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05.03.05 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / 05. März 2005

Wie am Spieß / Münte ist durchgeschmort, Eichel und Clement prügeln sich und die Grünen lassen alle zappeln
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Wirtschaftsminister Clement schlittert noch am Rande des Nervenzusammenbruchs dahin, während sein Parteichef dem psychischen Kollaps bereits erlegen ist. Müntefering kreischt wie am Spieß. Die Visa-Affäre und das totale Fiasko am Arbeitsmarkt haben Franz Müntefering vollends in die Düsternis eines schweren Verfolgungswahns gestürzt, aus der er der SPD-Basis per Brief wirre Flüche auf die Bosheit der Welt zukommen läßt.

In dem Schreiben malt er eine Apokalypse in schwarz, unions-schwarz. Die Merkelhorden überzögen die Regierung mit "blanken Lügen", mit "Verleumdung", sie schürten "Haß" auf Rot-Grün und seien "moralisch verkommen". Als besonders abgefeimt geißelt der SPD-Vorsitzende die "Lügengeschichte zur Arbeitslosenzahl". Hatten wir's doch geahnt: Das mit den 5,2 Millionen ist billige Greuelpropaganda, angerührt in den Hexenküchen der schwarz-gelben Weltverschwörung. Münte weiß auch, warum die Union das Teufelswerk vollbracht hat. Seinen Genossen verrät er Ungeheuerliches: "Sie wollen die Macht!" Nicht zu fassen! Dabei gehört die doch den Sozialdemokraten - auch dann, wenn sich der Wähler einmal irren sollte wie in Schleswig-Holstein.

Kaum zu glauben, aber es ist gerade ein paar Monate her, da hatte sich die Union noch eigenhändig von der Umfragenklippe geschubst mit einem verunglückten Gesundheitsstreit und für die Regierung war alles eitel Sonne. Erst zum Ende des vergangenen Jahres besannen sich die Schwarzen auf die alte Oppositionstugend: Tue am besten gar nichts, sondern warte ab, bis die Regierung loslegt - es wird schon schiefgehen. Dann trete zu!

Kurz darauf tauchten die ersten Schleuser-Schlieren am Stecken von Ludger Volmer auf, dann an dem von Joschka Fischer. Und nun die Arbeitslosenkatastrophe. Es konnte kaum besser kommen, doch es kam besser: Die Vertreter der Regierung ließen nichts aus, um ihren Karren noch tiefer in die Grütze zu fahren. Der Finanz- und der Wirtschaftsminister prügeln sich ausgerechnet jetzt - vor der Kulisse von Arbeitslosenrekord und immer dürftiger werdenden Wachstumsprognosen für 2005 - um die Unternehmensbesteuerung. Hat CDU-General Kauder sich das ausgedacht? Der Eindruck pani-scher Konzeptlosigkeit konnte jedenfalls kaum glaubhafter "kommuniziert" werden als mit dem Tumult am Kabinettstisch.

In Nordrhein-Westfalen macht sich nackte Angst unter den Genossen breit, ihre Wähler könnten sie bei der Mai-Wahl in die Ukraine schicken. Am günstigsten wäre es ja, die leidige Visa-Sache jetzt schnell abzuhandeln, irgendeinen Ministerialhansel aus dem Außenamt zur Schlachtung freizugeben und dann auf die Vergeßlichkeit der Wähler zu setzen. Die Grünen machen da aber nicht mit. Schon jetzt hat die Fischerpartei den Deutschen ein ganzes Büfett sich gründlich widersprechender Interpretationen der Visageschichte vorgesetzt, von dem die Opposition nach Freuden naschen kann. Viel zu tief sitzt die Furcht, da könnten noch weitere Versionen dazukommen, wenn der Außenamtschef schon morgen vor dem Untersuchungsausschuß auftaucht. Erst will man sich eine "glaubwürdige" Einheitsversion zusammenschustern, das dauert halt ein paar Monate. "Glaubwürdig" - eine Wortschöpfung, die tief blicken läßt. Wir verlangen von den Politikern gar nicht mehr, daß sie die Wahrheit sagen. Es reicht uns völlig, wenn sie uns etwas auftischen, das nur danach aussieht, als könnte es in gewisser Hinsicht stimmen, etwas, das zumindest "würdig" erscheint, geglaubt zu werden. Kurzum: eine gut gestrickte Lüge. Auf die darf man nämlich hereinfallen, ohne sich für einen Trottel halten zu müssen.

Die Grünen-Spitze hat daher beschlossen, sich Zeit zu nehmen für eine ganz besonders "glaubwürdige" Räuberpistole, die dann auch einschlägt. Den Ruhr-Sozis schwimmen unterdessen aber alle Felle weg, deshalb drängen sie darauf, die große Visa-Märchenstunde unbedingt noch vor dem Mai abzuhalten. Dieser Zwist wird uns die kommenden Wochen noch viele heitere Stunden bescheren.

Rücksichtslos gegenüber dem Schicksal der nordrhein-westfälischen SPD zeigen sich allerdings nicht nur die Grünen. Auch der Kanzler ist wenig hilfreich. Dem US-Präsidenten hat er gemeinsam mit Chirac und Blair offenbar vorerst den Krieg gegen die Perser ausgeredet. Dabei hätte so ein Krieg wie einst im Bund 2002 der letzte Rettungsanker werden können für Peer Steinbrück und die Seinen. Denn die Union wäre dann wieder hin- und hergerissen gewesen zwischen ihrer atlantischen Bündnistreue und der Stimmung im Volk, derweil Peer Steinbrück Düsseldorf und die Menschheit vor dem amerikanischen Dämon hätte retten können. Das wird nun nichts wegen der Unbedarftheit des eigenen Kanzlers.

Die Rücksicht auf Rußland (das mit den Mullahs in Sachen Atomkraft packelt) wird es jedenfalls nicht gewesen sein, die George Bush vorerst die Krallen einfahren ließ. Rußland! Ist denn das überhaupt eine richtige Demokratie? Erst unlängst hat sich dort der Staat einfach die Ölindustrie unter den Nagel gerissen. In richtigen Demokratien läuft sowas bekanntlich umgekehrt, wie wir aus den USA wissen. Denen wird nichts mehr geschenkt, den Moskowitern. Aber ob der US-Präsident ausgerechnet auf Schröder hört? Kaum anzunehmen. Eher schon könnte es die neue Außenministerin Rice gewesen sein, die dem Präsidenten sanft das Halsband umlegte. Auf die hört er nämlich, weil er sie ernstnimmt. Im Unterschied zu Vorgänger Powell, den das Weiße Haus einst mit Fälschungen in den UN-Sicherheitsrat schickte, die sogar noch peinlicher waren als Claudia Roths Geschichten zur Visa-Affäre.

Ich wünschte es würde Nacht, oder die Dänen kämen!" weint sich Peer Steinbrück in den unruhigen Schlaf. Aber Dänen, die die Fehlentscheidungen der deutschen Mehrheit korrigieren könnten, gibt es in seinem Bundesland keine. Und Fischers Import-Ukrainer haben kein Wahlrecht. Nirgends ein Lichtlein, oder doch? Vielleicht könnte man den Arbeitslosen das Wahlrecht entziehen, um Rot-Grün am Rhein zu retten? Dann gingen in manchen Ruhrgebietsstädten nämlich fast nur noch öffentlich Bedienstete zu den Urnen. Und die hat man nach einem halben Jahrhundert SPD-Regierung ja wohl hoffentlich im Griff.

 "Hinter der Kurve erwartet Sie ein Blick auf den Vollbeschäftigungsgipfel!" Zeichnung: Götz Wiedenroth


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