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04.06.05 / Gegen Preußen hat er verloren / Nur in der Nacht gut anzuschauen: Behnischs neue Akademie der Künste

© Preußische Allgemeine Zeitung / 04. Juni 2005

Gegen Preußen hat er verloren
Nur in der Nacht gut anzuschauen: Behnischs neue Akademie der Künste
von Thorsten Hinz

Der Bundespräsident war da am 21. Mai und auch der Kanzler, nur Berlins Regierender Bürgermeister fehlte demonstrativ. Statt zur offiziellen Eröffnung der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Künste ging Klaus Wowereit ins Olympiastadion, um sich das Bundesligaspiel von Hertha BSC anzusehen. Wenigstens hier war er der Ranghöchste und damit seine Eitelkeit befriedigt. Doch den Fußballern bekam Wowereits Anwesenheit schlecht. Sie schafften nur ein Unentschieden und verfehlten die Uefa-Champions League.

Doch zurück zum Neubau der Akademie der Künste an Berlins Pariser Platz. Architekt Günter Behnisch hatte auf einem Gebäude mit Glasfassade bestanden, als Kontrastprogramm zu den eigentlich hier vorgeschriebenen Steinfassaden. Die Auseinandersetzung um Glas oder Stein eskalierte zum Glaubenskampf, in dem sich die vermeintlich aufgeklärten Anhänger einer heiter-transparenten Architektur - die als Erkennungszeichen der in Bonn begründeten neuen deutschen Demokratie gilt - und die Vertreter des angeblich steinern-autoritären Preußen gegenüberstanden. Und nun? Vergleicht man die Akademie mit den neoklassizistischen Neubauten zu beiden Seiten des Brandenburger Tors, dann hat Preußen über Bonn ästhetisch klar gesiegt. Behnischs Glasfassade wirkt wie ein schwarzes Loch. Erst wenn das Gebäude im Innern erleuchtet ist und die Raumstrukturen sichtbar werden, wird es zum Blickfang.

Der Eingangsbereich ist die heute offenbar übliche umbaute Leere, eine Mischung aus Sichtbeton, Glas, Metall, Holz, Lichtinstallationen und luftigen Treppenkonstruktionen. Erhaben soll es wirken, aber auch "demokratisch". Das Ergebnis ist nur bedingt praxistauglich. Im Plenarsaal haben lediglich 250 Gäste Platz, weshalb sich die Teilnehmer der Eröffnungsfeier auf mehrere Räume verteilen mußten, wo sie den Ansprachen über Videoschirm lauschen mußten. Das Positive überwiegt aber: Der Gebäudekomplex enthält Ausstellungshallen, eine Bibliothek mit Lesesaal, einen Wintergarten, ein Restaurant, einen auch für Besucher zugänglichen Dachgarten, einen Wandelgang, einen Skulpturengarten und unterm Glasdach einen Clubbereich.

Die Akademie der Künste ist aus der 1696 gegründeten Preußischen Akademie der Wissenschaften hervorgegangen. 200 Jahre lang befand sie sich im Marstall Unter den Linden, bis dort 1902 die Staatsbibliothek errichtet wurde. Die Akademie zog in das umgebaute Arnimsche Palais am Brandenburger Tor. 1937 mußte sie das Palais verlassen, um Platz zu machen für Alberts Speers Generalbaudirektion. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude durch Bomben weitgehend zerstört.

Die Akademie wurde 1949 im Ostteil Berlins neu gegründet, in der Hoffnung, bald in das wiederhergestellte Palais Arnim einziehen zu können. In den 50er Jahren wurden seine Reste jedoch abgerissen, nur die Ateliertrakte blieben erhalten. Dort arbeiteten einige bekannte Bildhauer der DDR, unter anderem Fritz Cremer. In West-Berlin wurde 1954 eine separate Akademie gegründet, die 1960 in einen modernen Zweckbau am Hanseatenweg im Tiergarten zog. 1993 wurden beide Akademien zusammengefügt.

Der Akademie gehören heute 370 Mitglieder in sechs Sektionen (Bildende, Darstellende und Baukunst, Musik, Literatur sowie Film- und Medienkunst) an. Sie verwaltet zahlreiche Künstlernachlässe. In den Depots lagern 6.000 laufende Regalmeter Schrift- und Notenmanuskripte, Drehbücher, Briefwechsel, Tagebücher, 550.000 Fotos, 1.300 Rollen mit Bauplänen usw. Die Bibliothek umfaßt 530.000 Bände, die Kunstsammlungen 60.000 Werke. Auf den abwesenden Bürgermeister anspielend, sagte Akademiepräsident Walter Muschg: "Eines schönen Tages hoffen wir auch diesem Landesherrn einmal ein Spiel zu bieten, in dem er sich erkennt." Vielleicht bei der Gründung einer siebten Sektion für Mode, Frisur und "Lifestyle".


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