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26.02.05 / Deutsche und Russen ringen um Schlesien / Die Wehrmacht kann Breslau halten und sogar Lauban wie Striegau zurückerobern, doch verschiebt sich die Front weiter gen Westen

© Preußische Allgemeine Zeitung / 26. Februar 2005

Deutsche und Russen ringen um Schlesien
Die Wehrmacht kann Breslau halten und sogar Lauban wie Striegau zurückerobern, doch verschiebt sich die Front weiter gen Westen

Im Zuge der gewaltigen Winteroffensive waren die Armeen Schukovs an die untere Oder bei Frankfurt und Küstrin vorgestoßen und bildeten dort am 31. Januar einen Brückenkopf. Nach seinen Vorstellungen sollte der Angriff auf Berlin Anfang Februar beginnen, um die Stadt um die Monatsmitte einzunehmen. Doch infolge seines raschen Vormarsches hatte sich eine breite Lücke an seiner nördlichen Flanke in Hinterpommern aufgetan, da sein rechter Nachbar, die 2. Weißrussische Front unter Marschall Rokossovskij, weit zurückhing und mit der Umklammerung Ostpreußens beschäftig war. Schukov sah sich daher genötigt, seinen vorgespreschten Kräften eine längere Pause zu gewähren, da außerdem die Verbände durch den langen Vormarsch oft Verluste bis zur Hälfte an Panzern und Fahrzeugen erlitten hatten. Obendrein band die hartnäckige Verteidigung von Städten im Hinterland, wie etwa von Graudenz (bis 18. Februar) und von Posen (bis 23. Februar) erhebliche Kräfte des Angreifers. Südlich von Schukov hing die 1. Ukrainische Front unter Marschall Konjev ebenfalls zurück, so daß sie dem Angriffskeil, der auf Berlin zielte, keine Flankendeckung bieten konnte. So ging es darum, rasch Schlesien zu erobern, um den Weg nach Berlin von Süden her zu öffnen.

Nachdem die sowjetischen Angriffsspitzen am 19. Januar Krakau unversehrt erobert und an mehreren Stellen die deutsche Reichsgrenze überschritten hatten, drängten das sowjetische Oberkommando und auch Stalin zunächst auf die Eroberung Oberschlesiens, das damals noch intakt war und als wichtigstes deutsches Industriegebiet diente. Rüstungsminister Speer hatte vorausgesagt, daß der Verlust Oberschlesiens das endgültige Ende der deutschen Waffenproduktion bedeuten würde. Die Verteidigung dieses Industriereviers war der 17. Armee mit nur sieben Divisionen übertragen worden, obwohl ihr Befehlshaber zwölf für nötig erachtet hatte. Konjev plante eine Zangenoperation von Südosten und Nordwesten her, wobei er seine 3. Panzerarmee, die ursprünglich auf Breslau vorging, nach Südosten schwenken ließ, um zunächst Beuthen, Ratibor und Rynik zu erobern. Es rächte sich, daß das Oberkommando des Heeres nicht rechtzeitig die östliche Slowakei geräumt hatte, um die Front radikal zu verkürzen und Reserven für die Front in Schlesien freizumachen. Es rächte sich außerdem, daß man die Mobilmachung der Ersatztruppenteile und des Volkssturms viel zu spät angeordnet hatte.

Am 22. und 23. Januar gewannen sowjetische Truppen, die Niederschlesien angriffen, beiderseits von Breslau drei Brückenköpfe über die Oder, nämlich bei Steinau, Ohlau und Brieg, die von den schwachen deutschen Alarmverbänden nicht mehr beseitigt werden konnten. Währenddessen bewegten sich viele Flüchtlingszüge nach Westen, um die scheinbar rettende Oder zu erreichen. Wer von sowjetischen Panzerkolonnen eingeholt wurde, erlitt ein grausamen Ende, wie dies beispielsweise am 27. Januar auf der Straße von Guhrau nach Glogau geschah. Das furchtbare Wüten in den eroberten deutschen Städten und Ortschaften ist in erster Linie auf die systematische Aufhetzung der Soldaten durch Generäle, Agitatoren und Vorgesetzte zurückzuführen. So ließ zum Beispiel Generaloberst Tschernjakovskij, der Befehlshaber der 3. Weißrussischen Front, Flugblätter verteilen, auf denen zu lesen stand: "Gnade gibt es nicht. Das Land der Faschisten muß eine Wüste werden." Andrerseits bewirkten die Meldungen über die sowjetischen Greueltaten, daß die deutschen Truppen noch härter und verbissener kämpften, um der verschonten Bevölkerung ein ähnliches Schicksal zu ersparen.

Obwohl Generaloberst Schörner, der Befehlshaber der Heeresgruppe A, die Schlesien verteidigen sollte, nach besten Kräften improvisierte, saß die 17. Armee in einem großen Frontbogen rund um Kattowitz-Gleiwitz wie in einem Sack. Ungeachtet der Aufrufe zum fanatischen Widerstand zog Schörner am 28. Januar seine Truppen aus der Umklammerung und bezog eine kürzere Stellung. Damit war das wichtigste Industriegebiet verloren. Mit den Verstärkungen, die von der Westfront kamen und geretteten Teilen von drei Panzerkorps und einiger Divisionen, die als "wandernder Kessel" Ende Januar endlich die deutschen Linien erreichten, konnte man das Westufer der Oder notdürftig besetzen und die sowjetischen Brückenköpfe abriegeln. Am 5. Februar gelang einem Stoßtrupp, in die Giftgasfabrik in Dyhernfurt jenseits der Oder einzudringen und die gefährlichen Chemikalien der dortigen Tanks in die Oder abzulassen.

