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29.01.05 / Jetzt auch im Internet / Ideologische Ausrichtung der russischen 750-Jahr-Feier wird immer klarer

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 4 vom 29. Januar 2005

Jetzt auch im Internet
Ideologische Ausrichtung der russischen 750-Jahr-Feier wird immer klarer

Das russische Festplanungskomitee für das Stadtjubiläum 750 Jahre Königsberg ist ins Internet gegangen. Unter www.kaliningrad750.ru  kann man sich über die geplanten Aktivitäten informieren. Die Gestalter der Internetseite versprechen tägliche Aktualisierung. Allerdings stehen die Texte nur auf Russisch oder Englisch zur Verfügung. Auf die entsprechenden Proteste aus der Leserschaft hin stellten die Autoren der Seite zumindest in Aussicht, kurz vor dem Jubiläum eine gekürzte deutsche Version nachzureichen. Auch den Beschwerden von Internet-Besuchern über das Ignorieren der deutschen Geschichte Königsbergs wolle man sich annehmen und versprach in diesem Punkte Besserung.

Sofern man denn des Russischen oder Englischen mächtig ist, kann man dort den Ukas des Präsidenten zur Durchführung der Feier im Wortlaut nachlesen. Obwohl darin von "60 Jahren Kaliningradskaja oblast' / 750 Jahren Kaliningrad" die Rede ist und im gesamten informativen Teil der Internetseite der Name Königsberg nicht fällt, sagte Putin kürzlich auf seiner jährlichen Pressekonferenz: "Wir werden das Jubiläum von Königsberg / Kaliningrad unbedingt feiern." Damit setzte Putin den Diskussionen und Protesten einiger Duma-Abgeordneter, nach deren Vorstellung das Jubiläum der Stadt überhaupt nicht gefeiert werden sollte, sondern nur das des Gebiets, ein Ende.

Allerdings geht aus dem Konzept und den Richtlinien für das Festprogramm deutlich eine Diktion russischer Ideologie hervor. Unter Punkt 1 heißt es dort, daß Königsberg ein unabdingbarer Teil der Russischen Föderation sei. Das Jubiläum solle klarmachen, daß in Königsberg die Geschichte verschiedenster Staaten miteinander verwoben sei. Da sei zum einen die Verbindung zur Tschechei, da die Burg Conigsberg ihren Namen dem Böhmerkönig Ottokar II. verdanke und "die auf dem Transportweg von Osten nach Westen errichtete Festung die Gründung der zukünftigen Stadt" nach sich gezogen habe. Dann sei da die Verbindung zu den baltischen Staaten, weil sie mit Königsberg politische, wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen hätten. Deutschland wird hierbei auch eine Rolle beigemessen, weil es einen großen Beitrag zum historisch-kulturellen Erbe geleistet habe. Die Verbindung zu Rußland schließlich bestehe darin, daß das Land die Stadt "ganzheitlich und harmonisch in die Geschichte, Kultur, Wirtschaft und Politik Rußlands eingefügt" habe. Das Bild, das vermittelt werden soll, ist klar: Königsberg sei eine russische Stadt, die zwar auch deutsche Wurzeln habe, aber diese seien eben nur einige neben diversen anderen, die der Pregelmetropole statt einer deutschen eine Art Multikultivergangenheit gäben.

Daneben wird versucht, Königsberg als russisches Fenster nach Europa zu präsentieren. Das Jubiläum sei, so heißt es, ein Ereignis von russischer und internationaler Bedeutung. Es soll die Grundlage für eine günstige Entwicklung der "russisch-europäischen Integration" bilden und den Bekanntheitsgrad der Region in Rußland selbst und der ganzen Welt vergrößern. Die Russen sähen in Königsberg ihre Brücke nach Europa oder - bildlich ausgedrückt - "ein echtes europäisches Haus im gastfreundlichen Rußland".

Wie Parolen aus sowjetischer Zeit klingen die verordneten Punkte zur Ideologie des Jubiläums: "Kaliningrad - eine Stadt, eine Geschichte", "Russische Stadt im Herzen Europas", "Kaliningrad - Treffpunkt Rußlands und Europas"

Den historischen Hintergrund der Feierlichkeiten sollen bedeutende russische Daten der Stadt bilden wie der Besuch Peters I. oder Immanuel Kants 1757 geschworener Eid auf Zarin Elisabeth oder die Verwaltung Königsbergs durch russische Gouverneure von 1757 bis 1762.

