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16.04.05 / Warum Otto Schily Graffiti-Schmierer jagt

© Preußische Allgemeine Zeitung / 16. April 2005

Moment mal:
Warum Otto Schily Graffiti-Schmierer jagt
von Klaus Rainer Röhl

Immer, wenn man die Zeitung aufschlägt oder abends Wickert sieht, weiß man, daß die rot-grüne Regierung was tut: Lehrstellen vermehren, Arbeitsplätze erhalten, Kündigungen verhindern, Islam-Terroristen abschieben, Gaspreise bremsen, Strompreis wenig erhöhen, Lebensmittel streng überprüfen, Schweine vor Transportschäden schützen und Menschen vor Gen-Mais, Nahrungsmittel besser kennzeichnen, Rußfilter gegen Feinstaub! Jetzt sogar: Graffiti-Schmierer jagen! Mit Bundesgrenzschutz-Hubschrauber und Nachtsichtgerät. Die tun was! Sollen die Leute denken.

Bisher tat niemand etwas gegen Graffitis. Schon gar nicht die rot-grüne Koalition. Die Schmierereien an Häuserwänden, auf Bahnhöfen sowie in U- und S-Bahnen, deren Beseitigung allein in Berlin 50 Millionen Euro im Jahr kostet, wurden als Dumme-Jungen-Streiche von vorwiegend Jugendlichen verharmlost, die man auch irgendwie "verstehen" und mit denen man leben müsse. Muß man das? Gegen eine Neuformulierung des Strafrechts konnte sich die regierende SPD bisher erfolgreich wehren. Die Grünen und die in Berlin mitregierenden Erben der SED (PDS) lehnen eine Strafrechtsänderung entschieden ab. Ein Gesetzentwurf gegen Schmierereien liegt seit 1962 vor. Nichts. Statt dessen diskutierte man eine Zeitlang sogar in seriösen Feuilletons und in einschlägigen Fernsehsendungen, ob die Zerstörungswut von ein paar jugendlichen Banden nicht eigentlich Kunst sei - wer dachte da nicht an Joseph Beuys und seine Aktionskunst. Das Wort Schmierer war jedenfalls tabu. Es gab "Nazi-Schmierereien" (Merke: Autonome und Antifas schmieren nie!) Doch das Besudeln von Häusern und Denkmälern mit Ölfarbe hieß "Sprayen" und galt als eine Art von Kunst, ausgeführt von der "Sprayer-Szene".

Aber Sprayen ist keine Kunst: Wie auch das Schlagen oder Erschlagen von Menschen, das Anzünden von Häusern keine Kunst ist. Sondern pure Zerstörungslust. Der Drang, immer wieder, auch unter großen Schwierigkeiten und lebensgefährlichen Kletterpartien, solche Beschädigungen anzurichten, ist eine Sucht. Wegen des Suchtcharakters der Zerstörungslust und der Herkunft der Täter (viele stammen aus bürgerlichen, sogenannten geordneten Verhältnissen) konnten psychologisch gebildete Verteidiger des Sprayens sogar auf mildernde Umstände plädieren. Taten sie auch.

Diese unheimliche, eigentlich unerklärliche Zerstörungslust hat eine Geschichte. 1967 und 1968 erprobt an Häusern und Eigentum der Eltern-Generation, verselbständigte sie sich bald darauf zu einer ungehemmten Lust am analen Rumschmieren. Die Kinder der 68er sollten in einigen linken "Kinderläden" sogar lernen, im eigenen Kot herumzurutschen und die Wände damit zu beklieren. Weil das zu lästig wurde, ließ man die Kleinkinder ersatzweise mit Marmelade und Nutella "malen". Später schmierten sie mit Farben aus der Spraydose herum. "Alles putt machen!" hatten sie im Kindertheater und in der Kommune gelernt.

Vor 30 Jahren waren die erstmals auftretenden - und regelmäßig straflos ausgehenden - Jugendlichen noch naiv. Man fiel während der Nachtfahrten der S-Bahn über die Abteile her, schlitzte die Polster der Sitzbänke auf, zerschlug die Scheiben und verklebte die Schilder über Notausgängen sowie Feuerschutz- und andere Sicherheitshinweise. Die Bundesbahn brachte alle zerstörten Waggons ins Depot und reparierte die Polster, säuberte die Fenster und Türen, das kostete viel Geld und schaffte, wenn man so will, auch Arbeitsplätze. Nach einigen Jahren hörten diese Aktivitäten auf. Bald trat, ermuntert durch die Straffreiheit, eine neue Generation von Klecksern und Schmierern auf. Wenn man heute, im Frühjahr 2005 mit einer U- oder

S-Bahn durch Berlin fährt, sieht man die Umgebung nur undeutlich, wie hinter Milchglas vorbeigleiten, weil alle Fenster von riesigen, etwa 5 Zentimeter breiten Kratzspuren bedeckt sind, einer neuen Art von Graffitis: Scratching heißt die neue "Kunstrichtung". Die mit einer Art Stahlbürste eingeritzten Schnörkel und TAGs (Namenskürzel) können weder abgewaschen noch mit chemischen Mitteln entfernt werden. Es bleibt den U- und S-Bahnbetreibern nur die Wahl, sämtliche (!) Scheiben ihres ganzen Wagenparks für viele Millionen Euro zu ersetzen oder - und das ist die schlimmste Folge - die Verunstaltung einfach hinzunehmen. Wie alles, was in diesen Jahren der rot-grünen Koalition in unserem Land geschieht. Die Achseln zucken und wegschauen. Eine Bürgertugend ist das nicht. Man gibt den Widerstand auf, nimmt keine Notiz mehr von der Zerstörungswut und tut nichts. Diese Lösung scheint aus Kostengründen in einigen Großstädten die letzte Weisheit der Behörden zu sein.

