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26.02.05 / Überraschend ernsthaft / Vor 50 Jahren starb der Maler und Graphiker Robert Budzinski

© Preußische Allgemeine Zeitung / 26. Februar 2005

Überraschend ernsthaft
Vor 50 Jahren starb der Maler und Graphiker Robert Budzinski

Es gibt in jeder Kunst und hier wiederum in jedem Ausdrucksmittel Grenzen, die einzuhalten sind, man kann einfach nicht alles ausdrücken, was man will, sonst gerät man in die Gefahr, sich selber zwar und einigen Freunden verständlich zu sein, andern aber in Keilschrift zu schreiben oder in Telegrammzeichen", hat Robert Budzinski einmal erkannt. Dem Maler und Graphiker, dessen 50. Todestages wir in diesen Tagen gedenken, war es gegeben, in seiner Kunst eine Sprache zu finden, die auch wir Heutigen noch verstehen.

"Im Jahre 1920 gab ich den berühmten und weitverbreiteten Ostmarkkalender heraus, zum erstenmal und gleich mit solchem Erfolg, daß mir 2.900 Stück davon zur eigenen Benutzung liegenblieben", schrieb Robert Budzinski mit der ihm eigenen ironisch-heiteren Art 1929 in Westermanns Monatsheften über seine ersten schriftstellerischen Gehversuche. Und weiter: "Das Papier erwies sich zur praktischen Benutzung ungeeignet,

war aber auf der einen Seite unbedruckt, so daß es förmlich nach einem Beschreiben schrie. Diese Arbeit übernahm ich denn auch, und sie artete aus zu obiger Schriftstellerei mit einer dreimaligen Krisis, dargestellt durch die drei Bücher ,Entdeckung Ostpreußens', ,Kuri-neru' und ,Der Mond fällt auf Westpreußen', Werke, die alle Aussicht haben, in die Weltliteratur einzugehen ..."

Nun, wenn sich diese sicher nicht ganz ernstgemeinte Prophezeiung auch nicht bewahrheitet hat, so sind vor allem diese drei Bücher von Robert Budzinski in den Herzen der Leser fest verankert, haben sogar immer wieder Neuauflagen erfahren. Robert Budzinski war jedoch keineswegs nur der heiter-ironische Schilderer seiner Heimat, er war auch ein brillanter Graphiker und Illustrator und nicht zuletzt ein einfühlsamer Maler. Geboren wurde er am 5. April 1874 (nicht 1876 wie er später aus persönlichen Gründen sogar in Lexikonartikeln veröffentlichen ließ) in Klein Schläfken, Kreis Neidenburg. Seinen Beruf als Zeichenlehrer an einem Gymnasium in Westpreußen übte er nur kurze Zeit aus, um sich dann als freischaffender Künstler in Königsberg niederzulassen. Einige seiner Werke befanden sich in den Kunstsammlungen der Stadt Königsberg. Den Nachlaß des am 27. Februar 1955 in Marburg verstorbenen Künstlers pflegt heute das Universitätsmuseum für Kunst und Kulturgeschichte in Marburg / Lahn.

Nur wenige kennen Robert Budzinski als einen ernsthaften Künstler. Und gewiß, ein Schmunzeln ist stets zu spüren, liest man seine Bemerkungen über seinen Besuch der Königsberger Kunstakademie: "Infolge verschiedener Stipendien und Preise kam ich hier auf die kuriose Idee, ein großer Künstler zu sein; ich bildete meine Augen zum photographischen Objektiv aus, lotete und winkelte mit Begeisterung. Es war da ein alter Herr als Professor, er hieß Max Schmidt nur, aber er hat mir durch sein Menschentum viel gegeben, und es tut mir jetzt noch leid, daß ich ihm zehn Mark schuldig geblieben bin, denn er ist schon lange tot. ,Wollen Sie eine Landschaft malen', sagte er zu uns, ,so denken Sie, es ist ein Mädchen, das Sie heiraten wollen, sehen Sie die Landschaft des Morgens, Mittags, Abends, trübe, lachend, finster, von allen Seiten, dann setzen Sie sich hin und malen Sie.' Das ist ein sehr guter Rat. Fürs Heiraten und fürs Malen, und ich habe ihn deshalb nie befolgt ..."

Ernsthafter sind dann schon die Ausführungen zu werten, die Budzinski über die bildende Kunst und das Akademieleben niederschrieb: "Wir jungen Raffaele und Rembrandts studierten damals aufs sorgfältigste und eindringlichste vor allem die Form, kamen jedoch nicht hinter ihr Geheimnis, aber auf den neuen Kunstschulen gelingt das noch weniger, weil es überhaupt nicht erlernbar ist. Erst wenn man sieht, was nicht zu sehen ist, erfühlt, was nicht mit Fingern erreichbar, vergißt, was alle wissen, wiedergibt, was nicht gegeben ist, erst wenn man die Formen zerstören kann, um sie sich selber wieder aufzubauen, wenn man das Wollen nicht mehr will und das Können nicht mehr kann, erst wenn die verflucht geschickte Hand ungeschickt wird, erst dann kann es vorkommen, daß bei günstiger Gestirnkonstellation, und wenn man seiner selbst nicht mächtig ist, daß dann ein Strich, ein einziger sich formt, der etwas wert ist."

Nahezu lyrisch wird Budzinski, als er beschrieb, warum er am liebsten Frauen und Blumen male, und zwar mit Aquarellfarben: "Das, was Blumen und Frauen haben, den weichen Glanz, die Perlmutterfarben, das Durchleuchten des Blutes, die schwimmenden Töne, Samttiefen, durchsichtige Halbschatten, schwebende Lichter, die Beseelung der Epidermis, das alles ist zum Ausdruck am besten vorbehalten der immateriellsten aller Farbenarten, der Wasserfarbe. Am besten noch, wenn der Malgrund, das Papier, fast unwirklich ist, dünn und durchsichtig; und am allerbesten, wenn ein solches Bildnis ,bei Gelegenheit' entsteht, in dem Sinne, wie Goethe ein Gelegenheitsdichter war. Der Bildner kann sich ja nur ans Sichtbare, an die Oberfläche halten, die immer nur eine Bildung des Inneren, Unsichtbaren ist."

Seine besondere Liebe aber galt der Druckgraphik - Holzschnitten, Lithographien oder Radierungen. Das Bearbeiten der Druckplatten faszinierte ihn geradezu - "das Beseelen dieser mystischen, oft geheimnisvoll schimmernden Oberfläche, sie zum Sprechen zu bringen durch genaue Kenntnis ihrer Verwundbarkeit auf chemischen und physischem Wege, immerfort Neues, oft Überraschendes aus solcher Ebene herauszuholen, ihre Geheimnisse zu ergründen, alle Möglichkeiten durchzuproben und zuletzt - zur größten Einfachheit zurückzukehren", schwärmte Budzinski begeistert. Worte, die erkennen lassen, mit welch großer Hingabe und Könnerschaft der Künstler zu Werke ging, ein Künstler, der eben weitaus mehr war als der "Entdecker Ostpreußens". Eine Ausstellung in Winsen (Luhe) zeigte im vergangenen Oktober eine Auswahl seines Schaffens. Freunde seiner Kunst hoffen auf mehr. Silke Osman

 

Robert Budzinski: Erwartung (Holzschnitt, 1922) Foto: Archiv


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