25.04.2024

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21.05.05 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / 21. Mai 2005

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied und Familienfreunde,

wer zum ersten Mal den Titel "Die Ostpreußische Familie" und meine Anrede liest - und das werden an diesem Wochenende nicht wenige sein -, der wird vielleicht denken, daß diese in jeder Ausgabe unserer Zeitung erscheinende Kolumne eine Art Briefkasten sei, der für einen begrenzten Leserkreis bestimmt sei. Das war sie auch einmal, als sie vor nunmehr 33 Jahren im Ostpreußenblatt als kleine Spalte begann, denn sie sollte die ostpreußischen Vertriebenen ansprechen und auf ihre vor allem die verlassene Heimat betreffenden Fragen und Wünsche eingehen, die sie sonst nirgends vortragen konnten. Es ging damals tatsächlich um Dinge, wie sie in einer Großfamilie besprochen wurden: Man suchte alte Bekannte und neue Freunde, fragte nach Liedern, Gedichten, Büchern, Fotos und anderen Erinnerungen an die Heimat, tauschte Rezepte aus und bekam so vieles wieder, was man schon verloren glaubte. Aber mit der Zeit weitete sich der Kreis, es kamen immer mehr Leserinnen und Leser dazu, die mit ihren Fragen den vorgegebenen Rahmen sprengten, vor allem als der Eiserne Vorhang fiel. Durch die Öffnung der Grenzen wuchs das Interesse an unserer Heimat weltweit, die neuen Medien bewirkten eine schnelle Kommunikation, so daß sich heute unsere Kolumne zu einer - man bestätigt es ihr immer wieder: einzigartigen - Institution entwickelt hat, die auch Unmögliches zu verwirklichen vermag. Nicht zuletzt dank unserer Leserschaft, die auf unermüdliche Weise hilft, auch die schwierigsten Fragen zu lösen und Dinge zu finden, die man längst verloren glaubte. Dankesbriefe auch aus fernen Ländern, vor allem aus den USA, Kanada, Australien und neuerdings verstärkt Israel sind Beweise. Und da unser immer hilfsbereiter Leserkreis dies bewirkt, ist der Titel geblieben "Die ostpreußische Familie". Auch meine vor nunmehr 26 Jahren eingeführte Anrede "Lewe Landslied" - also "Liebe Landsleute" - wurde nicht geändert, aber erweitert durch "Familienfreunde", denn dieser Kreis wird immer größer und interessierter.

Diese Erklärung mußte ich unserer heutigen Ausgabe schon voranstellen, damit die Fragen und Wünsche, aber auch die Sucherfolge für neue Leserinnen und Leser verständlich sind. Es ist keine "Sonderfamilie", sondern eine Kolumne, wie sie wöchentlich erscheint und sie behandelt somit auch die laufenden Fragen. Vor allem aber auch die Erfolge, die unsere Leser natürlich besonders interessieren. Und da bahnt sich wieder einmal ein außergewöhnlicher an. Ich kann noch nichts Endgültiges sagen, da es noch einige Ungenauigkeiten gibt, aber nach 60 Jahren ist das ja nicht verwunderlich, im Gegenteil, mit dem Problem habe ich täglich zu kämpfen. Es handelt sich um ein sogenanntes "Wolfskind", einen in Litauen verbliebenen Jungen aus Königsberg-Metgethen, der zeitlebens seine Mutter und Geschwister suchte, die auch mehrere Jahre nach dem Krieg in Litauen gelebt hatten. Und - erst 50jährig - sterben mußte, ohne sie gefunden zu haben. Seine Witwe aber suchte weiter, vor allem auf Wunsch der gemeinsamen fünf Kinder, und wandte sich kürzlich an uns. Wir veröffentlichten den Suchwunsch, eine Leserin trug zur Klärung verschiedener Unstimmigkeiten bei - es ging da vor allem um den Nachnamen -, und nun hat sich wohl die in Süddeutschland lebende Schwester gemeldet, die der Bruder ein Leben lang gesucht hat. Auch sie und ihre Mutter - der kleine Bruder verstarb schon früh - hatten den verlorenen Jungen gesucht, waren deshalb noch einmal nach Litauen gegangen. Wenn diese Geschichte restlos aufgeklärt ist, werden wir ausführlich über die erfolgreiche Suche berichten, der allerdings auch etwas Tragik beiwohnt, weil die inzwischen verstorbene Mutter immer daran geglaubt hat, daß ihr Sohn lebt - und ihn niemals fand!

