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24.09.05 / Sie unterdrückte den Nationalliberalismus / Vor 190 Jahren gründeten der russische Zar, der österreichische Kaiser und der preußische König die "Heilige Allianz"

© Preußische Allgemeine Zeitung / 24. September 2005

Sie unterdrückte den Nationalliberalismus
Vor 190 Jahren gründeten der russische Zar, der österreichische Kaiser und der preußische König die "Heilige Allianz"

Mutter der Heiligen Allianz" ließ sich Barbara Juliane Freifrau von Krüdener nennen. Was war das für eine Allianz, von der die baltendeutsche Adelige behauptete, daß sie sie erfunden habe? Wenn auch letzte Sicherheit hinsichtlich ihres Entstehens schwer zu erringen sein wird, so steht doch fest, daß dieses angeblich heilige Bündnis ein Produkt der sogenannten Restauration nach der erfolgreichen Niederringung Napoleons, ein wichtiger Baustein des sogenannten Systems Metternich war.

Österreichs Staatskanzler Klemens Wenzel Fürst von Metternich beherrschte den Wiener Kongreß von 1814/15 mit Geschick, nach seinen Vorstellungen fand die Neuordnung Europas statt. Es entstand unter Führung Österreichs der "Deutsche Bund", ein lockeres Gefüge von 35 souveränen Einzelstaaten und vier Freien Städten. Die Herrschenden hatten Deutschland am Wiener Kartentisch zurechtgeschnitten, zusammengesetzt wie ein Puzzlespiel. Bürger und Bauern, die auf den Schlachtfeldern für Deutschlands Einheit gekämpft hatten, wurden wieder zu geduckten Untertanen.

Dem ganzen wurde mit der am 26. September 1815 gegründeten "Heiligen Allianz" die Krone aufgesetzt. "Erfinder" war der russische Zar Alexander I., der durch "heilige und unheilige Beziehungen zu einer Frau von Krüdener den letzten Anstoß zu diesem seltsamen Plan erhielt", so schreibt es Michael Freund in seiner "Deutschen Geschichte".

Besagte Frau von Krüdener soll den Zar angeblich bestärkt haben in dem Glauben, einer "heiligen Rasse" anzugehören und noch "nicht vom Becher des Bösen getrunken zu haben".

Gesagt, getan! Der Zar von Rußland, Preußens König und Österreichs Kaiser schlossen mit der "Heiligen Allianz" das Bündnis von Thron und Altar und damit eine europäische Gemeinschaft der Ultrakonservativen unter der Leitung Metternichs. Sie erklärte die bestehenden politischen Verhältnisse, den "status quo", für unantastbar und verlangte von den Völkern die Hinnahme der Gegebenheiten. Die "Heilige Allianz" verteufelte nationale und freiheitliche Regungen und wurde nichts anderes als ein Unterdrückungsinstrument liberaler und nationaler Bestrebungen. Mit der "Heiligen Allianz" von 1815 entstand somit ein System konservativer Ostmächte, gegenübergestellt dem liberaler Westmächte mit Frankreich und England.

Wenn durch den Vertrag über die "Heilige Allianz" sich die Vertragschließenden verpflichteten, ihre Beziehungen zu gründen "auf Wahrheiten, die uns die Religion Gottes, unseres Heilandes, lehrt", dann war ihr Blick rückwärtsgewandt und den Strömungen der Zeit verschlossen.

Von Bedeutung war von daher das Bündnis im weiteren Verlauf der Geschichte nicht. Schon 1822 fand ihr letzter Kongreß in Verona statt. Hier konnte noch einmal Frankreich zur Intervention in Spanien "überredet" werden, England wandte sich bereits ab. Als sich die Griechen 1826 erfolgreich gegen die Türken erhoben, war England wiederum auf der Seite der um die Unabhängigkeit Kämpfenden und schob dem russischen Vordringen an die Meerenge der Dardanellen und des Bosporus einen Riegel vor.

Das Ende? Um die Mitte des 19. Jahrhunderts, angesichts des Krimkrieges, löste sich die "Heilige Allianz" sang- und klanglos von selbst auf. Ihr Ende, so beschrieben es Karl Marx und Friedrich Engels, unterstrich letztlich nur die nicht vorhandene Daseinsberechtigung - und das von Beginn an!

Und wer war nun Juliane von Krüdener, daß sie behauptete, daß die "Heilige Allianz" auf sie zurückgehe? Ernst Moritz Arndt urteilte über die am 11. November 1764 in Riga geborene unkonventionelle Adlige: "Sie hatte die ganze Unruhe und geschäftige Zudringlichkeit einer Dame aus der hohen Welt, die noch nicht zur Ruhe gekommen ist und das eine Auge immer noch für die Lust des irdischen Lebens offen zu haben scheint, während das andere nach dem Frieden der überirdischen Welt schmachtet. Ihr neues Evangelium predigte sie mit gleichem Eifer den Armen wie den Reichen, dem Kaiser wie dem Bettler."

Von 1814 an übte sie großen Einfluß auf den zur christlichen Mystik neigenden Zar Alexander I. aus, den sie 1815 in Heilbronn persönlich traf. Im Hungerjahr 1816 verschenkte sie ihr gesamtes Vermögen an die Armen. Ihr Landhaus Katharinenplaisir in Württemberg wurde Zentrum erbaulicher Versammlungen, die sich in großem Ausmaß nach Baden und in die Schweiz erstreckten. Sie trat mit großem Gefolge auf, betonte die (biblische) Rolle der Frau als Volkserretterin und nahm Krankenheilungen vor. Diese Volksbewegungen wurden behördlicherseits als gefährlich angesehen. Ihre Initiatorin wurde unter polizeilicher Bewachung ins Zarenreich abgeschoben. Hier wollte sie nach ihrer Ankunft 1818 erneut auf den Zaren Einfluß nehmen, der ihr aber schriftlich auftrug zu schweigen. Auf einer Badereise starb sie am 25. Dezember 1824 in Karassubasar auf der Krim.

Daß sie schließlich beim Zaren kein Gehör mehr fand, ist vor dem Hintergrund zu sehen, daß seine Eitelkeit empfindlich durch die von ihr verbreitete Behauptung gekränkt wurde, sie sei die eigentliche Urheberin der "Heiligen Allianz", ein Verdienst, das der Zar für sich in Anspruch nahm. Im "Biographisch-

Bibliographischen Kirchenlexikon" heißt es hierzu: "Die Heilige Allianz trägt mit ihre Handschrift".

P. V. / D. J. / E. B.

Allegorie auf die "Heilige Allianz": Zar Alexander I., Kaiser Franz I. und König Friedrich Wilhelm III. Fotos (2): Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz

Juliane von Krüdener (Bild)


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