25.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
28.05.05 / Mission "Große Koalition" / Schröder stößt die Grünen ab und setzt auf Konfusion bei der Union

© Preußische Allgemeine Zeitung / 28. Mai 2005

Mission "Große Koalition"
Schröder stößt die Grünen ab und setzt auf Konfusion bei der Union

Schröder hat lügen lassen. Aber das kennt man seit Macchiavelli. Der Fürst muß nicht fromm sein, sondern nur fromm erscheinen, heißt es im "Principe". Also ließ der Fürst im Kanzleramt vor der Wahl verkünden, Neuwahlen kämen nicht in Frage. Nun die Volte. Natürlich hat er diese Option vorher für den Fall der Niederlage in Düsseldorf beschlossen, so etwas entscheidet man nicht aus der Hüfte an einem Nachmittag innerhalb ein, zwei Stunden. Aber der Opposition ist das nicht aufgefallen.

Schade, eine Bemerkung in diese Richtung - Gelegenheiten gab es am Wahlabend in Hülle und Fülle - hätte dem bereits begonnenen Bundestagswahlkampf einen Akzent der Wahrheit verliehen und damit dazu beigetragen, den Hauptmatador der SPD, Gerhard Schröder, zu demaskieren und als den zu präsentieren, der er in Wirklichkeit auch ist: ein Totalopportunist, ein Taktierer ohne Grundsätze, ein Schauspieler. So gab man ihm ungehindert die Chance, den Abend der Niederlage in einen Abend der Vorschau auf ein neues Stück im politischen Theater Berlin zu verwandeln.

Auch eine zweite Chance wurde verpaßt. Statt sofort die K-Frage zu klären, drucksten alle führenden Politiker am Wahlabend hilflos herum, statt zu sagen, wofür und für wen sie stehen. Es rächte sich, daß man diese Frage nicht im Vorfeld geklärt hatte, obwohl man mit Neuwahlen hätte rechnen können. Die Union war also nicht vorbereitet. Und hätte man diese Frage noch am Abend geklärt, hätte man Schröder die Schau des Staatsmannes, der sich an den Souverän wendet, gestohlen und außerdem verhindert, daß über diese Frage durch Spekulationen und eilige Umfragen Verwirrung ins Unionslager getragen wird. Auch das lag mit Sicherheit in der Absicht des Tandems Schröder-Müntefering. Wie überhaupt das Ziel der Operation Neuwahlen nicht nur die Vermeidung von ideologischen Flügelkämpfen im eigenen Lager war, sondern mehr noch die ungelösten personellen und inhaltlichen Fragen beim politischen Gegner aufzuwirbeln und somit Verwirrung, im besten Fall sogar Zwist zu erzeugen.

Diese Gefahr besteht noch. Denn die inhaltlichen Fragen im Bereich der Gesundheit und der Steuerreform sind noch nicht definitiv in Programmform gegossen und ganz zu schweigen von der Familienpolitik, bei der man überhaupt keine Alternative zu Rot-Grün ausmachen kann. Allein im Bereich der Arbeitsmarktpolitik liegen einige konkrete Absichten vor: Kündigungsschutz lockern, Flächentarifvertrag aufheben, bürokratische Hemmnisse abbauen. Je schneller die programmatischen Fragen gelöst werden, um so besser wird der Wahlkampf laufen. Viel Zeit bleibt der Union dafür aber nicht. Die in den Artikeln 68 und 39 des Grundgesetzes vorgegebenen Fristen lassen erkennen, daß die Wahl etwa Mitte September stattfinden kann. Der Beginn der heißen Phase des Wahlkampfs würde in den bevölkerungsreichen Unionsländern wie Bayern und Baden-Württemberg noch in die Schulferien fallen, eine geringere Mobilisierung wäre die Folge. Auch damit haben Schröder und Müntefering sicher gerechnet. Ihr Ziel kann nur sein, die SPD weiterhin an der Macht teilhaben zu lassen. Je schwächer die Union aus den Neuwahlen hervorgeht, um so größer wird die Chance für die SPD, dieses Ziel in einer großen Koalition noch zu erreichen. Das um so mehr, wenn es gelingt, mit einem harten ideologischen Wahlkampf und dem Schüren von Angst vor einem Heuschrecken-Staat auch die FDP an die Wand zu spielen. Die Liberalen werden im Wahlkampf mit den Heuschrecken-Symbolen identifiziert werden. Es ist nicht selbstverständlich, daß die FDP die Fünf-Prozent-Hürde nimmt.

Sicher allerdings ist, daß die Grünen seit Sonntagabend ein Auslaufmodell sind. Denn selbst wenn Schröder es noch einmal schaffen und die Wahl im September gewinnen sollte, es würde an der Gesamtkonstellation nichts ändern. Die Konfrontation zwischen Bundestag und Bundesrat würde nicht aufgehoben, die Stagnation bekäme nur eine neue Frist. Eine große Koalition aber zwänge zur Kooperation. Mit anderen Worten: Die harten Reformen mit spürbaren Einschnitten bei Rente, Pflege, Gesundheit würden nicht mehr nur der SPD angelastet. Ziel des Duos Schröder-Müntefering ist jetzt die große Koalition, nicht die Rettung von Rot-Grün. Das werden die Grünen im Wahlkampf merken. Wenn die Union nicht bald aufwacht und eine deutliche programmatische Alternative für die Zukunft präsentiert, ist dieses Ziel des Fürsten im Kanzleramt gar nicht so abwegig und dann läuft sie genau in diese Falle. Trotz des großen und schon fast vergessenen Wahlsiegs in NRW. J. Liminski


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren