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19.02.05 / Magischer Realismus / Deutschamerikanerin erweist sich als Meisterin wunderschön trauriger Lebensgeschichten

© Preußische Allgemeine Zeitung / 19. Februar 2005

Magischer Realismus
Deutschamerikanerin erweist sich als Meisterin wunderschön trauriger Lebensgeschichten

In den USA auf Händen getragen, in Deutschland unbemerkt geblieben: Louise Erdrich, 1954 in North Dakota als Tochter einer Indianerin und eines Deutschamerikaners geboren, schafft es meisterlich in "Der Gesang des Fidelis Waldvogel", ihre deutsche und ihre amerikanische Seite zugleich auszuleben. In dem Roman erzählt sie von dem jungen deutschen Metzgermeister Fidelis, der aus dem Ersten Weltkrieg heimkehrt und feststellt, daß nicht nur seine Heimat, sondern auch er selbst durch den Krieg ganz anderes geworden ist. Nur mit einem Koffer voller Würste zieht er auf ins ferne Amerika, um dort sein Glück zu finden. Eva, die Verlobte seines im Krieg gefallenen Freundes, folgt ihm in die Neue Welt, wo sie sich in der Kleinstadt Argus in North Dakota ein neues Zuhause aufbauen. Dank Fidelis einmaliger Stimme findet er schnell Aufnahme im örtlichen Männerchor und Evas deutscher Sinn für Ordnung und Stil verschaffen der Metzgerei schnell einen festen Kundenstamm. In Delphine, der Tochter des polnischen, stadtbekannten Säufers, findet Eva schnell eine Seelenverwandte, doch dann erkrankt Eva unheilbar an Krebs und muß ihren Mann und ihre vier Söhne allein zurücklassen. Was dann kommt, ist Schmerz, Verzweiflung und der Versuch, trotz des Verlustes eines kraftspendenden Menschen den Weg zurück ins Leben zu finden.

Louise Erdrich gelingt es meisterhaft in ihrem Roman die klägliche Winzigkeit und die großartige Einmaligkeit des menschlichen Seins in einem Bild miteinander zu verweben. Vom Kleinstadtleben und -sterben, der Verbindung der Auswandererfamilie zu ihrer deutschen Familie und der Trennung dieser durch den Zweiten Weltkrieg berichtet die Autorin. Ihre verwendeten Bilder des Lebens sind wunderschön traurig und erhaben zugleich.

"An magischen Realismus grenzend, öffnet dieses wundersam gesponnene Erzählgarn die Tür in eine Welt schöner, ausdrucksstarker Bilder und einer Fülle von unvergeßlichen Charakteren." Besser als der Publishers Weekly kann man die Leistung der Autorin gar nicht in Worte fassen. R. Bellano

Louise Erdrich: "Der Gesang des Fidelis Waldvogel", Eichborn, Frankfurt 2004, geb., 512 Seiten, 24,90 Euro


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