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17.09.05 / Paracelsus erfindet eine Friedensmaschine

© Preußische Allgemeine Zeitung / 17. September 2005

Paracelsus erfindet eine Friedensmaschine
von Gabriele Lins

Der Engel hatte schon lange an seiner genialen Idee herumgeknabbert und schließlich Gott, seinen Herrn, gebeten, ihn eine wunderbare Maschine bauen zu lassen; nicht im Himmel, nein, da war zu viel Gewimmel und Gloriagesang um ihn herum, sondern auf der Erde in einem stillen ungestörten Wäldchen Europas.

Gott hatte ihn lange reden lassen, gelächelt und schließlich seinen Segen gegeben. Und nun baute Paracelsus seit etwa 25 Jahren in einer Höhle an seiner Maschine und war beinahe fertig. Sie war ein großes wunderbares Kunstwerk, denn was sie erzeugte, war Frieden.

"So", sagte der Engel erleichtert, "es kann losgehen. Ihr Menschen, die ihr euch so verstrickt habt in die Sünden des Neides, der Bösartigkeit und Gewalt, sollt nun erlöst werden. Frieden wird einkehren in eure Herzen!"

Paracelsus sprach ein kurzes Dankgebet, und dann betätigte er nacheinander 25 silberne Schalter. Die Maschine fing mit ungeheurer Lautstärke an zu rattern, schließlich surrte sie nur noch leise, und schon schwirrten zahlreiche Friedensimpulse sekundenschnell in alle Länder der Erde und verbreiteten sich in den Köpfen der Menschen.

Plötzlich waren diese wie umgewandelt. Auf der Erde zog die Liebe ein. Das verlorene Paradies war zurückgekehrt. Kriege fanden nun nicht mehr statt, und die Menschen kamen zu Wohlstand. Das Geld, das sonst immer für den Bau von Waffen oder andere unnütze Dinge draufging, konnte nun für die Forschung verwendet werden. Dadurch verschwanden nach und nach alle bösen Krankheiten. Die Menschen wurden immer gesünder und immer älter.

Eines Tages war die Erde übervölkert und viel zu klein geworden. Aber die Menschen ertrugen die qualvolle Enge mit Geduld und Rücksicht auf den Nächsten, denn Engel Paracelsus betrieb die Friedensmaschine noch immer im Schweiße seines Angesichts und war glücklich dabei.

Dennoch sah er allmählich ein, daß die Übervölkerung der Erde sehr bald ein Chaos hervorrufen würde, er merkte auch, daß der Intellekt der Forscher noch nicht ausreichte, um Ansiedlungen zum Ausweichen im All bauen zu können.

Da weinte er und sagte zu sich: "Was nutzt nun aller Frieden auf Erden, wenn er dieses Ergebnis hervorbringt? Hätte ich durch meine vorschnelle Idee nicht den freien Willen des Menschen unterdrückt, wäre alles so gelaufen, wie es eben laufen sollte. Ich habe dem Herrgott ins Handwerk gepfuscht!"

Wütend auf sich selbst schlug er sein Werk in tausend Stücke und flog dann in den Himmel zu seinem Herrn zurück.

Gott nahm in väterlich in die Arme. "Sei nicht traurig", sagte er tröstend und trocknete seine Tränen, "deine Idee war ja recht gut, aber ich habe einen ganz anderen Plan mit meiner Welt. Lerne daraus, daß man den Frieden nicht durch eine Maschine erzeugen kann, und sei sie noch so genial gebaut, sondern daß der Friede allein durch die Einsicht und Lernfähigkeit des Menschen wachsen muß, und das vielleicht sogar Jahrhunderte hindurch. Meine Geschöpfe müssen sich das verlorene Paradies allein zurückerobern, aber ich werde ihnen dabei helfen. Das hast du nur noch nicht gemerkt, Paracelsus."

So ging der Engel in den Angelino-Chor im musikalischen Bereich des Himmels zurück und ergänzte die anderen Sänger mit seinem herrlichen Tenor. Und wenn in den englischen Gesängen das Wort "Friede" auftauchte, und das kam oft vor, dann hob er seine Stimme und sang so schön wie nie zuvor.

Die Teile der Friedensmaschine verrotteten langsam, und den Rest vernichteten viele winzige Organismen. Doch an den Stellen, wo sie einmal gestanden hatte, erblühten mitten in der dunklen Höhle unzählige kleine blaue Blumen und verbreiteten sich auch ohne Sonnenlicht über den gesamten Höhlenboden und später durch den ganzen Wald.

Vielleicht werden sie sich weiter vermehren und schließlich die ganze Welt als blaue Friedensgedanken durchziehen. Ach, wäre das schön!


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