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03.09.05 / Mut zur Wahrheit - brisante Themen bleiben ausgespart

© Preußische Allgemeine Zeitung / 03. September 2005

Mut zur Wahrheit - brisante Themen bleiben ausgespart
von Wilhelm v. Gottberg

Im Wahlkampf - so sollte man meinen - wetteifern die Parteien um glaubwürdige Rezepte und Lösungen zur Überwindung der schwersten wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Krise dieser Republik. Doch 16 Tage vor dem Wahlgang stellt der interessierte Teil des Wahlvolkes ernüchternd fest, daß neue Ideen, Visionen, gewissermaßen der große Wurf zur Beseitigung der Probleme von keiner Partei vorgelegt wurde. Jubelparteitage und Schlagworthalbsätze - mehr Arbeit durch Senkung der Lohnnebenkosten - verkleistern, daß Wesentliches kaum thematisiert wird.

Der Kanzler wirbt beim Wahlvolk für die Fortsetzung seiner Politik. Er verschweigt, daß sich seine Partei dem weiteren Vollzug der Agenda 2010 verweigert. Er ist gescheitert, denn die begonnene SPD-Reformpolitik ist in den sozialdemokratischen Milieus nicht mehr mehrheitsfähig.

Man mag Schröder glauben, daß es mit ihm keine Zusammenarbeit mit der PDS-Linkspartei nach dem 18. September geben wird. Nur der Kanzler wird nach der Wahl keine Richtlinienkompetenz für die Sozialdemokratie beanspruchen können. Wenn es rechnerisch paßt, stehen die Gabriels und Wowereits bereits in den Startlöchern, um mit Rot-Grün-Dunkelrot den Marsch in die DDR-Zukunft anzutreten.

Der CDU ist mit der Berufung des hochangesehenen Steuerexperten Paul Kirchhof in das Kompetenzteam der Kanzlerkandidatin Merkel eine außergewöhnliche Personalentscheidung gelungen. Kirchhof will mit Steuersenkungen und der radikalen Abschaffung von Steuerprivilegien neue Wege beschreiten. Wird man ihn gewähren lassen?

Es sind ja nicht politische Hinterbänkler, die Kirchhofs Konzept zerreden, sondern die CDU-Ministerpräsidenten. Diese sind Meinungsbildner innerhalb der Union. Da sie die Vorsitzenden ihrer jeweiligen Landesverbände sind und die CDU wegen ihrer föderalen Struktur dem Regionalproporz verpflichtet ist. Die Länder haben jetzt aufgrund der maroden Länderfinanzen die Erhöhung der Umsatzsteuer durchgesetzt. Begründung: Das erhöhte Steueraufkommen wird zur Senkung der Lohnnebenkosten benötigt. Damit wird Arbeit preiswerter und es können neue Arbeitsplätze entstehen.

Unausgesprochen aber bleibt, daß die Mehrwertsteuererhöhung die Schwarzarbeit fördert und entgegen den Aussagen der Politiker zum Stopfen von Haushaltslöchern verwandt wird. Hatten wir das nicht alles schon einmal? Sollte die Öko-Steuer nicht zur Sanierung der Rentenversicherung dienen? Der Zustand der Rentenkassen ist maroder denn je.

Die Länder partizipieren auch an der Lohn- und Einkommenssteuer. Die Ministerpräsidenten befürchten einen Rückgang des Länderanteils an der Lohn- und Einkommenssteuer, sofern Kirchhofs Steuerrezept realisiert wird. Die Länderfinanzen kämen weiter unter Druck. Da liegt das ungenannte Motiv für die Kritik am Konzept des Paul Kirchhof.

Auf eine Reihe von Problembeseitigungsstrategien wird der Wähler vergeblich hoffen. Wo bleibt das Konzept zur Beseitigung der Jugendarbeitslosigkeit? Es gibt dazu Lösungsansätze, die weder die Betriebe noch die öffentliche Hand belasten.

Wo bleiben die Pläne zum Umsteuern bei der Ostförderung? Es gibt sie! Damit ließen sich Einsparungen erzielen und eine Absenkung der Arbeitslosenquote erreichen.

Wir vermissen die Vorlage eines mutigen Konzepts zur Reduzierung der Staatsverschuldung. Lösungsansätze dafür finden sich leider in keinem der Wahlprogramme.

Wo sind die Mutigen in den Parteien, die einen wirklichen Neuanfang wagen wollen. Ein Kirchhof kann diese Herkulesaufgabe nicht schultern. Benötigt wird eine Koalition der Vernunft, der Wahrhaftigkeit und des Mutes.


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