreußen Stellung zu beziehen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 3 vom 22. Januar 2005

Königsbergs Gegenwart und Zukunft
Kleine Anfrage zwingt Bundesregierung, zum mittleren Ostpreußen Stellung zu beziehen

Im Rahmen der Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur (wirtschaftlichen) gegenwärtigen und zukünftigen Situation des Königsberger Gebietes sind einige Informationen und Einschätzungen der Bundesregierung ans Licht gekommen. Von 1990 bis 2003 hat der deutsche Steuerzahler den Reformprozeß in Rußland mit umgerechnet 76,2 Milliarden Euro unterstützt. Der Anteil, der hiervon in das Königsberger Gebiet geflossen ist, wurde von der Bundesregierung nicht individuell beziffert.

Mit umgerechnet rund 16 Millionen Euro hat der Bund in den letzten zwölf Jahren rund 150 internationale Kooperationen zum Erhalt deutscher Bau- und Kulturdenkmäler von Estland bis Rumänien unterstützt. Von diesen zirka 150 Projekten betraf mit 14 gut jedes neunte das mittlere Ostpreußen. Im Mittelpunkt standen dabei die Wiederaufbauarbeiten am Königsberger Dom und dem Kant-Mausoleum von 1993 bis 1999. Auf die Frage welche Bedeutung sie "privaten und landsmannschaftlichen Bemühungen" zur Erhaltung der kulturhistorischen Bausubstanz in der Pregelmetropole beimißt, antwortete die Regierung, die "Bemühungen Dritter zum Erhalt von Kulturdenkmälern" würden "positiv gesehen".

Nach Angaben der zuständigen russischen Administration gibt es 350 Unternehmen mit bundesdeutschen Kapitalanteilen im mittleren Ostpreußen. Bei der Delegation der deutschen Wirtschaft - Außenstelle Königsberg - sind 70 bundesdeutsche Unternehmen registriert. Der Industrie- und Handelskammer (IHK) zufolge sind schätzungsweise 150 Firmen mit bundesdeutschem Kapital im Königsberger Gebiet tätig.

Die aktuelle Lage ist von den Gouverneurs- und Bürgermeisterwahlen dieses Jahres geprägt, die zu Unsicherheiten insbesondere bei ausländischen potentiellen Investoren führen. Groß angelegte Investitionen gibt es insbesondere im Immobilienbereich (Bautätigkeit, touristische Infrastruktur an der Küste, Erwerb von landwirtschaftlichen Flächen). Von den Wirtschaftskooperationen mit ausländischen Partnern zählte die Fahrzeugmontage für BMW und Kia durch die Firma "Avtotor" bis jetzt zu den wichtigsten.

Im mittleren Ostpreußen arbeitet eine Vertretung der Handelskammer Hamburg, die gleichzeitig als Außenstelle der Delegation der deutschen Wirtschaft in der Russischen Föderation fungiert. Außerdem gibt es das Hanse-Büro, das die Interessen des Landes Schleswig-Holstein vertritt. Darüber hinaus sind eine Vielzahl humanitärer, kirchlicher und kultureller Organisationen im Königsberger Gebiet tätig.

Ein konkretes Ergebnis der deutsch-russischen Arbeitsgruppe für Strategische Fragen der Zusammenarbeit im Wirtschafts- und Finanzbereich (SAG) ist der Touristikzug Berlin-Königsberg-St. Petersburg, dessen erste planmäßige Fahrt für den August dieses Jahres geplant ist.

Die Umweltinfrastruktur ist im mittleren Ostpreußen in einem wesentlich schlechteren Zustand als in den beiden anderen, inzwischen zur EU gehörenden Teilen. Die umweltrechtlichen Rahmenbedingungen geben kaum Anreiz zur Sanierung. Das Umweltbewußtsein der russischen Bevölkerung ist wenig ausgeprägt. Die Umweltverschmutzungen durch das im Königsberger Gebiet traditionell stark vertretene Militär konzentrieren sich auf die Umgebung des Militärhafens Pillau und beeinträchtigen vor allem die Wasserqualität des Frischen Haffes. Bei den Umweltbelastungen handelt es sich sowohl um militärische Altlasten als auch um aktuelle Ölverschmutzungen, verursacht durch die Baltische Flotte.

Das Bundesumweltministerium förderte beziehungsweise fördert von 2001 bis 2005 Beratungsprojekte zur ökologischen Modernisierung von Zellstoffabriken, zur Störfallvorsorge an der Memel, zu Konsequenzen der EU-Wasserrichtlinien sowie zur Netzwerkbildung von Naturschutzgebieten am Frischen und Kurischen Haff in einem Gesamtwert von 0,8 Millionen Euro und veranstaltet regelmäßig Seminare zu aktuellen Themen, wie erneuerbare Energien und Energieeffizienz.

Obwohl die Europäische Union der Russischen Föderation in der Frage des Transits durch EU-Territorium für Russen auf dem Weg von Rußland ins Königsberger Gebiet und umgekehrt nicht unwesentlich entgegengekommen ist, sieht die Bundesregierung derzeit keine Anzeichen, daß sich die Russen mit einer Abschaffung der Visumspflicht für Bundesbürger für den Besuch des unter russischer Souveränität stehenden Teils Ostpreußens beschäftigen. Ebenso sieht die deutsche Regierung hinsichtlich der Erfordernis einer Einladung für den Besuch keine Bewegung auf russischer Seite. In diesem Zusammenhang verwies die Bundesregierung noch einmal auf das am 10. Dezember vorletzten Jahres geschlossene deutsch-russische Abkommen, das wenigstens bei der Visumserteilung für bestimmte Gruppen wie Jugendliche, Kulturschaffende, Wissenschaftler und Geschäftsleute im Rahmen des geltenden Rechts Erleichterungen vorsieht. Manuel Ruoff


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