24.04.2024

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09.07.05 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / 09. Juli 2005

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied und Familienfreunde,

es ist nun wirklich an der Zeit, wieder einmal eine Erfolgsbilanz zu ziehen, die vor allem nach dem Deutschlandtreffen so zahlreich eingegangenen Suchfragen hatten Vorrang. Aber ich habe fleißig Dankesbriefe und Zwischenberichte gesammelt und kann sie nun endlich weiterleiten an diejenigen, denen wir die Erfolge zu verdanken haben: an unsere immer hilfsbereite Leserschaft. Die aber auch manchmal mit erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, die wir nicht verschweigen dürfen.

So will ich zuerst auf das Schreiben unseres Lesers Volker Neumann aus Warstein eingehen, der sich zu allen Einträgen in unserer Familienkolumne Gedanken macht und versucht, brauchbare Hinweise zu geben. Auch zu der in Folge 16 veröffentlichten Suchmeldung von Werner Gebhardt nach der ehemaligen Marine-Nachrichtenhelferin Hildegard Sambel. Er hatte die Anschriften von drei vermutlichen Informationsquellen herausgesucht und wollte diese dem Suchenden telefonisch mitteilen, dabei geriet er leider irrtümlich an die Telefonnummer eines Namensvetters. Es meldete sich eine Frau, die kategorisch alle von Herrn Neumann gemachten Angaben verneinte - und dies in einem Ton, der ihm die Sprache verschlug: nein - ihr Mann sei nie bei der Marine gewesen und er hätte auch nicht an diese "komische Zeitung" geschrieben. "Verehrte Frau Geede, Sie können wohl nachvollziehen, wie mir der Kamm schwoll und heute noch steht", schreibt Her Neumann. "Ich hatte den Eindruck, daß diese Frau gegenüber unserer ostpreußischen Volksgruppe geradezu feindlich eingestellt ist. Das bleibt eine Zeitlang haften, einschließlich der Beleidigung, die man nicht verstehen kann." Lieber Herr Neumann, ich hoffe, daß Sie inzwischen diese böse Enttäuschung überwunden haben - glauben Sie mir, auch ich habe im Laufe meiner langen Arbeit schon Ähnliches erlebt. Und andere Landsleute finden auch im eigenen Umfeld, ja, im Familienkreis Unverständnis oder sogar offene Ablehnung gegen ihre Bemühungen, Licht in das Dunkel der Vertreibung zu bringen.

Und das gelingt immer wieder, wie mir unsere Leserin Felicitas Dreyer mitteilen konnte. Seit Kriegsende hatte sie sich bemüht, etwas über das Schicksal ihres Vaters zu erfahren, der am 10. April 1945 in russische Gefangenschaft gekommen war. Kollegen von ihm, die Frau Dreyer damals in einem russischen Lazarett betreute, hatten gemeint, er sei tot - das war aber auch alles. Frau Dreyer forschte bei allen offiziellen Suchstellen immer wieder - nichts! Da las sie vor kurzem unseren Hinweis auf den Kirchlichen Suchdienst in Stuttgart und schrieb dorthin. Und siehe da: Ihr wurde mitgeteilt, daß ihr Vater am 15. April 1945 auf der Schichau-Werft in Königsberg verstorben sei. Es wurde auch der Name des Informanten angegeben. Es muß ein Kollege ihres Vaters gewesen sein, denn er hatte auch die Anschrift der Familie des Verstorbenen angegeben, die aber nie diese Nachricht erreicht hat. Frau Dreyer war immer der Meinung gewesen, daß es die Schichau-Werft nur in Elbing gegeben hätte, und in deren Listen war ihr Vater nicht geführt worden. In Königsberg war nach der Weltwirtschaftskrise 1930 ein Teil der Unionsgießerei von der Schichau-Werft übernommen worden. Frau Dreyer schreibt: "Ist es nicht ein Wunder, wenn man 60 Jahre nach Kriegsende solch eine klärende Mitteilung erhält? Ich wollte doch nichts unversucht lassen!" Ja, wir verstehen gut, daß die endgültige Gewißheit über den Tod ihres Vaters für Frau Dreyer beruhigend ist. Aber andere begreifen es nicht, wie sie erfahren mußte. Aus dem engsten Familienkreis bekam sie zu hören: "Na, was hast du nun davon?" Ja, auch das gibt es!

