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15.10.05 / Danzigs Herzog / Vor 250 Jahren wurde der französische Marschall Lefebvre geboren

© Preußische Allgemeine Zeitung / 15. Oktober 2005

Danzigs Herzog
Vor 250 Jahren wurde der französische Marschall Lefebvre geboren
von Dieter W. Leitner

Pierre Francois Joseph Lefèbvre wurde am 20. Oktober 1755 im Elsaß geboren. In den Revolutionskriegen wurde er General und unterstützte als Gouverneur von Paris den Staatsstreich von 1799. Nach der verlorenen Schlacht von Jena und Auerstedt war der Weg für die französischen Truppen nach Preußen geöffnet. Am 10. März 1807 stand die Rheinbundarmee unter Führung Lefèbvres vor Danzigs Toren. Sie bestand - abgesehen von 12000 Pionieren unterschiedlicher Herkunft - aus 26000 Franzosen, Sachsen, Badenern und Polen.

Ihr standen in Danzig unter dem Oberbefehl des Generalfeldmarschalls Graf von Kalckreuth 15000 Verteidiger gegenüber, die angesichts der Gefahr die Vorstädte Petershagen, Neugarten, Altschottland, Stolzenberg und Schidlitz niederbrannten und die Niederung unter Wasser setzten. Obwohl Danziger Bürger sich an der Verteidigung nicht zu beteiligen brauchten, meldeten sich viele Freiwillige. Die Belagerung hielt wochenlang an, ohne daß die Stadtrepublik kapitulierte. Napoleon schrieb seinem sonst hochgeschätzten Marschall grobe Briefe. Schließlich waren der gute Wille, Danzig zu halten, und alle Tapferkeit vergebens. Am 24. Mai kapitulierten Danzigs Verteidiger; die Garnison konnte ehrenvoll über die Frische Nehrung nach Ostpreußen abziehen, wohin Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. und seine Frau Luise bereits geflüchtet waren.

Am 29. Mai zog Marschall Lefèbvre mit seinen Truppen in Danzig ein. Zwei Tage später wurde er von Napoleon zum "Duc de Dantzig" (Herzog von Danzig) ernannt. Am folgenden Tag (1. Juni) traf der Kaiser selbst in Danzig ein, um zunächst die Befestigungswerke zu besichtigen. Er ernannte den ebenfalls im Elsaß geborenen General Jean Rapp zum Gouverneur. Im Frieden von Tilsit 1807 wurde Danzig von Preußen abgetrennt und zur "Freien Stadt" (ville libre) erklärt. Rapp setzte einen neuen Senat aus vier Bürgermeistern, 14 Senatoren und zwölf Schöffen ein, der jedoch keine Handlungsfreiheit hatte. Ohne Rapps Genehmigung und seine Anweisungen konnte nichts durchgeführt werden.

War die Danziger Bevölkerung zunächst dem glorreichen Frankreich noch freundlich gesinnt, so änderte sich dies schlagartig. Die Stadt mußte nach ihrer Besetzung sofort eine Kontribution von 20 Millionen Franken zahlen, Rapp kassierte selbst 1,2 Millionen.

Und auch Marschall Lefèbvre erpreßte von der Stadt ein persönliches "Geschenk" von 400000 Franken. Für Danzig sollte damit für sieben Jahre eine unvorstellbare Leidenszeit und die völlige Auszehrung beginnen. Insgesamt mußte die Stadt in der Besatzungszeit 40 Millionen Gulden bezahlen. Die Bevölkerungszahl des Freistaates sank von 80000 auf 55000 Einwohner, in der Stadt lebten nur noch etwa 35000 Personen. Hans Memlings berühmtes Altarbild, das "Jüngste Gericht" ließ Napoleon aus der Marienkirche nach Paris verschleppen. Es kehrte erst im Januar 1817 zurück.

Erst am 2. Januar 1814 konnte Danzig nach fast einem Jahr Belagerung durch russische und preußische Truppen unter dem Kommando des Herzogs Alexander von Württemberg von der französischen Gewaltherrschaft befreit werden. 5200 Franzosen zogen in Gefangenschaft nach Rußland. Die Stadt wurde wieder an die preußische Verwaltung übergeben. Die Danziger prägten aus Anlaß ihrer Befreiung von dem französischen Joch eine kleine Silbermedaille von 15 Millimeter Durchmesser, die als Umschrift auf dem Revers den Text "Gott segnete die vereinigten Heere" trägt. In der Mitte schwebt die Siegesgöttin Victoria mit Schwert und Lorbeerkranz. Auf dem Avers ist die Aufschrift "Eroberung von Danzig durch d. Herzog Alexander v. Württemberg d. 2. Jan. 1814" zu sehen.

Der Herzog Lefèbvre verließ schon 1808 Danzig und führte ein Korps in Spanien, besetzte 1809 Innsbruck und befehligte 1812/13 die kaiserliche Garde. Er starb 1820 in Paris. Seine Frau Catherine Hübscher, die weder lesen noch schreiben konnte, avancierte von einer elsässischen Wäscherin zur "Marschallin von Frankreich" und gebar Lefèbvre 14 Kinder, von denen jedoch keines die Mutter überlebte. Die Ehe soll glücklich gewesen sein. Nur mühsam lernte die Herzogin Französisch. Sie war bald der erheiternde Mittelpunkt bei Hofe und ihre unverblümte Redeweise bot den Stoff für zahlreiche Anekdoten. Catherine überlebte ihren Mann um 15 Jahre und starb 1835 im Alter von 82 Jahren. Der gefeierte französischen Bühnenroutinier Victorien Sardou (1831-1908) machte die "Marschallin" 1893 mit seiner historischen Komödie "Madame Sans-G´ène" populär und weltbekannt.

Marschall Lefèbvre Bild: Leitner


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