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05.02.05 / In der Identitätskrise / Auch den USA macht mangelnde Integration zu schaffen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 5 vom 05. Februar 2005

In der Identitätskrise
Auch den USA macht mangelnde Integration zu schaffen

Der amerikanische Politologe Samuel P. Huntington, der vor einigen Jahren das aufsehenserregende Buch vom Kampf der Kulturen schrieb, das als Analyse der Weltpolitik nach wie vor Gültigkeit hat, wendet nunmehr seine Kritik auf die amerikanische Innenpolitik. Es ist ein Stück konservativer Globalisierungskritik und konstatiert eine tiefliegende Erschütterung der amerikanischen Identität.

Das Konzept der Identität hat sowohl individualpsychologische als auch sozialpsychologische und gesellschaftspolitische Bedeutung. Identität ist dabei keine konstante Größe, sondern unterliegt den historischen Wandlungen des Zeitgeistes. Ursprünglich wurde Amerika von seinen Gründungsvätern als anglo-protestantische Siedlungsbewegung gegründet. Damals herrschten unangefochten die "Wasps", die white-anglosaxon-protestants, und sie brachten einen Kanon von Werten mit sich, der als "amerikanisches Credo" wie Gunnar Myrdal formulierte, fundamentale Bedeutung hatte und die gesamte Gesellschaft unangefochten beherrschte. Dazu gehörten die protestantische Arbeitsethik, Patriotismus und eine gemäßigte Religiosität. Alle Einwanderer wurden einem rigorosen Amerikanisierungsprogramm unterworfen und dafür prägte sich der Begriff "melting pot"

Heute findet dieser Umschmelzungsvorgang von Ausländern in Amerikaner nicht mehr in dem gleichen Maße statt. Es hat eine ungeheure demographische Verschiebung stattgefunden, vor allem durch die zunehmende Einwanderung der mexikanischen Hispanics, die im Jahre 2040 etwa 40 Prozent der Bevölkerung stellen werden. Man spricht schon heute von "Mexamerica" und vor allem von "Mexifornia". Amerika ist auf dem besten Wege zu einem Land der zwei Kulturen.

Die Hispanics sind so in ihrer Wertewelt verhaftet und leben unangefochten in ihren verwandtschaftlichen Netzwerken, daß sie eine Amerikanisierung und eine Anpassung an den gesellschaftlichen anglo-protestantischen Grundkonsens gar nicht mehr anstreben. Dies führt nach Huntington zu einer tiefen Identitätskrise, und Huntington will nicht mehr ausschließen, daß mit der voraussehbaren sprachlichen und kulturellen Teilung des Landes und der Rück-bindung an überkommene ethnische Identitäten sogar ganz herkömmliche Rassenkonflikte auferstehen könnten, die Amerika schon für alle Zeiten überwunden glaubte. Hinzu kommt die rigide Zweiteilung in eine kosmopolitische Elite und eine tief patriotische Bevölkerung. Der letzte Wahlkampf zeigt wie Recht Huntington mit seiner Analyse hat. Die Gräben zwischen dem liberalen Ostküstenestablishment sowie dem konservativen "Bibelgürtel" des Südens und mittleren Westens sind bald nicht mehr zu schließen. Huntington sieht Amerika auf eine Art Bürgerkriegssituation zusteuern. H. v. Dobeneck

Samuel P.Huntington: "Who are we - Die Krise der amerikanischen Identität", Europa Verlag, Hamburg 2004, geb., 507 Seiten, 29,90 Euro


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