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04.06.05 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / 04. Juni 2005

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied und Familienfreunde,

nun findet das große Ostpreußentreffen in Berlin auch in unserer Familien-Kolumne seinen Nachhall, und er wird nicht der einzige bleiben. Denn wie heißt es doch in dem Gedicht von der Vergangenheit, die nicht wiederkehrt: "... aber ging es leuchtend nieder, leuchtet's lange noch zurück!" Ja, auch die vielen lieben Worte, die Zeichen der Dankbarkeit, die immer wieder gezeigte Freude darüber, daß es unsere "Ostpreußische Familie" überhaupt gibt, werden noch lange nachleuchten und hier ihren Niederschlag finden. Zumal ich viele Fragen und Wünsche, die an mich direkt gestellt wurden, nicht gleich behandeln konnte, weil das unmöglich war. Diejenigen, die bei diesem Treffen mit der unerwartet hohen Teilnehmerzahl dabei waren, werden das verstehen. Manchmal standen unsere Familienfreunde so dicht gedrängt vor mir an unserem Redaktionsstand, daß ich nicht auf die einzelnen Wünsche so intensiv eingehen konnte, wie ich es gerne gewollt hätte. Hinzu kamen der Hallenlärm und die lauten Durchsagen, so daß man das eigene Wort kaum verstehen konnte und das des Gesprächspartners schon gar nicht. Da blieb nur die Bitte, vor allem, wenn es sich um sehr ausführlich zu schildernde Wünsche handelte: Aufschreiben und an die Redaktion senden! Und so wird also dieses Treffen noch lange bei uns nachklingen.

Aber nicht nur was die neuen Fragen betrifft, sondern auch die Reaktionen auf die veröffentlichten Wünsche. Da konnte ich so manches Positive erfahren, was mir bis dahin nicht mitgeteilt worden war. Eines hat sich vor allem bestätigt, nämlich, daß unsere Ostpreußische Familie zu einem festen Bindeglied geworden ist. Denn es haben sich nicht nur Verwandte und alte Bekannte gefunden, sondern sich auch neue Freundschaften ergeben, die sogar zum Beweis vorgeführt wurden. Es war für mich ein unbeschreibliches Gefühl zu spüren, wie unsere "Ostpreußische Familie" lebt. Dafür sage ich allen Teilnehmern, die zu uns kamen, meinen innigsten Dank, den ich manchmal wegen der geschilderten Umstände nicht so herzlich aussprechen konnte, wie ich es wollte.

Trotz der schwierigen Umstände füllte sich aber doch die bereitgelegte Mappe mit den an Ort und Stelle abgegebenen Wünschen immer mehr, und so will ich sie aufschlagen, um mein Versprechen für eine baldige Veröffentlichung zu halten.

Und jetzt mache ich es mir zu Beginn leicht und wähle die Wünsche von Doris Schülke aus Berlin, weil sie diese mir so sorgfältig aufnotiert mitgebracht hatte. Frau Schülke ist eine geborene Donner und stammt aus Kuckerneese, wo die Familie von 1938 bis 1944 am Deich wohnte. Sie sucht ihren ehemaligen Schulkameraden Wolfgang Braun, * 1936, mit dem sie von 1942 bis 1944 in Kuckerneese zur Schule ging. Es wäre schön, wenn sie von ihm und diesen unbeschwerten Kinderjahren etwas hören würde. Die endeten dann mit der Flucht, die sie nach Gotenhafen und von dort mit der "Antonio Delphino" über See nach Dänemark führte. Dort lebte die damals achtjährige Doris von März 1945 bis November 1947 mit der sieben Jahre jüngeren Schwester Gisela und ihrer Mutter Ilse Donner, * 1905, im Flüchtlingslager Aalborg, Baracke 19, Zimmer 22. Frau Schülke erinnert sich noch heute an ehemalige Schicksalsgefährten wie die Familie Helga und Wolfgang Schmidt mit Tochter Dorothea, an die Familie Reich mit ihren sechs Kindern, Jahrgang 1932 bis 1940, und an Gertraud Lemke, * 1937. Sie sagt: "Jede Erinnerung an die Zeit in Dänemark ist für mich ein Stück Vergangenheitsbewältigung und deshalb möchte ich mich mit den Menschen, die das im Lager Erlebte bis heute bewahrt haben, gerne austauschen!" Was ja nun hoffentlich möglich wird! (Doris Schülke, Wetzlarer Straße 8 in 14197 Berlin, Telefon 0 30 / 82 70 22 77, Fax 0 30 / 82 70 22 79.)

