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18.06.05 / Motetten, Märsche und moderne Klänge / Oskar Gottlieb Blarr würdigt in einer Revue im Düsseldorfer Gerhart-Hauptmann-Haus die Musikstadt Königsberg

© Preußische Allgemeine Zeitung / 18. Juni 2005

Motetten, Märsche und moderne Klänge
Oskar Gottlieb Blarr würdigt in einer Revue im Düsseldorfer Gerhart-Hauptmann-Haus die Musikstadt Königsberg

In diesem Jahr wird nicht nur des Kriegsendes vor 60 Jahren gedacht, sondern auch der Gründung der Stadt Königsberg vor 750 Jahren. Unter den Gedenkveranstaltungen ist eine besonders hervorzuheben, nähert sie sich doch der Geschichte Königsbergs von einer ungewöhnlichen Seite: Oskar Gottlieb Blarr, Hochschullehrer und Komponist aus Bartenstein, stellt in einer Revue mit Tondokumenten, Bildern und Texten die Musikstadt Königsberg vor. Blarr wurde 1934 in Bartenstein geboren und hat als Kind die berühmten Orgeln im Dom und in der Schloßkirche gesehen. Nach dem Zweiten Weltkrieg besuchte der Kulturpreisträger der Landsmannschaft Ostpreußen mehrmals Königsberg und konzertierte dort im Dom und in der Philharmonie. Seine Kant-Sinfonie wurde im Juni 2004 von der Philharmonie Kaliningrad unter Leitung ihres Chefdirigenten Arkadi Feldman zum ersten Mal gespielt. Motetten, Märsche und moderne Klänge sind am Dienstag, 21. Juni, 19 Uhr, in der Stiftung Gerhart-Hautpmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf zu hören (Raum 412).

Die ältesten Nachrichten über Musik in Ostpreußen finden sich bei Peter von Dusburg, einem Bruder des Deutschen Ritterordens, in seiner "Chronica terra prussiae" von 1326. Wenig später beginnt die Blüte des ostpreußischen Orgelbaus. Mit Einführung der Reformation halten der geistliche Volksgesang Einzug und die Motettenkunst, die mit Johann Kugelmann beginnt und so große Meister hervorbringt wie Johann Eccard und Johannes Stobäus. Der Dom, die Universität und das Schloß sind die Zentren der Musikpflege; um 1560 residiert dort als weitgereister Virtuose der Lautenspieler und Komponist Valentin Bakfark. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts beginnt in Königsberg die Geschichte des Solo-Liedes, die mit dem Künstlerbund und der "Kürbishütte" - Simon Dach und Heinrich Albert - verbunden ist.

Das 18. Jahrhundert bringt neben preußischer Militärmusik (von Immanuel Kant geschätzt) eine hohe Kultur in die Handels- und Adelshäuser. Das Haus Keyserling gilt als Musenhof, zu dem unter dem Patronat der Gräfin Charlotte von Keyserling die jungen Musiktalente Johann Podbielski, Carl Gottlieb Richter, E. T. A. Hoffmann und Johann Friedrich Reichardt gehören.

Schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts ist die Oper etabliert und bürgerliche Konzertgesellschaften sowie Chorvereine pflegen den Austausch mit Danzig, Riga und Berlin. Der Königsberger Otto Nicolai macht sich mit der Oper "Die lustigen Weiber von Windsor" einen Namen.

Das junge Musikgenie Richard Wagner beginnt als Operndirigent in Königsberg. Fast alle gen St. Petersburg reisenden Virtuosen machen in Königsberg Station: Clara und Robert Schumann, Franz Liszt, später Max Reger und Richard Strauss.

Mit Einrichtung des Ostlandfunks um 1925 als östlichste deutsche Radiostation kommt der Neuen Musik eine besondere Rolle zu. Es entsteht eine Gesellschaft für zeitgenössische Tonkunst mit Hermann Scherchen als Stardirigent. Der Königsberger Ernst Maschke schreibt in diesen Jahren die Oper "Der Dorfheilige"; Schönberg, Bartòk, Strawinsky und Hindemith werden hier kaum später als in Berlin aufgeführt, und der Königsberger Heinz Tiessen beginnt seine Komponistenkarriere. Königsberg ist auch ein Zentrum jüdischer Synagogalmusik: Der Kantor und Komponist Eduard Birnbaum (1855-1920) schreibt für die große Synagoge neue Zyklen liturgischer Musik.

Nach dem Zusammenbruch 1945 hat sich in Königsberg ein kontinuierliches Musikleben entwickelt. Die alte Kirche "Heilige Familie" wurde zur Philharmonie umfunktioniert, ein Symphonieorchester gegründet. Zur Zeit werden Pläne gemacht, die ehemals weltberühmt und im August 1944 untergegangene Mosengel-Orgel von 1720 in alter Schönheit wieder auferstehen zu lassen. WOJ


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