Gefunden hat Frau Ingrid Ulrich sozusagen eine "Großfamilie", ausgelöst durch ihre im März erschienene Suchfrage. Sie wollte endlich Spuren ihrer väterlichen Familie Böhm aus Schrombehnen finden, hatte auch einen Hinweis bekommen, daß es noch Angehörige gab. Bei einem Besuch dieses, im Kreis Pr. Eylau gelegenen Ortes hatte sie erfahren, daß dort bereits Besucher aus der Bundesrepublik Deutschland nach Hinweisen auf diese Familie gesucht hatten. Frau Ulrich sah keinen anderen Weg als die Suche über unsere Ostpreußische Familie, aber an einen Erfolg glaubte sie nicht recht, denn "das wäre wohl ein großes Wunder!" Aber das Wunder ist geschehen und davon lasse ich Frau Ulrich selber berichten: "Ich kann es noch gar nicht fassen, was in den letzten Wochen alles geschehen ist. Am Karfreitag läutete das Telefon, es meldete sich meine Cousine Traute aus Mainz. Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen, denn ich wußte überhaupt nichts von ihrer Existenz, auch nichts von deren vier Geschwistern. Anhand des Hochzeitsfotos meiner Eltern aus dem Jahr 1937, von dem sie wie auch ich einen Abzug besitzen, konnten wir die Verwandtschaft klären. Sie ist als Neunjährige auf dem Bild und konnte mir deshalb zu den meisten Gästen die verwandtschaftlichen Beziehungen erläutern. Unsere Väter sind Brüder, beide sind nach Kriegsende in russischer Gefangenschaft verstorben. Von ihr erfuhr ich auch über die Flucht der Schrombehner und über das Schicksal meiner Großmutter, die leider die Flucht nicht überlebt hat. [Die damals sechsjährige Ingrid hatte im Oktober 1944 mit Mutter und Bruder Schrombehnen, wohin sie nach der Bombardierung Königsbergs evakuiert worden waren, verlassen und damit Abschied von den Großeltern nehmen müssen, von deren Schicksal sie nie etwas gehört hatten.] Inzwischen habe ich zu zwei weiteren Cousinen Kontakt bekommen, Kinder von einem weiteren Bruder meines Vaters und einer Schwester, sie waren insgesamt zehn Geschwister gewesen. Herzlich Dank für die Hilfe bei meiner Suche nach Familienmitgliedern, ich bin so glücklich!" Und wir auch, denn solche Erfolge stimmen uns alle froh! Und ermutigen zu neuen Fragen.

"Damit Ihr Pungelchen nicht leer wird, nun unser neuer Suchwunsch!" schreibt Frau Helga Henschke. Da brauchen Sie sich wirklich keine Sorgen zu machen, liebe Frau Henschke, mein Krepsch platzt immer aus allen Nähten, denn die meisten Briefe und E-Mails erscheinen hier gar nicht in unserer Kolumne, weil sie direkt beantwortet werden müssen. Sie schreiben: "Wir, die ‚Überlebenden' unseres Dorfes Karwen, Kreis Sensburg, suchen unsere damalige Junglehrerin Ursula Wormuth. Sie war 1943/44 frisch von der Lehrerbildungsanstalt nach Karwen gekommen. Da sie liebevoll von der Dorfgemeinschaft aufgenommen wurde, fühlte sie sich bei uns sehr wohl. Sie war ein liebenswerter Mensch und wir verehrten sie sehr. Man bedenke, sie hatte allein zwei Klassen zu unterrichten und das war für einen so jungen Menschen keine leichte Aufgabe, denn es waren über 80 Schüler." Ja, das sollte man heute einem Pädagogen zumuten! Ursula Wormuth ist dann vermutlich mit der Frau des Hauptlehrers Döhring und deren Töchtern Hannelore und Reinhild mit einer motorisierten Einheit der Wehrmacht geflüchtet, der letzten Einquartierung auf dem elterlichen Hof von Frau Henschke. Familie Döhring traf sich in Rheinhausen wieder, dort wurde der Vater Schulleiter. Nach seinem Tod soll Frau Döhring nach Süddeutschland gezogen sein. Die älteste Tochter verstarb schon kurz nach dem Krieg an Tuberkulose. Etwa 1948 wurde noch ein Sohn, Hartmut, geboren. Frau Henschke hofft nun, daß jemand aus dieser Familie noch Kontakt zu Ursula Wormuth gehabt hat und weiterhelfen könnte, die Gesuchte zu finden oder etwas über ihr Schicksal zu erfahren. Eine Nachforschung in der Rastenburger Kreiskartei - vermutlich stammte Ursula Wormuth aus Korschen - hat nichts erbracht. Vielleicht hilft nun unsere Ostpreußische Familie? (Helga Henschke, Auf der Leimenheeg 7 in 36396 Steinau a. d. Straße.)

