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06.08.05 / Blick zurück - und nach vorn

© Preußische Allgemeine Zeitung / 06. August 2005

Hans-Jürgen Mahlitz:
Blick zurück - und nach vorn

Das Jahr 2005 ist das Jahr der Gedenktage: 60 Jahre Ende des Zweiten Weltkriegs und Kapitulation der Wehrmacht, 60 Jahre Flucht und Vertreibung von 15 Millionen Deutschen aus dem Osten, 60 Jahre Hiroshima und Nagasaki, also Eintritt der Menschheit in das Atomzeitalter (s. Beitrag auf Seite 21). Ebenfalls in diesen Tagen: 60 Jahre Potsdamer Konferenz, auf der die Zerstückelung Deutschlands besiegelt wurde. Nicht zu vergessen auch: 50 Jahre Bundeswehr, womit sich (in der veröffentlichten Meinung leider allzu selten) der Gedanke verbinden sollte, daß Landesverteidigung wieder als etwas ganz Normales und der Soldat wieder als ehrenwerter Bürger gelten darf.

Ein weiteres wichtiges Jubiläum begehen wir Ende dieser Woche: Vor genau 55 Jahren, am 5. August 1950, wurde in Stuttgart die Charta der deutschen Heimatvertriebenen feierlich angenommen und verkündet. BdV-Präsidentin Erika Steinbach nahm diesen runden Jahrestag zu Recht zum Anlaß, bereits für den 6. August und nicht erst, wie sonst üblich, Anfang September zum "Tag der Heimat" in die deutsche Hauptstadt Berlin einzuladen.

Diese Charta der Vertriebenen war - und ist bis heute - ein Dokument, das weit über Tagesaktualitäten hinausweist. Wir finden darin Formulierungen, die es wert sind, gerade heute in Erinnerung gerufen zu werden. So heißt es schon im ersten Satz: "Im Bewußtsein ihrer Verantwortung vor Gott und den Menschen ..."

Wie war das doch vor drei Jahren, als die heute vor einem politischen Scherbenhaufen stehende Bundesregierung den Amtseid leistete? Gut die Hälfte der Minister verzichtete demonstrativ darauf, sich zur "Verantwortung vor Gott" zu bekennen - vielleicht liegt auch hier eine der Ursachen für das Scheitern.

Und weiter: "... im Bewußtsein ihrer Zugehörigkeit zum christlich-abendländischen Kulturkreis ..." Hätten wir dieses Bewußtsein nicht weitgehend von utopischen Multikulti-Hirngespinsten verdrängen lassen, wäre die ungehemmte, die Grenzen des Kontinents sprengende EU-Erweiterung weniger bedrohlich, würden wir wohl auch besser fertig mit einem aus nicht-christlichem, nicht-abendländischem Ungeist genährten Terrorismus. Denn der christlich-

abendländische Geist im besten Sinne - übrigens auch die Quelle dessen, was wir als preußischen Geist verstehen - gibt auch die Kraft, Toleranz zu üben, wo sie erwidert wird, und da wehrhaft aufzutreten, wo Gefahren lauern.

Weiter im Text der Charta: "... im Bewußtsein ihres deutschen Volkstums ..." - damals, fünf Jahre nach dem Ende des Krieges und der national-sozialistischen Gewaltherrschaft, ein Jahr nach der Gründung einer freiheitlichen Demokratie im Westen und einer neuerlichen, diesmal international-sozialistischen Diktatur im Osten von Rest-Deutschland, hatte diese Formulierung noch nicht den Klang, den man ihr heute unterstellt. Die Väter der Charta hatten keine aggressive Überheblichkeit im Sinne; sie stellten damit einen normalen, allen gesunden Völkern eigenen Patriotismus gegen den gerade erst überwundenen übersteigerten Nationalismus. Die Form von Vaterlandsliebe, die aus diesen Worten spricht, würde den Deutschen des Jahres 2005 gut anstehen.

Ich weiß, normalerweise werden aus dieser Charta andere, griffigere Formulierungen zitiert, zum Beispiel der Verzicht "auf Rache und Vergeltung". Das ist natürlich richtig so. Aber es lohnt sich eben auch, den ganzen inhaltlichen Reichtum eines solchen Textes zu erschließen. Wenn jetzt, zum "Tag der Heimat 2005", in Festreden an die wertvollen Beiträge der Vertriebenen zum Wiederaufbau des zerstörten Landes erinnert wird, gehören dazu auch die hier zitierten Worte - nicht zuletzt als Beitrag zur Gestaltung unserer Zukunft.

Foto: Geste zur Versöhnung: 60 Jahre nach einem Nachkriegsmassaker an rund 80 Deutschen hat die tschechische Stadt Aussig, erstmals offiziell mit einer Gedenktafel der Opfer gedacht. Am 31. Juli 1945 war es in der Stadt zu Übergriffen paramilitärischer tschechischer Einheiten auf deutsche Bewohner gekommen. Viele Opfer wurden von der Brücke in die Elbe geworfen. Die Täter wurden nie bestraft. Wegen vieler kritischer Stimmen im Vorfeld steht auf der Bronzeplakette nur ein schlichter Satz auf Tschechisch und auf Deutsch: "Zum Gedenken an die Opfer der Gewalt vom 31. Juli 1945". Foto: pa


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