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05.03.05 / Fixiert / Komplizierte Mutter-Sohn-Beziehung

© Preußische Allgemeine Zeitung / 05. März 2005

Fixiert
Komplizierte Mutter-Sohn-Beziehung

Nach einer Weile legte meine Mutter ihren Kopf an meine Schulter. Und sie sagte: ,Du mußt mir etwas versprechen. Unbedingt.' Ich konnte mir denken, worum es ging. Ich sagte zu ihr: ,Ich verlasse dich nie.' ... Sie schmiegte sich an mich. ,Das weiß ich', flüsterte sie. ,Ich weiß, daß du mir das nie antust.'"

Das Versprechen, das der damals gerade elfjährige Sohn seiner Mutter in einem Moment der Sorge und des Kummers gibt, wird er tatsächlich sein Leben lang einhalten. Führsorglich und selbstlos ist der Sohn zu jeder Tages- und Nachtzeit für seine Mutter da und vergißt über all den Sorgen um sie fast den Umstand, daß er, als gutaussehender, beruflich erfolgreicher junger Mann nebenbei ja eigentlich noch ein eigenes Leben zu leben hätte.

"Eines Abends, ich bin fest davon überzeugt, daß sie in der Stadt ist, ruft sie mich plötzlich aus 30 Kilometer Entfernung an. Aus einem Kaff, von dem sie mir nicht mal den Namen nennen kann. ,Beruhige dich', sage ich zu ihr. ,Versuch dich zu konzentrieren.' Ich fahre hin und hole sie ab. Ich bringe sie zu Bett, und dann kehre ich nach Hause zurück."

Mutter wie Sohn müssen immer wieder mit mehr oder minder harten Schicksalsschlägen fertig werden und kommen letzten Endes immer wieder zu dem Fazit, daß sie die einzigen Personen auf dieser Welt sind, denen sie vertrauen und auf die sie sich, in einer Gesellschaft regiert von kurzlebigen Beziehungen und Gefühlsdramen, verlassen können.

Philippe Djian, einer der meistgelesenen Autoren seiner Generation, hat diesen Roman in fünf Kurzgeschichten aus dem Leben des Sohnes unterteilt, die den Leser zugleich chaotisch, aufregend, interessant, melancholisch und manchmal etwas verwirrend anmuten.

Anziehend wird dieser Roman für den Leser durch den einerseits simplen und andererseits dann doch wieder komplizierten Charakter des Sohnes, dessen Gefühle Djian zwar nie explizit benennt, die sich für den Leser jedoch aus den Reaktionen und Handlungen herauskristallisieren.

Auch bei diesem Roman bleibt der Autor seinem Stil, für den er bekannt ist, einem Mix aus Ironie und Pathos, mit einer ordentlichen Prise Realismus, treu. A. Ney

Philippe Djian: "Reibereien", Diogenes Verlag, Zürich März 2005, Roman, geb. 233 Seiten, 19,90 Euro


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