Auch Herr Werner Maske sucht eine ..., nein, keine Lehrerin, sondern eine Kindergärtnerin. Herr Maske stammt aus Gerdauen, wo er 1933 geboren wurde. Die Familie Maske - Vater Fritz, Mutter Edith und vier Kinder - wohnte am Markt 18. Mit ihnen die Kindergärtnerin Lore Christian oder Christian-Walter, die im Schloßkindergarten tätig war. Beim Russeneinfall flüchtete sie mit der Familie Maske, wobei es zu einer Trennung kam: "Tante Lore", wie sie von den Kindern genannt wurde, flüchtete mit dem zwölfjährigen Werner und seiner dreijährigen Schwester alleine weiter. Sie konnte nach vielen Irrwegen die geretteten Kinder im niedersächsischen Alfeld / Leine den dort lebenden Verwandten der Familie übergeben. Lore Christian soll dann in das Oldenburgische weitergereist sein. Leider ist nie wieder ein Kontakt zwischen der Familie Maske und "Tante Lore" zustande gekommen, aber vielleicht ist es noch nicht zu spät. Über jeden Hinweis, ob und wo Lore Christian lebt oder wie ihr weiterer Schicksalsweg war, würde sich Herr Maske freuen. (Dipl. Ing. Werner Maske, Siedlung 12 in 23869 Elmenhorst, OT Fischbek, Telefon 0 45 32 / 14 62.)

Im Nachlaß ihrer Tante hat Frau Sigrid Matthée-Kohl Fotos von Verwandten gefunden, die Anfang der 20er Jahre nach Amerika auswanderten. Leider hatte sie die Anschriften nicht aufgehoben - und nun erhofft sich unsere Leserin Hinweise aus unserem Familienkreis. Das wird nicht einfach sein, aber der Name ist so selten, daß jeder, der irgendwann mit dieser Familie in Berührung gekommen ist, sich auch nach Jahr und Tag an ihn erinnern wird: Dittombée. Die Hugenottenfamilie stammte aus dem Kreis Pillkallen, Gustav Dittombée, geboren in Groß Wersmeningken, ging mit seiner Frau Lina, geborene Matthée, * 1881 in Plimballen, und ihren beiden Töchtern Gertrud und Frieda nach Amerika, Anlaufstelle muß Chicago gewesen sein. Die Töchter sind wohl noch in Ostpreußen geboren, da die Eltern bereits 1905 in Judschen geheiratet hatten. Mit ausgewandert ist vermutlich auch der Bruder von Gustav, Robert Dittombée, der nur ein Bein hatte. Gertrud heiratete Paul B. Gestwicki und hat vermutlich zwei Töchter, die 60 und 70 Jahre alt sein müßten. Die Verbindung zur alten Heimat riß nie ab, und für zwei Frauen endete sie tragisch: Lina Dittombée und ihre - damals geschiedene - Tochter Frieda besuchten im Zweiten Weltkrieg Ostpreußen und mußten dann wie alle anderen fliehen. Leider gerieten sie auf die "Wilhelm Gustloff"! Daß nach der Vertreibung noch Kontakt zwischen den Verwandten bestanden hat, beweist ein Foto von 1949, das Gustav D. mit den Nachkommen seines Bruders Robert, dessen Sohn Heinz und Enkel "Bobby", zeigt. Nun hofft also Frau Matthée-Kohl, daß sich durch unsere Leserinnen und Leser eine Spur zu den Familien Dittombée und Gestwicki finden läßt. Ihr früherer Wunsch, Fotos von ihrem Onkel Albert Munier aus Minge zu bekommen, hat sich bisher leider nicht erfüllt. (Sigrid Mathée-Kohl, Hauptstraße 45 in 76865 Rohrbach, Telefon 0 63 49 / 74 50, Fax 0 63 49 / 92 76 59.)

Eure Ruth Geede


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