Dementsprechend ist das Festprogramm vorwiegend der russischen Geschichte gewidmet. Für den Auftakt ist eine Kranzniederlegung am sanierten Ehrenmal der 1.200 bei der "Befreiung Königsbergs vom Faschismus" gefallenen Gardesoldaten geplant. Anschließend dürfen die Veteranen im "Park des Sieges" ihr Traditionstreffen "Siegeswalzer" durchführen. Daran wird eine Prozession in historischen Kostümen vom Hansaplatz zum Königstor anschließen. Als Höhepunkt soll das bis dahin restaurierte Königtor, das Symbol des Jubiläums, feierlich eröffnet werden. Der Bürgermeister selbst wird im historischen Kostüm an der Prozession teilnehmen und in jedem Stadtteil und auf jeder Straße die Eröffnung der Jubiläumsfeier bekannt geben. Für Kinder wird indessen ein Straßenmalwettbewerb angeboten. Der Gewinner erhält eine Reise nach Moskau.

Schon heute wird im Kinotheater "Rossija" eine Fotoausstellung zur Stadtgeschichte vorbereitet. Das Thema wird unterteilt in "Königsberg vor dem Krieg", "Königsberg in den Kriegs- und Nachkriegsjahren", "Wiederaufbau der Stadt", "Foto-Chronik des sowjetischen Kaliningrad", "Kaliningrad - Das Fenster nach Europa". Auf dem Pregel soll ein Ruderwettbewerb auf Jollen durchgeführt werden. Weitere Attraktionen werden ein Liedermacherfestival und eine Videoinszenierung auf dem Hansaplatz unter freiem Himmel sein.

Der Begegnung russischer Städte mit ihren europäischen Partnerstädten soll am zweiten Tag Raum geben werden. Des weiteren soll das sich noch in Planung befindliche Handwerks- und Handelszentrum "Fischdorf" feierlich eröffnet und eine Fußgängerzugbrücke über den Pregel eingeweiht werden. Die von den Partnerstädten finanzierten "Freundschaftsparks" will man feierlich eröffnen.

Falls die orthodoxe Christi-Erlöser-Kathedrale zum Jubiläum fertiggestellt sein sollte, wird auf dem Hansaplatz die Weihe stattfinden. Unter Beteiligung verschiedener Sinfonieorchester sollen die Glocken der Kathedrale zum sinfonischen Poem "Glocken Rußlands" von Sergej Wassiljewitsch Rachmaninow erklingen, während auf den Straßen im Stadtzentrum Militärorchester Paraden durchführen.

Währenddessen lädt der Bürgermeister im Museum für Ozean- und Meereskunde zum Empfang.

Analog zum ostpreußischen Jahrmarkt, der in Königsberg von 1907 bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs regelmäßig stattfand, wird am dritten Tag ein sogenannter Europäischer Jahrmarkt eröffnet.

Außerhalb der Stadt ist ein Ballonfahrer-Wettbewerb geplant; im Hafen wird eine internationale Segelregatta ausgetragen.

Zu Ehren Immanuel Kants soll an der Universität eine Gedenktafel angebracht werden. Bei dieser Zeremonie wird die Teilnahme Schröders und Putins erwartet. Die Feier soll dann mit einem großen Feuerwerk enden.

Zwar scheinen die Vorbereitungen für das Jubiläum in vollem Gange zu sein, doch ist laut dem Königsberger Express kaum damit zu rechnen, daß Bauvorhaben wie die Erstellung der Kathedrale oder die Renovierung des "Hauses der Räte" rechtzeitig abgeschlossen werden können. Mit dem Bau der Fußgängerbrücke und dem "Fischdorf" wurde aus Geldmangel noch nicht einmal begonnen.

Eines scheint jedoch sicher: Der Dom wird zum Jubiläum vollständig wiederhergestellt sein. Die Orgel, die größte Sehenswürdigkeit des Doms, wird in der Bundesrepublik Deutschland hergestellt (vgl. Folge 39). Es handelt sich um eine Orgel mit vier Manualen und 120 Registern. Dombaudirektor Igor Odinzow zeigt sich sehr stolz auf diese Orgel.

Ob Königsberg sich in der noch zur Verfügung stehenden Zeit von einer Großbaustelle in eine ansehnliche Stadt verwandeln wird, werden wir noch beobachten dürfen.

Manuela Rosenthal-Kappi

Königstor in Königsberg: Es ziert das Logo der russischen 750-Jahr-Feierlichkeiten, aber ob seine Restaurierung rechtzeitig abgeschlossen sein wird, ist fraglich. Foto: Bellano


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