Hier schließe ich den Buchwunsch einer Leserin an: Sie sucht das Buch "Erlebt - überlebt" von Dr. Wagner, das die Flüchtlingslager in Dänemark und das Schicksal der dort internierten Vertriebenen behandelt. (Elli Lemke, Auf dem Schilk 6 in 58675 Hemer, Telefon 0 23 72 / 1 29 93.)

Den Wunsch eines in Litauen lebenden Landsmannes überreichte mir die Dolmetscherin für die litauische Sprache Virginija Conrad aus Berlin. Es handelt sich bei dem heute 60jährigen Walter (Valteris) Spiegis nicht um ein sogenanntes "Wolfskind", denn er lebt in seiner memelländischen Geburtsheimat und kann mit genauen Daten und Fakten aufwarten, aber ihm fehlt die Verbindung zu seinen in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Verwandten. Die Familie Spiegis wohnte vor dem Krieg in Schreitlauken bei Pogegen, Kreis Tilsit-Ragnit. Sein Vater hieß Ludwig, die Mutter Erna Frida Emma Spiegis. Mit anderen Landsleuten floh die Familie Ende 1944 vor der vorrückenden Front und kam auch bis zur Oder. Dort wurde in dem Ort Einshof am 23. Dezember 1944 der Sohn Walter geboren und von einem Pfarrer getauft. Schon einen Tag später floh die Familie weiter, kehrte aber nach Kriegsende 1945 in die Heimat zurück. Die Familie lebte nun in Rapkojai bei Pogegen. Heute wohnt Walter in Kalnujai. Er ist sehr krank, hat Krebs, leidet unter einem schweren Schicksal, das auch durch den Tod seiner drei Söhne, die alle verunglückten, mitbestimmt wird. Er weiß, daß er in der Bundesrepublik Deutschland Verwandte hatte oder hat, denn eine Schwester seines Vaters, Mary Paulat, schrieb nach dem Krieg an die wieder in der Heimat lebende Familie einen Brief. Lebt diese Schwester noch, hat sie Nachkommen, gibt es noch weitere Verwandte der Familie Spiegis aus Schreitlauken? Der Suchende würde sich über jede Nachricht sehr freuen. Meldungen entweder an die Adresse von Valteris Spiegis, Dobrasciu km, LT - 44008 Kalnujai, Litauen, oder an die Dolmetscherin, die gerne die Briefe weiterleitet. (Virginija Conrad, Alt-Moabit 49 in 10555 Berlin, Telefon 0 30 / 3 92 93 11, Fax 0 30 / 3 92 93 12.)

In die Republik Litauen führt auch der Suchwunsch von Herta Tuschewitzki aus Kempen, den sie mir in Berlin übergab. Sie hat ihn so knapp und verständlich formuliert, daß ich ihn wörtlich bringen kann: "Ich suche meine Cousine Gerda Schnittkus, * 5. Dezember 1930 in Königsberg. Nach der Ausbombung ging sie mit ihrer Mutter zu meiner Tante nach Damerau. Auf der Flucht wurden sie vom Russen eingeholt. Dann begann die Hölle, ihre Mutter starb. Gerda ging mit der Tante dann oft nach Litauen, um nach Eßbarem zu betteln. Seit solch einer Tour im Jahre 1946 ist sie verschollen. Wiederholt habe ich nach Litauen geschrieben, aber nie eine Antwort erhalten. Sie sind nun meine letzte Hoffnung!" Ja, wollen wir uns dieser anschließen. Vielleicht blieb die Gesuchte in Litauen, vielleicht ist sie dort verstorben, vielleicht wurde sie ausgewiesen - Fragezeichen über Fragezeichen. Bleibt zu hoffen, daß wir bald ein Ausrufungszeichen setzen können! (Herta Tuschewitzki, Marienburgstraße 6 in 47906 Kempen.)

Mit meinem Landsmann Gustav-Adolf Todtenhaupt fiel die Verständigung über den Tresen wegen des Lärms etwas schwer, aber soviel konnte ich verstehen, daß er ehemalige Nachbarn, Freunde und Bekannte aus Königsberg-Lauth sucht. Das östlich von Königsberg gelegene Dorf wurde 1939 eingemeindet. Herr Todtenhaupt hat schon auf vielen Treffen nach Bekannten gesucht, jetzt auch in Berlin - aber leider ohne Erfolg. Nun setzt er auf unsere Familie. Also, liebe Lauther: Wer erinnert sich noch an die Familie Todtenhaupt? (Zuschriften an Gustav-Adolf Todtenhaupt, Gartenweg 14 in 39340 Haldensleben, Telefon 0 39 04 / 4 38 29.)

