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18.06.05 / Brüh im Glanze . . . / Wilfried Böhm über richtiges und falsches Singen der Nationalhymne

© Preußische Allgemeine Zeitung / 18. Juni 2005

Gedanken zur Zeit:
Brüh im Glanze . . .
Wilfried Böhm über richtiges und falsches Singen der Nationalhymne

Das Singen der Nationalhymne sollte Pflichtstoff in der Schule sein! Es darf nicht sein, daß jemand die Schule verläßt, ohne die Hymne singen zu können", forderte Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU), nachdem "Popstar" Sarah Connor bei der Eröffnung des neuen Allianz-Stadions in München vor 66.000 Zuschauern die deutsche Nationalhymne im Text verunstaltet und auch "melodisch stark interpretiert" hatte. Der Präsident des Lehrerverbandes Josef Kraus stellte fest, die Hymne würde "höchstens einmal vorgespielt, aber nicht mehr gesungen". Er könne sich an keine einzige Schulveranstaltung mit der Nationalhymne erinnern. Welche Folgerungen er daraus bisher gezogen hat, verriet der oberste Lehrer allerdings nicht. Klar, wer als Schüler die Hymne nicht gelernt und gesungen hat, wird sie auch später nicht mitsingen, sondern sie sich bestenfalls von einer dafür engagierten Hymnensängerin anhören. Die Nationalhymne nicht mitzusingen, sondern sie solo vorsingen oder als Kammermusik vorspielen zu lassen wird in Deutschland nach amerikanischem Vorbild mehr und mehr üblich - bis hin zum Deutschen Bundestag.

Was war in München geschehen? Sarah Connor leistete sich, gewollt oder ungewollt, vor dem Eröffnungsspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gegen die Elf des 1. FC Bayern den "größten Sing-Unfall der deutschen Fußballgeschichte", wie in der Musikszene gehöhnt wird. Beim Singen der Hymne "Einigkeit und Recht und Freiheit" brachte sie statt "Blüh im Glanze dieses Glückes" den Text "Brüh im Lichte dieses Glückes" über ihre Lippen. Diese falsche Fassung werde "ein Hit werden", als "Gaudi-Song in Bierzelten", mutmaßte Bild in seiner "Post von Wagner" und philosophierte: "Unsere Nationalhymne ist so heilig oder unheilig wie die Erkennungsmelodie der Sesamstraße ... Mir wurde Patriotismus und Stolz auf Deutschland als Kind ausgetrieben. Ich lernte nie, Fahne oder das Lied zu lieben." So werde Sarahs falscher Text zu einer "ernsten Debatte".

Wo es um ernste Angelegenheiten geht, darf Komiker Stefan Raab nicht fehlen, und prompt kreierte er einen neuen Text zur Nationalhymne. Raab, seit März 2005 geschmückt mit dem Adolf-Grimme-Preis, also dem wichtigsten deutschen Medienpreis, den er für "frisches Fernsehen auf der Höhe der Zeit" erhielt, stürzte sich in geistige Unkosten und ulkte: "Kleinigkeit und Hecht und Freizeit, spür das feuchte Waterkant - damals hast Du Kalle eben fürchterlich mit Kerz verbrannt."

Sofort verlangte der CSU-Rechtsexperte im Bundestag Norbert Geis, für Blödel-Raab müsse es eine Strafe geben. Die Staatsanwaltschaft solle ein Ermittlungsverfahren wegen Verunglimpfung der Nationalhymne einleiten: "Der Staat darf sich nicht jeden Blödsinn gefallen lassen." Raab schwieg dazu. Vor kurzem erst hatte sich "TV total" (PRO 7) entschuldigen müssen, weil der Moderator Raab die Opfer des britischen Terrorangriffs auf Dresden im Februar 1945 verhöhnt hatte. Unter dem Motto: "Fünf Dinge, warum Sachsen so toll ist" hatte es bei Raab zu Dokumentaraufnahmen von britischen Bomberverbänden bei diesem Angriff geheißen, in einer Nacht seien sogar mal 1.000 Touri-Briten mit ihren Flugzeugen gekommen. Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) empörte sich zu Recht: "Kein Dresdner, kein Sachse und kein Deutscher hat für diese bodenlose Geschmacklosigkeit Verständnis".

Ganz im Stil der deutschen Entschuldigungsgesellschaft meinte Sarah Connor zu ihrem Münchner Auftritt: "Es tut mir leid, wenn ich irgend jemanden enttäuscht habe." Sie selbst ärgere sich am meisten darüber. Der Auftritt vor 66.000 Menschen sei "eine große Ehre und einzigartige Erfahrung gewesen". Der Deutsche Fußball-Bund beschloß indes, es mit der 24jährigen Popsängerin noch einmal zu versuchen: Sarah wird am 12. Oktober dieses Jahres in Hamburg beim Länderspiel gegen China singen unter der grundsätzlichen Bedingung, daß es wichtig sei, "die Nationalhymne klassisch vorzutragen".

"Ich fühle mich wirklich sehr geehrt," sagte die dankbare Sarah zu Bild, "und ich finde es rührend, daß man mich noch einmal einlädt, die deutsche Hymne zu singen, und mir damit eine zweite Chance gibt." Für weitere Aufmerksamkeit der Medien ist jedenfalls gesorgt, und ihre Manager dürften darüber nicht gerade traurig sein. Früher schon hatte sie erklärt: "Musik ist die treibende Kraft. Damit möchte ich nie aufhören"...


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