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01.10.05 / Ungeschminckt / "Flucht und Vertreibung" ohne Relativierungen

© Preußische Allgemeine Zeitung / 01. Oktober 2005

Ungeschminckt
"Flucht und Vertreibung" ohne Relativierungen

Die Flucht, beziehungsweise die Vertreibung der Deutschen aus dem Osten ist ein Ereignis, welches bis heute seine Spuren in unserer Gesellschaft hinterlassen hat. Sprach Richard von Weizsäcker in seiner Rede vom 8. Mai 1985 noch zaghaft von einer "erzwungenen Wanderschaft", so wurden bis ins 21. Jahrhundert hinein die Stimmen immer lauter "das Kind" doch beim Namen zu nennen. Das Bedürfnis, das Vertreibungsthema in das öffentliche Geschichtsbewußtsein der Gesellschaft zu integrieren, wurde somit immer größer. Denn auch wenn Deutschland für den Zweiten Weltkrieg mit verantwortlich war, so ändert das nichts an der Tatsache, daß Millionen von Deutschen - Alte, Junge, Frauen und Kinder - auf der Flucht vor der Roten Armee in den Westen auf grausamste Weise ihr Leben verloren haben.

Spiegelredakteure und namhafte Historiker haben in dem Buch "Die Flucht - Über die Vertreibung der Deutschen aus dem Osten" "das Kind" beim Namen genannt und unter Verwendung authentischer Zeugnisse und seltenen Bildmaterials die Vergangenheit in all ihrer schockierenden Grausamkeit noch einmal auferstehen lassen. "In Nemmersdorf lebt heute niemand mehr, der sich daran noch erinnern kann. Der Ort heißt heute Majakowskoje, und jetzt wohnen Russen in den kleinen Häusern mit den grauen Dächern. ... Am 21. Oktober 1944, als eine Vorhut der Roten Armee über das ostpreußische Nemmersdorf herfiel, war für Millionen Deutsche die Geschichte zu Ende. Das Massaker von Nemmersdorf war der Vorbote von Flucht und Vertreibung, mit der alles zerfiel in Haß, Hunger, Entwürdigung, Angst. Hunderttausende, vielleicht sogar zwei Millionen überlebten die Katastrophe nicht." Voller Schrecken wird der Leser dieses Buches lesen, den Inhalt aufnehmen und so schnell nicht wieder vergessen können.

"Massenpanik, Todesmärsche, erfrorene Babys, die zur Beute hungriger Ratten wurden, Hunderttausende vergewaltigter Frauen, über 33000 Ertrunkene in der Ostsee ... Mit den Pferden bis zum Bauch im Schnee versuchen manche Familien, aus dem Stau über die Felder zu entkommen. Sie bleiben liegen, versuchen oft, die Nacht im Schutz einer Scheune zu überstehen, aber bald sind die nassen Windeln der Säuglinge gefroren. Dann sterben die Kinder. Sie können nicht einmal begraben werden, weil die steinharte Erde das nicht zuläßt. Wilde Tiere holen sie vom Wegesrand. Und es schneit und schneit ..."

Je stärker das Gelesene berührt, um so unglaublicher erscheint die Tatsache, daß Adolf Hitler und seine skrupellosen Kriegsherren diese Tragödie hätten verhindern können, hätten sie nicht weiterhin der Fata Morgana eines sogenannten "Endsieges" nachgejagt.

Mitreißend schildern Stefan Aust und Stephan Burgdorff die Vertreibung aus Ostdeutschland. Eine Schilderung, die in ihrer Nüchternheit den Leser den Schrecken und das Drama, die hinter diesen einfachen Worten "Vertreibung" und "Flucht" stecken, erahnen läßt. A. Ney

Stefan Aust und Stephan Burgdorff: "Die Flucht - Über die Vertreibung der Deutschen aus dem Osten", dtv / Spiegel, München 2005, 202 Seiten, 9,50 Euro


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