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12.03.05 / Wer Tyrann ist, entscheiden wir / Nicht immer ist nachvollziehbar, warum die USA jemanden zum Feind erklären 

© Preußische Allgemeine Zeitung / 12. März 2005

Wer Tyrann ist, entscheiden wir
Nicht immer ist nachvollziehbar, warum die USA jemanden zum Feind erklären 
von R. G. Kerschhofer

Der "Krieg gegen den Terror" hat bisher vor allem ein nachhaltiges Ergebnis: Die Opiumernte im befreiten Afghanistan sprengt alle Rekorde. Was propagandistisch ausgedient hat, wird daher jetzt durch einen "Krieg gegen die Tyrannei" ersetzt. Pentagon und Außenministerium sind sich zwar noch nicht ganz eins hinsichtlich der neuen "Zielländer", doch irgendwie mit Erdöl zu tun haben sie alle. Wirklich neu ist hingegen, daß Bushs neuer Kampf keiner Legitimierung mehr bedarf: Wer zum Tyrannen erklärt wird, ist ein legitimes Ziel, und Berufung gibt es keine. Der "Krieg gegen den Terror" hingegen mußte noch mit einer Bedrohungen für die USA begründet werden.

Die jüngste Europareise von Bush war ein Werben um Mittäter: Zum einen, weil jede Mittäterschaft, sei es auch nur die Ausbildung von irakischen oder afghanischen Polizisten, die Selbstlegitimierung der Haupttäter bestätigt. Zum anderen, weil man Kanonenfutter braucht. Denn US-Reservisten werden knapp, und selbst die allgemeine Wehrpflicht brächte keine kurzfristige Lösung. Zudem wird die angeschlagene Moral der Besatzungstruppen im Irak durch jeden aus dem Zivilberuf Herausgerissenen nur noch weiter verschlechtert. Ein Einmarsch in Syrien oder in den Iran ist daher unpraktikabel. Für die israelische Armee wären die 50 Kilometer vom besetzten Golan bis nach Damaskus zwar nur eine Halbtagsbeschäftigung, eine Besetzung aber wäre ein Fiasko - wie im Irak. Die amerikanisch-israelische Planung baut daher voll auf Destabilisierung und Demoralisierung. Propaganda und Subversion sind bereits im Gange, Luftangriffe könnten folgen - der Hauptzweck läßt sich bekanntlich als "Kollateralschaden" verharmlosen.

Die Ermordung des libanesischen Ex-Premiers Hariri paßt da wie bestellt: Westliche und östliche Spitzenpolitiker fordern nun folgsam den syrischen Abzug aus dem Libanon - nur warum nicht schon vor fünf Jahren, als sie vollzählig in Damaskus weilten zum Begräbnis von Hafez Al-Asad, dem Vater des jetzigen Präsidenten? Auffällig ist auch, daß dank israelischer Hinweise die neue Palästinenserführung neuerdings so viele Terroranschläge "rechtzeitig aufdecken" kann. (Man denke an die medienwirksame Sprengung eines auf offener Landstraße verlassenen "Bombenfahrzeugs"!) Und eine diplomatische Großoffensive Israels versorgt die Welt mit "Beweisen", daß alle Spuren nach Syrien führen ...

Doch wie die "American Free Press" behauptet (Washington, 28. Februar), könne der Mord an Hariri laut Meinung namentlich genannter amerikanischer Experten gar nicht mit einer Autobombe, sondern nur mit einer präzisionsgesteuerten Fliegerbombe ("precision guided aerial bomb") ausgeführt worden sein. Da Syrien keine solchen Waffen hat, könnte die Uno-Untersuchung spannend werden - um so mehr, als sich unter den angeforderten Schweizer Fachleuten auch ein Armee-Experte für Ballistik befindet.

Zur Destabilisierung des Iran wurden mittlerweile im kurdischen Teil des Irak israelische Basen eingerichtet: Logisch, denn aus Persien stammende Israelis verfügen über Sprachkenntnisse, und jenseits der unkontrollierbaren Grenze liegt Iranisch-Kurdistan. So werden wieder einmal Kurden als Mittäter für fremde Ziele mißbraucht! Schon im "Sechstagekrieg" 1967 war wegen Bedrohung durch irakische Kurden ein beträchtlicher Teil der syrischen Armee im Norden gebunden. Und beim Völkermord an den Armeniern hatten die Türken mit Vorliebe Kurden für die "Drecksarbeit" eingesetzt.

Auch Bush braucht die Kurden, denn mit der "Demokratie" im Irak hat er seine Not: Nicht weil der Großbetrüger Dschalabi nun doch nicht Premierminister wurde, sondern weil bei den Wahlen die Glaubensbrüder der iranischen Ayatollahs die absolute Mehrheit erlangten! Als Gegengewicht muß man nun den Kurden nahezu alles zugestehen - und das wiederum frustriert die Türken.

Die Stimmung in der Türkei hat sich ohnehin drastisch verschlechtert: Die EU-Euphorie ist verflogen, weil Brüssel nicht nur zahlen, sondern auch ein wenig mitregieren will. Premier Erdogan sucht zu beschwichtigen, indem er etwa das Kopftuchverbot an Universitäten aufheben möchte. Doch Konzessionen an Islamisten verärgern das Militär, diese "Stütze westlich-aufgeklärter Weltanschauung". Vor allem aber hat eine Welle von Antisemitismus und Antiamerikanismus das Land erfaßt. Sogar das Militär, und zwar primär wegen eines Vorfalls vor zwei Jahren: Nach einer amerikanischen Razzia gegen türkische Kommandos im Irak waren türkische Offiziere "wie Terroristen" mit schwarzem Plastiksack überm Kopf abgeführt worden. Das vergißt kein Türke!

Erdogan selbst hat Israel des Staatsterrorismus bezichtigt und von einem amerikanischen Genozid in Faludscha gesprochen. Kein Wunder, daß Außenminister Gül beim Treffen mit seiner neuen Amtskollegin Condoleezza Rice vollauf damit beschäftigt war, alles herunterzuspielen.

Dominant: Die USA sind davon überzeugt, sich überall einmischen zu können. Respekt vor den Selbstbestimmungsrechten anderer scheint ihnen fremd. Foto: pa


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