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09.04.05 / Allmählich ein europäisches Problem / Fischer-Vollmer-Erlaß hat auch Folgen für Länder wie Italien und Portugal

© Preußische Allgemeine Zeitung / 09. April 2005

Allmählich ein europäisches Problem
Fischer-Vollmer-Erlaß hat auch Folgen für Länder wie Italien und Portugal

Das Ausmaß der Visa-Affäre und ihre Folgen für die deutsche Außenpolitik sind erst ansatzweise zu überblicken, doch schon jetzt steht fest: Nicht nur in der Ukraine, sondern mindestens auch in Bulgarien, der Türkei, Weißrußland, Marokko und Thailand stieg die Zahl der erteilten Visa dramatisch. Zehntausende wurden eingeschleust. Der Fischer-Vollmer-Erlaß brachte nicht nur Reisefreiheit in allzu vielen Zweifelsfällen, sondern wächst sich zum europäischen Problem aus.

Allein in Italien und Portugal stellten Behörden 4.000 Ukrainer fest, die sich deutsche Visa erschlichen, und illegal gearbeitet hatten. Gerade bei Ukrainern schlägt sich die Fischer-Freizügigkeit auch in der offiziellen deutschen Kriminalitätsstatistik nieder: Um 50 Prozent stieg ihr Anteil an allen ausländischen Tatverdächtigen von 1999 bis 2001. Eine Verdopplung der Einreiseerlaubnisse als Folge des Erlasses läßt sich für die Ukraine belegen (siehe Grafik). Aber auch in Bukarest, Istanbul und Minsk lag der Zuwachs nach der umstrittenen Fischer-Anweisung im zweistelligen Prozentbereich. Einreisen, faktisch ohne Prüfung - ein Freibrief für Kriminelle. Der direkte Zusammenhang von allzu lässig erteilten Visa und Menschenhandel ist in Zahlen allein bislang schwer abzulesen - das statistische Urteil kommt jedoch erfahrungsgemäß mit Verzögerung. Anzeichen für einen Dammbruch bei der Einreise gaben die deutschen Botschaften im Ausland bereits glaubwürdig selbst. Sie mahnten verzweifelt intern - nun sickert Stück für Stück durch, was Fischer schon 2001 wußte und lange ignorierte.

Der noch zurückhaltend abgefaßte Wostok-Bericht des Bundeskriminalamtes (BKA) spricht von "über 12.000 Ermittlungsverfahren wegen gewerbs- und bandenmäßiger Schleusung mit Hilfe erschlichener Schengenvisa - allein in einer großen Ermittlung des Bundesgrenzschutzes in Frankfurt / Oder.

Laut Bundeskriminalamt wurden 1.638 Frauen aus Osteuropa von Beginn der neuen Einreisegroßzügigkeit 1999 bis zu deren Ende 2003 im Rahmen des einschlägigen Lagebilds "Menschenhandel" erfaßt. Dieser vorläufige Wert ist die Spitze eines Eisberges, denn es sind vor allem Opfer aus Niedersachsen. Andere Bundesländer werden folgen.

Eine Affäre im Anfangsstadium, denn auch bei der Wahl der über 300 Vertriebspartner für die Reiseschutzpässe (es war sogar an eine Versicherung bei etwaiger Abschiebung gedacht) war das Außenamt nicht zögerlich. Der Bericht des BKA zeigt: Viele gewerbliche Visa-Partner des Ministeriums beschäftigten sich schon vor dem Erlaß mit illegalen Schleusungen. Der Kölner Schleuser-Prozeß war also erst der Anfang. Sverre Gutschmidt


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