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24.09.05 / Am Scheideweg

© Preußische Allgemeine Zeitung / 24. September 2005

Am Scheideweg
von Clemens Range

Die Republik hat sich verändert und wir alle werden die Stärke des Bebens erst allmählich begreifen. In Berlin herrscht politisches Chaos, den Bürgern wird ein verwirrendes Bild geboten. Endgültige Klarheit schafft womöglich erst die Nachwahl im Wahlkreis Dresden I am 2. Oktobner. Völlig unklar ist, wer nun regieren wird. Deutschland scheint ein quälend langer Machtkampf bevorzustehen, der die Wirtschaftskrise dramatisch verschärft.

Die Bundestagswahl sollte der Startschuß für eine bessere Zukunft sein - so hatten Millionen konservative Wähler gehofft. Doch sie wurde zum Krisenfall. Die Reformprogramme von Union und FDP waren für deutsche Gemüter schon derart radikal, daß sie dafür keine eigene Mehrheit bekamen. Zugleich wurde deutlich, daß die Volksparteien - soweit diese noch überhaupt bei einem Stimmenanteil um die 30-Prozent-Marke diesen Namen verdienen - sich im Sinkflug befinden.

Die Wahl legte schlagartig aber auch die Schwächen des Systems "Bundesrepublik" offen. Mehr denn je bräuchte Deutschland jetzt nicht nur einschneidende Reformen, sondern das ganze Land müßte radikal umgebaut werden - will es eine ernstzunehmende Mittelmacht im Weltkonzert der Staaten bleiben.

Schonungslos und kraftvoll müßten die tiefgreifenden Entscheidungen getroffen werden:

• So gilt es, die Dreiteilung der Gewalten Legislative, Judikative und Exekutive wieder im Ursprungssinn herzustellen. Denn das Bundesverfassungsgericht hat den Weg in die Kanzlerdemokratie geebnet, womit ein Hauch von Weimar über Berlin weht. Nicht zuletzt sollte die deutsche Richterschaft davor bewahrt werden, Beute der Parteien zu werden. Der Einfluß der Parteien sollte sich auf die Gesetzgebung, und nur auf diese konzentrieren.

• So gilt es, das nicht mehr zeitgemäße Verhältniswahlrecht in ein Mehrheitswahlsystem umzuwandeln. Denn wenn die in ihrer Profillosigkeit kaum mehr zu unterscheidenden sogenannten Volksparteien auf ihrem bisherigen Niveau einer nicht mehr existenten Streitkultur verharren, dürfte diese Bundestagswahl die letzte "normale" Abstimmung gewesen sein. Spätestens bei der nächsten Wahl wird sich der Souverän fragen, was er wählen soll. Radikalen Gruppierungen wird dadurch immer stärker in die Hände gespielt.

• So gilt es, endlich Deutschlands kostspieligen Länder-Flickenteppich neu zu gestalten. In Anbetracht einer galloppierenden Staatsverschuldung können wir es uns nicht länger leisten, 16 Bundesländer mit aufgeblähten Bürokratien zu unterhalten. Die Kräfte müssen in zehn, vielleicht sogar nur in sieben Ländern gebündelt werden, um Deutschland auf allen Gebieten wieder handlungs- und wettbewerbsfähig zu machen.

• So gilt es natürlich auch, das brennende Thema der Massenarbeitslosigkeit in den Griff zu bekommen. Dabei darf es keine Denktabus geben. Denn wenn es zweckmäßig erscheint, die Bundesagentur für Arbeit abzuschaffen, dann muß diese eben ihre Pforten schließen.

Befragungen nach der Wahl ergaben, daß die Mehrzahl der Bürger eine große Koalition wünscht. Große Koalitionen sind vom Wähler erzwungene Zweckbündnisse, über deren Wünschbarkeit man lange philosophieren kann. Immer dann, wenn keine andere Konstellation möglich ist, wird es ein solches Bündnis geben, gleichgültig, wie lautstark die Partner zuvor gelobt haben: Mit uns nie!

CDU-Chefin Merkel strebt mit schwacher Macht ins Kanzleramt. Dort mauert Schröder. Merkel indes übersieht bei ihren Bemühungen, daß sie schon vor dem Wahlsonntag aus den eigenen Reihen (ihr Finanzexperte Kirchhof wurde demontiert und drei norddeutsche Landesfürsten sprachen öffentlich von einem fehlerhaften Wahlkampf) schwer angeschlagen wurde und nicht gerade durch Führungsstärke glänzte. Die bange Frage lautet: Wie will Angela Merkel das Kunststück fertigbringen, möglicherweise mit einem einstigen politischen Gegner gemeinsam die brennenden Probleme unseres Vaterlandes zu lösen? Das Volk wünscht Führung, und zwar eine klare und kraftvolle. Doch kein einziges Mal hörten die Bürger in dem schwachen Fernsehduell mit Schröder und Merkel von dieser das Wort "Nation". Auch machte sie keine Anstalten, die geistige Führung in Deutschland zu übernehmen und eine dringende Werte- und Patriotismusdebatte richtungweisend zu lenken. Für die CDU/CSU kommt jetzt die Stunde der Wahrheit.

Kaum als eine ernsthafte Bedrohung wurde von den Bürgerlichen in der destabilisierten und am Scheideweg stehenden Republik registriert, daß diese einen historischen Linksrutsch erlebte. Die umfirmierten Kommunisten der einstigen SED werden die Zukunft Deutschlands beeinflussen - nicht zuletzt aufgrund der Führungsschwäche der sogenannten konservativen Bürgerlichen.


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