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04.06.05 / Spannungsreiche Produktionen / Frank Matthus bietet anspruchsvolles Theater auf dem Festival in Netzeband

© Preußische Allgemeine Zeitung / 04. Juni 2005

Spannungsreiche Produktionen
Frank Matthus bietet anspruchsvolles Theater auf dem Festival in Netzeband

Matthus? Das ist doch der Komponist, der "Erfinder" der Kammeroper Schloß Rheinsberg. Ja, Siegfried Matthus, den kennen die Leser der Preußischen Allgemeinen Zeitung / Das Ostpreußenblatt. Aber Frank Matthus? Sollte das etwa ... Na klar, Frank ist der Sohn von Siegfried Matthus. 1964 in Berlin geboren, besuchte er nach dem Abitur die Hochschule Ernst Busch und studierte Schauspiel. Ein erstes Engagement erhielt er beim Berliner Ensemble, wo er unter anderem in Brechts "Dreigroschenoper" den Moritatensänger spielte. Mit dieser Inszenierung gastierte Matthus auch in Israel und in Südamerika. Schauspiel allein aber reichte dem begabten jungen Mann nicht, und so ließ er sich in der Meisterklasse des Berliner Ensembles auch in Regie ausbilden.

Der Erfolg ließ nicht auf sich warten: Von 1990 bis 1996 war Matthus am Brandenburger Theater als Regisseur und Schauspieler engagiert, zuletzt auch als amtierender Oberspielleiter. Weitere Stationen waren: Schauspieldirektor an den vereinigten Bühnen Gera / Altenburg, Regie von Mozarts "Die Hochzeit des Figaro" in Brandenburg, Inszenierung von Monteverdis "Il ritorno di Ulysse in patria" für die Kammeroper Schloß Rheinsberg, von Donizettis "Lucia di Lammermoor" und Verdis "Rigoletto" für die Canadian Opera Company im kanadischen Toronto. Über 40 Inszenierungen kann der junge Regisseur, der seit 2001 freischaffend arbeitet, für sich verbuchen. Im vergangenen Jahr erhielt er für Arthur Millers "Hexenjagd" den Ersten Inthega-Preis für die beste deutschsprachige Tourneeinszenierung.

Auch das Fernsehen hat den Schauspieler Frank Matthus immer wieder einmal engagiert. So war er in den Serien "Wolffs Revier", "Polizeiruf 110" oder "Liebling Kreuzberg" in Gastrollen zu sehen. Seine besondere Liebe aber gilt ganz offensichtlich dem Theater, für das er unter dem Pseudonym Anton Perrey auch Texte schreibt. Für die Kammeroper Schloß Rheinsberg verfaßte er den Monolog "Iphigenie in Rheinsberg oder Prinz Heinrich inszeniert eine Oper", in dem Angelica Domröse als Regisseurin und als Schauspielerin brillierte. Die Kritik lobte den Text als eine "pointierte, tief lotende Collage". Eine Gemeinschaftsarbeit von Vater und Sohn schließlich ist die Oper "Unendliche Geschichte", für die Frank Matthus unter den Pseudonym Perrey das Libretto nach dem Buch von Michael Ende schuf und Vater Siegfried die Musik komponierte.

Seit 1996 ist das Gründungsmitglied des Theatersommers Netzeband dessen künstlerischer Leiter und fungiert in diesem Jahr erstmals auch als Festivalmanager.

Netzeband - das muß für die Leser in Nord-, West- und Süddeutschland erst einmal erklärt werden - liegt an der Autobahn 24 in der Nähe von Neuruppin. Von Hamburg aus fährt man zwei, von Berlin etwa eine Stunde mit dem Auto. Dort rief das Ehepaar Johanna und Horst Wagenfeld mit anderen Interessierten wie dem Regisseur Frank Matthus sowie dem Bühnenbildner und Regisseur Jürgen Heidenreich 1996 den Theatersommer ins Leben. Durch das Ensemble von neoklassizistischer Kirche, Guts-park und Gutshaus bot es sich an, Theater und Natur miteinander zu verbinden. Es sollte aber nicht das sonst im Freien übliche Mantel- und Degenspektakel auf die Bühne gebracht, sondern ein durchaus anspruchsvoller Theaterabend gestaltet werden. Die Zuschauer sollten das Areal verlassen "in dem Gefühl, ein bißchen ein besserer Mensch zu sein". Vor allem aber Qualität sollte geboten werden. Im ersten Jahr inszenierte Matthus Gorkis "Sommergäste" und ließ das Ensemble von 16 Schauspielern in weißen Kostümen durch die Weite der Landschaft wandeln. Es gelang ihm, die Dichte und Spielspannung eines Kammerspiels auf die Weite eines Freilufttheaters zu übertragen. Ein überwältigender Erfolg war auch Dylan Thomas' "Unter dem Milchwald", für das Jürgen Heidenreich überlebensgroße Puppen schuf, die von den Mitwirkenden während der Aufführung durch den Park geführt wurden. Stücke von Grillparzer, v. Hofmannsthal und Lorca folgten. Ein weiterer Höhepunkt waren 15 Szenenstudien aus Goethes "Faust I", die parallel auf 15 Bühnen im Gutspark verteilt gespielt wurden. Nicht immer gelang es, genügend Menschen für die Inszenierungen zu begeistern. Mit Michael Endes "Ronja Räubertochter" aber brachte Frank Matthus wieder ein Stück zur Aufführung, das ähnlich wie Dylan Thomas' "Milchwald" ein Publikumserfolg wurde.

Auch in diesem Jahr werden den Besucher des Theatersommers Netzeband wieder viele Überraschungen und ungewöhnliche Inszenierungen erwarten. Eröffnet wird das Festival am 2. Juli, 20.30 Uhr, mit der Vorstellung aller Beteiligten und einem Konzert, auf dem Frank Matthus & Friends mit der Olav-Kröger-Band Lieder von Manfred Krug singen. Weitere Informationen und Karten unter Telefon (03 39 24) 7 99 36 und im Internet unter www.theatersommer-netzeband.de . Silke Osman

Frank Matthus: Künstlerischer Leiter des Theatersommers Netzeband, wo auch das Stück von Dylan Thomas "Unter dem Milchwald" aufgeführt wird (oben eine Szene aus dem "Spiel für Stimmen") Fotos (2): Netzeband


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