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05.02.05 / Bruch des Koalitionspaktes, aber kein Koalitionsbruch / Schwarz-blaue Regierung hat in Österreich mit einigen Querelen zu kämpfen 

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 5 vom 05. Februar 2005

Bruch des Koalitionspaktes, aber kein Koalitionsbruch
Schwarz-blaue Regierung hat in Österreich mit einigen Querelen zu kämpfen 
von R. G. Kerschhofer

Die österreichische Innenpolitik war in den letzten Wochen durch zwei Ministerwechsel und eine weitere Belastung der Koalition gekennzeichnet, vor allem im Zusammenhang mit der Wehrdienstverkürzung. Im Koalitionsübereinkommen war festgelegt worden, den Vorschlägen der Bundesheerreformkommission zu folgen - und die empfahl eine Verkürzung erst ab 2007. Im Alleingang verordnete nun aber Verteidigungsminister Platter (ÖVP) eine Verkürzung auf sechs Monate schon per Anfang 2006 - gerade "rechtzeitig" für die nächsten Parlamentswahlen. Großer Unmut daher bei der FPÖ, die einer Wehrdienstverkürzung ohnehin immer reserviert gegenüberstand.

Schon vor Weihnachten war Innenminister Strasser (ÖVP) unerwartet zurückgetreten - peinlich unerwartet auch für Bundeskanzler Schüssel. Der "linke" Strasser, lange Zeit liebster Reibebaum der FPÖ, hatte sich zuletzt durch eine härtere Gangart im Asylbereich den Zorn aller Gutmenschen zugezogen. Mit seinem Namen verbunden bleibt die seit Jahrzehnten diskutierte Zusammenlegung von Polizei und Gendarmerie - von der SPÖ als Umfärbung (von Rot) auf Schwarz bezeichnet. Tatsache ist jedenfalls, daß mit dem Dunkelgrün der Polizei und dem Hellgrau der Gendarmerie ein weiteres Stück österreichischer Identität verloren geht, denn die neue Einheitsuniform entspricht dem EU-Einheitsbrei.

So wie Strasser kommt auch die neue Innenministerin Liese Prokop aus dem Lager des "Landesfürsten" von Niederösterreich, des Landeshauptmanns Erwin Pröll. Prokop, die bei der Olympiade 1968 Silber im Fünfkampf gewann, dürfte noch "weicher" sein als Strasser. Jüngste Umfragen belegen allerdings, daß 56 Prozent der Österreicher die Ausländerpolitik der schwarz-blauen Regierung "zu liberal" und nur sechs Prozent "zu streng" finden! Peinlich für Prokop war außerdem ein Interview, in dem ihr Ehemann und früherer Trainer mit recht drastischen Worten Kritik an der "Emanzipation" äußerte.

Auch bei der FPÖ gab es Veränderungen: Der glücklos agierende Sozialminister Haupt, der zuvor schon den Parteivorsitz und das Amt des Vizekanzlers abgeben mußte, schied nun ganz aus der Regierung aus. Neue Sozialministerin ist die Parteivorsitzende Ursula Haubner, die ältere Schwester von Jörg Haider. Vizekanzler bleibt jedoch Verkehrs- und Technologieminister Hubert Gorbach. Indessen ließen Äußerungen Haubners neue Spekulationen um eine Rückkehr Haiders in die Bundespolitik aufkommen.

Die Überrumpelung durch den Koalitionspartner in der Wehrdienstfrage ist für führende FPÖ-Politiker ein Bruch des Koalitionspaktes - aber ein Koalitionsbruch wird nicht daraus. Verständlich, denn bei vorgezogenen Neuwahlen würde Schwarz-Blau keine Mehrheit haben - und das trotz der schwelenden Führungskrise in der SPÖ. Daß man im "großen Jubiläumsjahr" 2005 soeben fünf Jahre Schwarz-Blau feiern konnte, ist in den Querelen fast untergegangen. Zu Unrecht, denn renommierte Beobachter - etwa die Neue Zürcher Zeitung - ziehen eine durchaus positive Bilanz. Ohne Verfassungsmehrheit mußte allerdings manches auf halbem Wege liegengelassen werden.

Die ÖVP-Fraktion um Erwin Pröll - dessen Neffe Josef Pröll Landwirtschafts- und Umweltminister ist - galt immer als "großkoalitionär". Zunehmend aber gibt es Zeichen, die sich nur als Werben um die Grünen deuten lassen. Umgekehrt wird in Teilen der SPÖ die Ausgrenzungspolitik gegenüber der FPÖ in Frage gestellt: Nicht nur in Kärnten, wo Haider mit SPÖ-Hilfe Landeshauptmann ist, sondern auch in der Steiermark, wo die SPÖ hofft, nach den nächsten Landtagswahlen mit Hilfe der FPÖ der ÖVP den Landeshauptmannsessel abzunehmen. Die Bundes-SPÖ und vor allem der "starke Mann", der Wiener Bürgermeister Häupl, verharren allerdings in der Ablehnungsfront. Gegen Rot-Grün wiederum kommt Widerstand von den Gewerkschaftern, die berechtigte Angst vor "grüner" Wirtschaftspolitik haben.

Spannend wird es nun um den Zivildienst (derzeit zwölf Monate). So wie beim Wehrdienst dürfte der Opposition auch hier wichtige Wahlmunition abhanden kommen. Denn eine Verkürzung auf sechs Monate wird nicht nur von der FPÖ abgelehnt, sondern auch von den Nutznießern des Zivildiensts: Die mehrmonatige Ausbildung für den Dienst in Spitälern, Pflegeheimen oder beim Roten Kreuz würde sich nicht mehr lohnen.


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