Und auch Dorothea Jansen aus Bochum ist froh, daß sie endlich noch einige Mosaiksteinchen in das Lebensbild ihres Onkels Walter Jansen einfügen kann. Da klafften noch immer Lücken in den letzten Lebenswochen des am 6. April 1945 in Königsberg-Ponarth gefallenen Wehrmachtsangehörigen. Frau Jansen war jetzt mit dem Volksbund nach Königsberg gefahren, um Aufklärung zu finden. Aber die kam erst nach dem Rat einer mitreisenden Leserin, sich an unsere Ostpreußische Familie zu wenden. Und tatsächlich erhielt Frau Jansen nach der Veröffentlichung ihres Anliegens einen Brief, in dem die Schreiberin ihr mitteilte, daß ihr Mann derselben Einheit angehört hatte wie Walter Jansen und auch am 6. April gefallen war. Diese Dame erhielt die authentische Nachricht bereits im Jahr 1948, während die Großmutter von Frau Jansen erst 1961 erfuhr, wann und wo ihr Sohn gefallen war. Diese Mitteilung war dem Kompaniechef zu verdanken, der noch im April als Verwundeter Königsberg verlassen konnte - mit der Namensliste der bis dahin Gefallenen seiner Einheit. Er übersandte der Witwe auch einen ausführlichen Bericht über die letzten Kampfwochen, den sie nun ihrem Schreiben beilegte und in dem Frau Jansen viele Stellen fand, die ihr halfen, die letzten Lebenstage ihres Onkels aufzuhellen, womit "das höchst Unwahrscheinliche Wirklichkeit wurde", wie sie schreibt. Der Dank der Rheinländerin gilt unserer Ostpreußischen Familie - und meiner der Leserin, die so schnell geholfen hat!

Auch Elli Lemke ist froh, denn sie hat das gewünschte Buch "Erlebt und überlebt", geschrieben von dem Lagerarzt Dr. Wagner im dänischen Öksböl, gleich zweimal bekommen. Ein Exemplar behielt sie, hat es inzwischen gelesen und ist froh darüber, daß es ihrer Vorstellung als Ergänzung ihrer Erinnerung an die dänische Lagerzeit entspricht. Das zweite Buch konnte sie weiter vermitteln, und so ist nun auch bei einer Ostpreußin in Dortmund die Freude groß.

Bekanntlich bekommt ja in unserer Ostpreußischen Familie fast jeder Suchwunsch Kinder. Und so bin ich auch froh, daß ich einige Gedichte, die gesucht und gefunden wurden, nun auch meinem Archiv einverleiben kann. So bin ich gerüstet, wenn wieder einmal nach dem Lied "Am Rande eines Dörfeleins, da steht ein kleines Haus ..." gefragt wird. Manfred Heins, der es suchte, hat die Reaktionen auf seinen Wunsch akribisch notiert und aus den verschiedenen Versionen, die ihm telefonisch und brieflich übermittelt wurden, die Fassung zusammengestellt, die ihm vom Musikunterricht vertraut war. Ein Leser hat das Lied auf Band gesungen. Trotz mehrfachen Anrufer bei der angegebenen Telefonnummer (Ulm?) kam leider kein Kontakt zustande. So übermittele ich auf diesem Wege den Dank von Herrn Heins aus Elmshorn.

Und auch Gertrud Bartolain hat alle drei gewünschten Gedichte, die sie erhielt, für mich extra abgeschrieben, so richtig in schöner Schulschrift - wofür ich sehr dankbar bin, denn was ich manchmal an handgeschriebenen Briefen erhalte, ist kaum leserlich. Übrigens auch mit der Maschine geschriebene, da ist dann das Farbband schon so schwach, daß ich den Brief mit vollster Farbstärke kopieren muß, damit ich ihn einigermaßen entziffern kann. - Ach so, die Gedichte: das sind "Die beiden Pflüge", die "Sturmnacht" ( Hei, wie der Wind im Schornstein geigt ...) und "Kartoffelernte" von Adolf Holst. Frau Bartolain schreibt dazu: "Kaum war mein Wunsch erschienen, bekam ich mehrere Anrufe von Landsleuten, die meine gesuchten Gedichte in alten Gedichtbänden und Lesebüchern fanden. Es ist doch erstaunlich, welche Schätze die Ostpreußen aufbewahren! Die Ostpreußische Familie hat nun auch mir geholfen. Ich hoffe, daß sie noch lange lebt!" Das hoffe ich auch, liebe Frau Bartolain.

Ein netter Dankesbrief kam auch von Armin Thiel, der nach Aufnahmen von der Lutherkirche, der Haberberger Kirche und der Ostpreußenhalle in Königsberg gefragt hatte. Er bekam sechs Zuschriften mit Bildern und Fotokopien, über die Herr Thiel sich sehr gefreut hat, denn nun kann er seine Familienchronik vervollständigen.