Immerhin zog das Oberkommando der Wehrmacht angesichts der Katastrophe 33 Divisionen aus dem Westen, aus Norwegen, Italien und nicht zuletzt aus dem Kurland-Brückenkopf heran, wo immer noch 24 Divisionen standen. Bis Mitte Februar konnte solcherart eine neuen Ostfront aufgebaut werden. Dahinter verbirgt sich eine äußerst beachtenswerte Leistung, da das Transportnetz in Mitteleuropa durch Luftangriffe schwer beschädigt war und die Truppen aus Kurland über die Ostsee herangeführt werden mußten, wo sowjetische U-Boote auf der Lauer lagen. Auch sonst hat die Reichsbahn bei der Versorgung der Truppe und dem Abtransport von Flüchtlingen große Leistungen erbracht. Deutsche Dienststellen trieben die Zivilbevölkerung oft mit Härte zum Verlassen ihrer Wohnstätten an, sofern sie nicht bereits geflohen war. Für einen Großteil der 700.000 Flüchtlinge, die bis nach Dresden gelangt waren, kam jede Rettung zu spät, da sie Opfer mehrerer Terrorangriffe der alliierten Luftstreitkräfte wurden.

Inzwischen vereinigten die Angreifer ihre beiden Brückenköpfe von Ohlau und Brieg, so daß der Besatzung von Brieg am 6. Februar der Ausbruch befohlen wurde, der aber nur teilweise gelang. Am 8. Februar begann der Großangriff Konjevs aus den großen Brückenköpfen bei Steinau und Brieg, der zwar nach heftigem Widerstand an einigen Stellen abgeriegelt werden konnte, schließlich aber am 15. Februar zur Einschließung Breslaus führte. An die 40.000 Soldaten und etwa 80.000 Zivilpersonen mußten ab nun die Bedrängnisse der Belagerung erdulden, die erst am 6. Mai mit der Kapitulation endete.

Auch weiter nordwestlich und südostwärts mußten die Deutschen zurückweichen, auch wenn sie dem Angreifer schwere Verluste zufügten. Auf dem Nordflügel gewannen die Angreifer die Lausitzer Neiße zwischen Guben und Forst. Tage später, am 24. Februar, verlief die Front von der Neiße bei Görlitz über Lauban, Schweidnitz und Striegau bis Oppeln und blieb nun Wochen hindurch stabil. Die Besatzung Glogaus wurde eingeschlossen und bewährte sich als "Wellenbrecher". Um die Verbindung mit Breslau wieder herzustellen, unternahmen drei Panzerdivisionen einen Entsatzangriff, doch konnte die Einschließung trotz schwerer gegnerischer Verluste nicht mehr gesprengt werden. Wie sehr die Russen die deutschen Gegenangriffe fürchteten, zeigte ihr Verhalten, daß sie ihre schweren Panzer "Josef Stalin" unter Autobahnbrücken stellten, um sie vor den Angriffen der fliegenden Panzerjäger unter Oberst Rudel zu schützen, der bei diesen Einsätzen ein Bein verlor.

Zur Festigung der Front hatte auch das Tauwetter beigetragen, das den sowjetischen Angriffsschwung hemmte. Anfang März führten die Deutschen zwei örtliche Angriffe bei Lauban und Striegau, die zu beachtlichen Erfolgen wurden. Allein bei Lauban wurden über 200 Panzer abgeschossen, was unter Beweis stellte, was eine tapfere Truppe, die über genügend Waffen verfügte, noch erreichen konnte. Wenn auch den allermeisten Soldaten bewußt war, daß das Kriegsende bevorstand, kämpften sie weiter, aber nicht, weil sie an den "Endsieg" glaubten, sondern weil sie die Bevölkerung vor dem Ärgsten bewahren wollten. Die Gegenangriffe förderten nämlich auch zutage, welche Verbrechen der Gegner an der wehrlosen Bevölkerung verübt hatte. Die deutsche Propaganda klammerte sich an die winzige Hoffnung einer Wende, und Goebbels hielt im eroberten Lauban am 8. März eine Rede, um - wie er meinte - die Kampfmoral noch weiter zu steigern. Doch dies sollte sich als völlig überflüssig erweisen.

Heinz Magenheimer

 

Wehrmachtsangehörige im Abwehrkampf gegen die Rote Armee: Wenn auch den allermeisten Soldaten bewußt war, daß das Kriegsende bevorstand, kämpften sie weiter, aber nicht, weil sie an den "Endsieg" glaubten, sondern weil sie die Zivilbevölkerung vor dem Ärgsten bewahren wollten. Die Gegenangriffe förderten nämlich zutage, welche Kriegsverbrechen die Rote Armee an der wehrlosen Bevölkerung verübt hatte. Foto: Archiv


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