Die andere Lösung heißt Null-Toleranz. Null-Toleranz gegen Schmierer ist möglich bei Null-Akzeptanz unter den Bewohnern des Ortes, unter Führung eines energischen Polizeichefs, wie in Münster. Dort sank die Zahl der Schmierereien um 30 Prozent. Ebenso in Österreich. Das Mittel wurde in New York erprobt. Die Idee ist einfach: Die Täter werden mit allen modernen Fahndungsmitteln gesucht und gefaßt. Sie müssen unmittelbar danach oder am Wochenende die Wände von Graffitis reinigen. Freiwillig. Wollen sie das nicht, folgt ein Gerichtsverfahren, bei Wiederholung drohen Jugendstrafe und Zahlung der Kosten, Rechnung an die Eltern. Die Reinigung der Häuserwände ist mühsam. Je nach verwendeter Farbe dauert das lange. Richtig sauber wird die Wand nie. Richtig sauber werden auch die 2.000 Jahre alten Sarkophage vor dem römisch-germanischen Museum in Köln, die Statuen in den Parks von Berlin, die Jugendstilgebäude in Bad Nauheim, mit immensen Kosten aufwendig restauriert und in einer einzigen Nacht besudelt von hirnlosen Halbstarken, nie.

Der Schaden fängt im Kopf an. Nicht künstlerischer Ausdruck, Zerstörung ist das Ziel. Die Kosten gehen in die Millionen. Der seelische Schaden für die ganze Gesellschaft - für die Alten und die Jungen - ist nicht meßbar. Nicht die unmündigen, vom Schicksal benachteiligten Rowdies, sondern ihre Verharmlosung in den Medien ist daran schuld, daß die heute heranwachsenden Kinder bereits gleichgültig durch flächendeck-end verunstaltete Städte gehen. Sie kennen ja keine anderen Städte. Nicht zerkratzte S-Bahnfenster, nicht besudelte Denkmäler und Parks sehen die Jungen, nach 1990 Geborenen in ihrem ganzen Leben nicht. Muß das sein? Nein.

Szenenwechsel. Einen Monat vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen. Plötzlich erscheint auch der Innenminister von NRW auf dem Anti-Graffiti-Kongreß in Berlin und beklagt die Zerstörung der Städte. Und Otto Schily läßt schon mal probeweise den Bundesgrenzschutz Jagd auf Graffiti-Schmierer machen. Bild darf exklusiv mit dabeisein. Das Fernsehen am nächsten Tag.

Warum nicht gleich so? Weil die Politiker von Rot-Grün langsam nervös werden, weil sich herumgesprochen hat, daß diese Leute vor der Pleite stehen, daß die wirkliche, nicht geschönte Arbeitslosenzahl, laut Welt, bei 6.500.000 liegt. Bereits jeder dritte Deutsche fordert lauf Infratest Dimap Fischers Rücktritt. Offenbar befürchten die rot-grünen Laienspieler in Berlin, daß die Bevölkerung das Ganze satt hat und ihnen schon am 22. Mai, bei der Wahl in Nordrhein-Westfalen den Laufpaß gibt. Da gibt man sich forsch, wo es nichts kostet. Ein paar Gesetzentwürfe gegen den internationalen Terror. Für 2008 Pläne für neue Ausweise, für später mal. Ein paar Verhaftungen von Islam-Terroristen. Ein paar Ausweisungen von Schwerkriminellen wie Kaplan. Ein paar verspätete Maßnahmen gegen den Mißbrauch der Visa-Regelung. Da lachen ja die Zuhälter, die samt den aus dem Osten hierher verschleppten Frauen längst in deutschen Großstädten etabliert sind.

Die viel zu lange aufgeschobene Einführung von Rußfiltern für Dieselfahrzeuge. Feinstaub. Ein neues Wort für eine alte Sache. Feinstaub in der Lunge und Nebel im Gehirn. Bezahlen muß die Autoindustrie - also der Verbraucher. Die Kontrolle der Gas-Preise. Die Erhöhung der Strompreise. Die Subvention der Windenergie durch die Stromerzeuger, also die Verbraucher. Nun der Feldzug gegen die Schmierer. Es werden noch mehr Feldzüge bis zum 22. Mai verkündet werden, die natürlich nichts kosten dürfen. Man steht schließlich vor der Pleite. Nützen wird es nichts. Neue Schulden kurz vor der Wahl sind nur noch Konkursverschleppung. Nicht mal eine neue Flutkatastrophe, bei der der Kanzler als Retter auftritt, oder ein neuer

Mehr über Graffitis und anderen rot-grünen Unfug in K. R. Röhls neuem Buch "Deutsche Tabus - Ungefragte Antworten", Universitas, 210 Seiten, 16,80 Euro


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