16.04.2024

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05.02.05 / Auf der Suche nach der Universität

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 5 vom 05. Februar 2005

Auf der Suche nach der Universität von morgen
Welches Konzept ist politisch gewollt, welches garantiert Leistung und Erfolg, welches soziale Gerechtigkeit?
von George Turner

Wenn über die Universität der Zukunft gesprochen wird - oder anders gesagt: wie Universitäten beschaffen sein müssen, damit sie zukünftig ihren Aufgaben gerecht werden - fallen Schlagworte wie "mehr Elitebildung", "Privatuniversitäten als Motor und Antreiber für das verkrustete staatliche Hochschulsystem", "Studiengebühren, weil nichts wert, was nichts kostet", "Auswahl der Studierenden durch die Hochschulen selbst" und "besseres Management in den Leitungsebenen". Jeder Aspekt ist - für sich genommen - durchaus diskussionswürdig, seine Umsetzung brächte auch eine punktuelle Verbesserung. Insgesamt aber bliebe der Zustand unbefriedigend.

Entscheidend ist, daß ein Konzept aus einem Guß zu Grunde gelegt wird und nicht - wie bisher - nur punktuelle Maßnahmen getroffen werden.

Von entscheidender Bedeutung ist, welches Ziel bei der Aufgabenerfüllung verfolgt wird. Begreift man die Hochschulen als Stätten, die ein Spiegelbild der Gesellschaft sein sollen, in denen Mitwirkung und politische Rechte geübt werden, sieht die Konstruktion anders aus, als wenn man möglichst gute Leistungen bei optimalem Mitteleinsatz anstrebt. Das hat dann für die zentralen Punkte, die das Geschehen an der Hochschule bestimmen, ganz konkrete Bedeutung.

1. Bei der Zulassung zum Studium wird man die Vorstellung aufgeben müssen, jeder, der die Reifeprüfung bestanden hat, sei studierfähig. Aufnahmeprüfungen wären die Konsequenz.

2. Zulassungsbeschränkungen, wie der numerus clausus, sind bei größeren Bewerberzahlen als vorhandener Kapazität unerläßlich, will man denjenigen, die eingeschrieben sind, eine angemessene Ausbildung garantieren.

3. Ebenso dürfen Studiengebühren nicht verboten werden, wie das Bundesfassungsgericht soeben entschieden hat. Allerdings sind sie nur vertretbar, wenn zugleich die Förderung von Studierenden aus finanzschwachen Familien geregelt ist.

4. Es ist wettbewerbsfeindlich, an der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) festzuhalten. Zwar würde die Abschaffung der ZVS und die damit verbundene Notwendigkeit, sich an den Hochschulen direkt bewerben zu müssen, für eine bestimmte Zeit zu erheblicher Mehrarbeit an den einzelnen Institutionen führen, weil sich Kandidaten an mehreren Einrichtungen bewerben müßten, um die Chance auf einen Studienplatz zu wahren. Nach einer gewissen Zeit würde sich aber herausstellen, wo welche Bewerber mit bestimmten Voraussetzungen eine Chance der Zulassung haben. Profile und Qualität der einzelnen Fakultäten kämen besser zur Geltung. Die Auswahl der Studenten durch die Hochschulen selbst würde einen Markt schaffen, bei dem man wüßte, wo was gefordert wird und wer an welchem Ort gute Möglichkeiten hat. Es würde sich damit auch die unbegründete Behauptung von selbst erledigen, die deutschen Universitäten brächten keine herausragenden Absolventen hervor.

Überraschend hat die SPD Anfang 2004 für die Schaffung von Eliteuniversitäten nach amerikanischem Vorbild plädiert. Bedenkt man, daß nicht zuletzt unter dem Einfluß der SPD Hochschulgesetze in Kraft getreten sind, die geradezu kontraproduktiv für eine Elitebildung sind, mag man den neuerlichen Vorstoß als Umkehr begrüßen. Solange die SPD allerdings keine Versuche macht, das Zulassungswesen zu reformieren, das heißt die ZVS und die Kapazitätsverordnung abzuschaffen, wirken solche Versuche hilflos und mit der heißen Nadel genäht.

5. Will man Verantwortung und mehr Finanzbewußtsein bei den Hochschulen erzeugen, muß man ihnen einen Globalhaushalt einräumen und die Hochschulleitungen entscheiden lassen, wie das Geld verwendet wird.

6. Das Studium muß den veränderten Bedingungen angepaßt werden, das heißt ein gestuftes Ausbildungssystem, vergleichbar dem

anglo-amerikanischen, muß eingeführt werden. Nur so kann erreicht werden, daß Hochschulausbildung in angemessenem Zeitrahmen stattfindet und den Fähigkeiten der Betroffenen entsprechende Studiengänge angeboten werden.

7. Die Auswahl der neu zu berufenden Professoren hat allein nach qualitativen Kriterien zu erfolgen. Hier ist eine besondere Verantwortung der Hochschulleitung gegeben. Ob es angebracht ist, den Staat völlig aus der Zuständigkeit zu drängen, erscheint nicht nur wegen seiner finanziellen Beteiligung fraglich.

8. Ohne eine sogenannte starke Leitung auf der zentralen Ebene und in den Fakultäten kann keine grundlegende Verbesserung der Situation erreicht werden. Dieses ist einer der wichtigsten Punkte im Gesamtgefüge der für die Hochschulen relevanten Einzelmaßnahmen.

9. Die Mitwirkung der Gruppen in den Gremien, lange Zeit Gegenstand von Glaubenskriegen, hat zwar an Brisanz verloren; das Thema flackert aber immer wieder auf. So werden immer wieder Forderungen nach größerer studentischer Mitsprache erhoben. Wer dem nachgeben will, kann sich gleich von den Zielen einer Politik verabschieden, die Qualität und Effizienz in den Vordergrund stellt.

10. Die Gremien sollten nur eine beratende Funktion haben. An der Spitze der jeweiligen Hochschule sollte ein Hochschulmanagement stehen, das in Anlehnung an das Vorstandsmodell von Unternehmen gestaltet ist.

11. Eine mit mehr Kompetenzen ausgestattete Hochschulleitung bedarf keiner Staatsaufsicht in Sach- und Rechtsfragen. Hier wird sich zeigen, wie weit die Freiheit geht, in welche die Universitäten von den Ländern entlassen werden sollen.

12. Die Rechte der Personalvertretung sind zum Teil unangemessen ausgeweitet. Zum mindesten eine Rückführung auf das, was den Betriebsräten in Unternehmen zusteht, wäre sachgerechter als der Befund in einigen Bundesländern.

Das hier entwickelte Grobkonzept ist, wie gesagt, an dem Ziel von Effizienz und Leistung orientiert. Man kann alles auch ganz anders machen. Nur darf man sich dann nicht wundern, wenn der Zustand an den Hochschulen nicht befriedigt. Das aber ist das Risiko: In die Freiheit entlassen bedeutet, auch in Kauf zu nehmen, daß Konstruktionen gewählt werden, die dem eigenen Standpunkt nicht entsprechen. Der Wettbewerb zwischen den unterschiedlich ausgerichteten Institutionen wird dann über den Erfolg - und eben auch über die Zukunftsfähigkeit - entscheiden.

Es wird in Zukunft nicht die deutsche Universität geben, sondern sehr unterschiedlich ausgerichtete und in ihrer Qualität differierende Hochschulen, die nur eine einheitliche Bezeichnung tragen.

Studiengebühren: Garantie für eine bessere und schnellere Ausbildung oder nur reine Abzocke? Foto: HU-Berlin


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