"Auf alle Fälle schreibe ich auch an Sie ...", so beginnt die Nachricht von Prof. Dr. Hans-Joachim Newiger aus Bielefeld, mit der er wichtige Hinweise zu der Familie Rohrmoser, Rittergut Fünflinden, gibt, nach der Uwe Lapsien gefragt hatte. Die Familie hat den Krieg vollständig überlebt, das weiß der Schreiber deshalb so genau, weil er mit den Rohrmosers ziemlich nahe verwandt ist. Er konnte deshalb sehr konkrete Angaben machen, und ich hoffe, daß Herr Lapsien darüber sehr erfreut ist. Ich bin jedenfalls Herrn Professor Newiger dankbar, daß ich auch eine Information bekommen habe. So weiß ich doch, daß viele Dinge im Laufen sind. Aber immer müssen zuerst die Suchenden direkt benachrichtigt werden, da der Umweg über mich zu Verzögerungen führen kann. Nur, wenn bei der Veröffentlichung keine Anschrift angegeben wurde, an unsere Redaktionsadresse schreiben.

Und nun zu einem höchst interessanten Thema, das zwar nichts mit Ostpreußen zu tun hat, aber von einem Landsmann vorgebracht wurde. Erinnern Sie sich an die Sache mit dem Gobelin, den Alfred Grossmann aus Kamen-Methler in der Pionierkaserne von Chatem bei London entdeckte? Er zeigt das Deutsche Reich in den alten Grenzen mit vier Städtewappen und NS-Symbolen. Der Wandteppich wurde nach Angaben des Offiziers, der die deutsche Reisegruppe betreute, nach dem Zusammenbruch in einem Berliner Keller gefunden. Man wüßte in Chatem nun gerne, wo sich dieser Wandteppich ursprünglich befunden hat, und würde ihn - so erwähnte der Betreuer - auch zurückgeben. Zuerst gab es keine Resonanz - bei anderen Fragen war Herr Grossmann erfolgreicher. Nun, das Problem ist ja nicht gerade weltbewegend, aber es erwies sich als weltweit, denn es kam doch noch ein Hinweis - aus Australien! Dort lebt unser Landsmann Rüdiger Sakuth - 1939 in Tilsit geboren, 1963 nach Australien ausgewandert, 23 Jahre in Papua Neugineau gelebt, heute in Tamborine, Queensland, wohnhaft -, und der gab Herrn Grossmann und mir einen interessanten Hinweis: der Gobelin könnte aus der 1939 fertiggestellten Neuen Reichskanzlei stammen. Er verweist auf Albert Speer, der in seinen "Erinnerungen" über den Bau schreibt: "Die längsten Lieferfristen hatten beispielsweise die großen, handgeknüpften Teppiche für mehrere große Säle. Ich legte sie in Farbe und Form fest, bevor ich wußte, wie die Räume aussehen sollten, für die sie bestimmt waren. Sie wurden gewissermaßen für diese Teppiche entworfen!" Da der in Chatem hängende Gobelin sehr große Ausmaße hat - geschätzt 3,16 x 14 Meter -, vermutet Herr Sakuth, daß solch ein großer Wandteppich für einen großen, repräsentativen Raum gewebt wurde, und da käme schon die Neue Reichskanzlei in Frage. Da Speer auch schreibt, daß die am Bau beteiligten Handwerker zu einer Besichtigung eingeladen wurden, könnten auch die Teppichweber darunter gewesen sein. Vielleicht gibt es auch Aufnahmen von den einzelnen Räumen mit den Gobelins? Lieber Herr Sakuth, wir danken Ihnen für diese Hinweise und senden sehr herzliche Grüße nach Australien - auch wenn diese etwas verspätet eintreffen! Ihre Anschrift wollen wir aber doch noch angeben: Rüdiger Sakuth, 62 Siganto Str. Mt. Tamborine Qld. 4272 - Australia.

So, lewe Landslied on goode Frinds, das wär´s zwar für heute, aber noch längst nicht alles an erfreulichen Ergebnissen. Es bleibt spannend ...

Eure Ruth Geede

 

Königsberger Lutherkirche: Für manche sind solche alten Abbildungen ein wertvolles Erinnerungsstück an ihre verlorene Heimat. Die ostpreußische Familie hilft beim Finden derartiger privater Schätze. Foto:historische Postkarte


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