Bleiben wir in Königsberg. Klaus Krause hat auf seinen Heimatreisen bisher vergeblich nach dem Grab seines Vaters gesucht. Walter Krause verstarb im Februar 1945 im Lazarett, das im Königsberger Hauptbahnhof eingerichtet worden war. Die Toten dieses Lazaretts sollen auf dem Friedhof der Luther-Kirche beigesetzt worden sein. Kann jemand Näheres über den Friedhof - vor dem Friedländer Tor? - und über die Gräber der in dem Lazarett Verstorbenen sagen? (Klaus Krause, Haldenweg 43 in 73249 Wernau.)

Gleich noch einmal die Luther-Kirche: Von dieser am Viehmarkt gelegenen, später völlig zerstörten Kirche werden Fotos gesucht wie auch von der Haberberger Kirche. Diese Wünsche meines Königsberger Landsmannes Armin Thiel werden ja zu erfüllen sein, schwieriger dann schon der dritte nach der "Ostpreußenhalle", die damals die größte aus Holz gebaute Halle Europas gewesen sein soll. Es dürfte sich um die 1938 erbaute KdF-Festhalle handeln, die bestuhlt 6.000 Personen fassen konnte. Sie lag in de Nähe der Jugendherberge auf dem ehemaligen Bastionsgelände am Hauptbahnhof. (Armin Thiel, Raubank 70 in 24217 Schönberg.)

Und nun eine ganz, ganz dringende Bitte des jungen Architekten Wulf Wagner, der unseren Lesern und Seminarteilnehmern durch seine großartigen Dokumentationen über ostpreußische Gutshäuser und Schlösser bekannt ist und gerade seine Dissertation über das Königsberger Schloß beendet hat. Er benötigt für sein neues Buch Aufnahmen von folgenden Gutshäusern aus dem Kreis Heiligenbeil: Bilshöfen, Pannwitz, Ober- und Unter Ecker, Henneberg, Bombitten, Bomben und Bükühnen. Bislang hat er vergeblich gesucht, aber nach seinem kurzen Gespräch mit mir schöpft er doch wieder etwas Hoffnung. Landslied utem Kreis Heiligenbeil, helpt em! (Wulf Wagner, Wittstocker Straße 8 in 10553 Berlin.)

Ebenfalls für eine Dokumentation werden Aufnahmen von Flüchtlingsunterkünften benötigt. Frau Prof. Margit Eschenbach, Studienbereichsleiterin Film / Video an der Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich, wandte sich mit dieser Bitte an mich, denn sie besitzt kaum Fotos von Notunterkünften für die Vertriebenen. Wir haben zwar nie vergessen, wie wir gehaust haben, doch wer hat schon damals fotografiert? Wir waren nur froh, wenn wir irgendwo eine trockene Lagerstatt fanden, auch in leeren Ställen und Scheunen. Es kann aber doch sein, daß Aufnahmen von Flüchtlingslagern, die von offiziellen und privaten Hilfsorganisationen errichtet wurden, existieren. (Frau Prof. Margit Eschenbach, Hochschule für Kunst und Gestaltung Zürich, Limmatstraße 65, Postfach, CH-8031 Zürich. Privat: Turnersteig 3, CH 8006 Zürich, Telefon / Fax 41 / 1 / 3 64 06 44.)

Und nun noch zwei Buchwünsche: Roman "Die Salzburgerin", gesucht von H. Oppermann, Mühlenweg 40 in 51371 Leverkusen. / "Die Harmonie der Farben", Band III. (Tafelband) von Prof. Dr. Wilhelm Ostwald, gewünscht von Renate Fehling, Auf der Heidekaul 3 in 50997 Köln.)

So, das war's frisch vom Tisch vom Deutschlandtreffen.

Eure Ruth Geede

Freunde treffen: Nicht immer ist es so einfach wie auf dem Deutschlandtreffen, alte Bekannte und Freunde zu treffen. Bei vielen haben sich die Spuren seit der Flucht aus der Heimat verloren. Hier versucht die Ostpreußische Familie zu helfen. Ruth Geede, die Mutter der Ostpreußischen Familie (siehe Foto oben), nahm beim Deutschlandtreffen in Berlin am Stand der Preußischen Allgemeinen Zeitung zahlreiche Suchwünsche entgegen, die sie nun im Laufe der nächsten Woche den Lesern vorstellt. Vielleicht finden sich aufgrund dieser Anfragen ja alte Bekannte und Freunde nach über 60 Jahren doch noch wieder.

Fotos: Bellano (1), Pawlik (2), Osman (1)


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