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16.07.05 / Zum Totlachen / Tiroler Museumsfriedhof: Weltweit einmalige Sammlung kurioser Grabinschriften

© Preußische Allgemeine Zeitung / 16. Juli 2005

Zum Totlachen
Tiroler Museumsfriedhof: Weltweit einmalige Sammlung kurioser Grabinschriften

Der typische Hamburger, so lassen uns lästerliche Zungen wissen, geht zum Lachen in den Keller. Derzeit kann er stattdessen auch auf den Friedhof gehen: Auf dem größten Gräberfeld des deutschen Nordens, dem Ohlsdorfer Friedhof, präsentiert sich im Rahmen der Ausstellung "Tiroler Schmiedekunst & Grabkultur" der Kramsacher Museumsfriedhof, auf halbem Weg zwischen Kufstein und Innsbruck gelegen und auf Urlaubsreisen unbedingt einen Zwischenstop wert.

Auf eine in diesem Zusammenhang eher unübliche Weise bleibt hier wahrhaft kein Auge trocken. Denn was Museumsgründer Hans Guggenberger da im Laufe vieler Jahre an Grabkreuzen, Martern und Grabsteinen zusammengetragen hat, regt eher die Lachmuskeln als die Tränendrüsen an. Offenbar hatte man - vorzugsweise in alpenländischen Regionen - im 18. und 19. Jahrhundert ein anderes Verhältnis zum Tod als heute: unverkrampfter, oft auch auf derbe Art ehrlicher.

Eine der schönsten unter den jetzt in Hamburg ausgestellten Inschriften verkündet: "Hier liegt Martin Krug, / der Kinder, Weib und Orgel schlug." Was wahre Freundschaft bewirken kann, erfahren wir auf dieser Tafel: "Hier ruhet der ehrsame Johann Missegger / auf der Hirschjagd durch einen / unvorsichtigen Schuß erschossen / aus aufrichtiger Freundschaft / von seinem Schwager Anton Steger." Eine Frühform von Selbstkritik findet wir auf einem aus Salzburg stammenden Grabstein: "Hier liegt ein armes Sündenaas /Daß seine Sünden in sich fraß / gleich wie den Rost die Zwiebel / Ach nimm mich Sündenhund beim Ohr / Wirf mir den Gnadenknochen vor / und laß mich Sündenlümmel / in Deinen Gnadenhimmel."

Ein in St. Gilgen Verblichener demonstriert auch nach dem Tode noch übersteigertes Selbstbewußtsein: "Hier ruht in Gott / Der Verstorbene St. Gilgner Both / Sei ihm gnädig, o Herr, / So wie Er's auch wär' / Wenn er wär' Gott, / Und du der St. Gilgner Both."

Gern teilte man der Nachwelt auch mit, auf welche Weise der Tod nahte: "Christ! steh still und bet' a bissl: / Hier liegt der Bräuer Jacob Nissl / Zu schwer fast mußt er büßen hier / er starb an selbstgebrautem Bier" (Innsbruck). Um jeder Verwechslungsgefahr vorzubeugen, schrieb man in Mils bei Hall auf ein Grabkreuz: "Hier liegt begraben unser Organist. / Warum? weil er gestorben ist. / er lobte Gott zu allen Stunden. / Der Stein ist oben und er liegt unten."

"In diesem Grab liegt ANICH PETER / Die Frau begrub man hier erst später, / Man hat sie neben ihm begraben, / Wird er die ewige Ruh' nun haben?" - Nicht gerade Ausdruck eines glücklichen Ehelebens. Leidvolle Lebenserfahrung spricht auch aus diesen Zeilen: "Hier liegt mein Weib, Gott sei's gedankt, / Bis in das Grab hat sie gezankt, / Lauf, lieber Leser, schnell von hier, / Sonst steht sie auf und rauft mit dir" (Dorf Tirol). Fürs christliche Abendland eher unübliche Bestattungsriten scheinen einst im Pustertal geherrscht zu haben: "Hier ruht / Herr TOBIAS MAIR / Bürgerl. Metzgermeister / und seine noch lebende Gattin." Auf der Herreninsel im Chiemgau weiß man zu differenzieren: "Hier ruht in Gott Adam Lentsch / 26 lebte er als Mensch / und 37 Jahre als Ehemann."

Was man heute als "outen" bezeichnet, las sich früher so: "Hier liegt die / Jungfer Rosalind /geboren als / ungewünschtes Kind / Ihr unbekannter Vater / war Kapuziner-Pater." Nicht jeder, der sich auf Grabsteinen verewigte, war ein großer Dichter: "Hier liegt Hans Gottlieb Lamm / Er starb durch'n Sturz vom Damm, / Eigentlich hieß er Leim, / Das paßt aber nicht in'n Reim" (Rorschach). Geradezu philosophisch hingegen folgender Spruch: "Zur Reise in die Ewigkeit / Brauchte er nur kurze Zeit: / Um 10 Uhr Morgens ging er fort / um 11 Uhr mittags war er dort." Rätselhaftes begab sich einst im Zillertal: "Christliches Andenken / an den ehrengeachteten Jüngling / Heinrich Hauser, / welcher in diesem Landgraben verunglückte / und dessen Leiche weder lebendig noch todt / aufgefunden werden konnte."

Das Schlußwort dieses Beitrags entnehmen wir diesem Tiroler Grabkreuz: "Hier liegt in süßer Ruh' / erdrückt von seiner Kuh / Franz Xaver Maier / daraus sieht man, / wie kurios man sterben kann." Hans-Jürgen Mahlitz


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