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26.03.05 / Zu viel des Guten / Tsunami-Gebiet ist mit der Verteilung der Hilfsgüter größtenteils überfordert

© Preußische Allgemeine Zeitung / 26. März 2005

Zu viel des Guten
Tsunami-Gebiet ist mit der Verteilung der Hilfsgüter größtenteils überfordert

Wenn irgendwo in der großen weiten Welt eine Naturkatastrophe hereinbricht oder wenn auf irgendeine andere Weise einer Menschgruppe Leid getan wird und - das ist eine wichtige Voraussetzung - das deutsche Fernsehen dann tüchtig auf die Tube drückt und morgens, mittags wie abends Bilder von Trümmern, weinenden Frauen und umherirrenden Kindern ausstrahlt, dann schmilzt die deutsche Seele dahin. Je exotischer die Betroffenen sind, desto reicher fließt der Spendenstrom, und wenn dann noch Fernsehstars und Filmsternchen zu einer Gala zusammenkommen, zu der Spendentelefonleitungen geschaltet werden, dann schlagen die Spenden über den Köpfen der Moderatoren zusammen. Und alle fühlen sich als gute Menschen.

So ging es auch, als im fernen Südostasien Wellen eines Seebebens an die Strände donnerten und Dörfer sowie Touristenhotels ins Meer rissen. Die Deutschen öffneten ihre Portemonnaies und strapazierten ihre Konten. Und so wurden sie Weltmeister in Wohltätigkeit. Kein anderes Land hat so viele Euro auf die Konten der Hilfs-organisationen überwiesen, die wie Pilze aus dem Boden schossen und deren Seriosität nicht mehr zu überblicken war. Und dann gab der Bundeskanzler noch einmal in Erinnerung an die Werbewirksamkeit seines Gummistiefel bewehrten Auftrittes beim Oderhochwasser einen Schlag dazu und stiftete weitere 500 Millionen aus Steuergeldern, zu denen dann noch 45 Millionen hinzukamen für ein Frühwarnsystem.

Alle hatten ein gutes Gefühl. Alle hatten etwas Gutes getan, wenn die Spenden auch nicht immer aus ihrer eigenen Tasche stammten.

Nun liest man in der Frankfurter Allgemeinen vom 18. März, daß in den von der Flutkatastrophe heimgesuchten Ländern durch Mißmanagement und politische Fehler das Chaos droht. Die großen Mengen an Spenden und Hilfsgeldern lassen sich kaum noch bewältigen. Die Zeitung zitiert einen westlichen Botschafter: "Die Situation ist absolut chaotisch," und ein Koordinator von Hilfen aus Deutschland gegenüber der FAZ: "Wir tun hier unser Bestes, aber es wird in ein paar Tagen zu ganz großen Enttäuschungen in der deutschen Bevölkerung kommen."

Was war geschehen? Die Zeitung faßt zusammen: Zu viel Geld, die falschen Hilfsgüter, politische Fehler, mangelnde Strategie, Überforderung der betroffenen Entwick-lungsländer und der zunehmende Neid unter den Opfern lassen die Schwierigkeiten Tag für Tag wachsen.

Da erfährt man, daß in den Häfen Hunderte von Containern mit Hilfsgütern stehen, die nicht ins Land gelassen werden, "weil die Behörden inzwischen Einfuhrzoll verlangen." Und daß diese Abart der Entwicklungshilfe die heimischen Strukturen zerstört, geht aus der Einschätzung hervor, daß die mühsam gestärkten Selbsthilfekräfte des Landes durch die überbordende Hilfe geschwächt werden. Auf Sri Lanka sind zur Zeit mehr als 1.000 Hilfsorganisationen zugange.

Der Wahnsinn drohte sich zu überschlagen, als Bundeskanzler Schröder ohne Rücksprache mit den zuständigen Fachleuten in Deutschland öffentlich eine Partnerschaftsinitiative ins Leben rief. Die daraus entstehenden Anträge auf Hilfszahlungen, die bei den deutschen Botschaften eingehen, müssen von den Mitarbeitern in Tag- und Nachtschichten bewältigt werden, ohne daß sie in der Lage wären, sie wirklich ernsthaft zu prüfen.

Die Rede ist von mehr als 150 Anträgen pro Woche. Und solche Arbeit kann mit den wenigen Mitarbeitern der Botschaften nicht mit der notwendigen Sorgfalt bewältigt werden. Die Zeitung schreibt: "Da wird auf politischer Ebene etwas losgetreten, was sich in der Praxis nicht umsetzen läßt. Wir werden die Menschen doppelt enttäuschen: die wirklich Hilfsbedürftigen vor Ort und die wohlmeinenden Spender in der Heimat.

So sehr die guten Herzen der Deutschen zu loben sind, so sehr muß man die Ziellosigkeit bedauern, mit denen das Mitleid ausgeschüttet wird. Immer noch gilt: Wer Gutes tun will, sollte sich zuerst um die Hilfsbedürftigen vor seiner Haustür kümmern und davon gibt es genug.

Spendet man lieber für möglichst weit entfernt lebende und möglichst exotische Opfer, dann haben zwar viele Geschäftsführer und ungezählte Referenten in internationalen Hilfsorganisationen gut bezahlt Jobs, doch niemand kann überblicken, was mit den Spenden wirklich geschieht.

Konzentriert man aber die Wohltätigkeit auf die Hilfsbedürftigen im eigenen Land, dann kann man den Organisatoren auf die Finger gucken und hat etwas für die Landsleute getan. Die Bibel meint, man solle seinen Nächsten lieben; von den Fernsten hat sie nichts gesagt. J. Arp


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