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22.10.05 / "Plattform" von Bürgern für Bürger? / Schlaue Worte, ohne Verantwortung - Statt wirklich anzupacken, geben sich immer mehr namhafte Deutsche der "Konventitis" hin

© Preußische Allgemeine Zeitung / 22. Oktober 2005

"Plattform" von Bürgern für Bürger?
Schlaue Worte, ohne Verantwortung - Statt wirklich anzupacken, geben sich immer mehr namhafte Deutsche der "Konventitis" hin
von Wilfried Böhm

In Deutschland breitet sich die "Konventitis" aus: Ein "Bürger-Konvent" formierte sich am 24. März 2003 als eine Initiative der Sozialwissenschaftler Professor Meinhard Miegel und Professor Gerd Langguth, die beide aus der CDU kommen.

Wenig später, am Nationalfeiertag, dem 3. Oktober 2003, wurde standesgemäß im Berliner Hotel Adlon der "Konvent für Deutschland" gegründet, am selben Ort, an dem der Vorsitzende dieses Konvents, der ehemalige Bundespräsident Professor Roman Herzog fünf Jahre vorher die Tradition seiner "Berliner Reden" deutscher Bundespräsidenten mit seiner "Ruck-Rede" begründet hatte. Herzogs Stellvertreter ist Klaus von Dohnanyi. Schöpfer der Idee zu diesem Konvent, sind Hans-Olaf Henkel, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, 1995 bis 2000, und Roland Berger, seit langen Jahren prominenter Strategieberater der Wirtschaft.

Beide meinen zu wissen, wo es heute lang gehen soll, ebenso wie andere mit klangvollen Namen: Otto Graf Lambsdorff, Professorin Jutta Limbach, Professor Manfred Pohl, Professor Rupert Scholz und Dr. Monika Wulf-Mathies, Oswald Metzger, Dr. Manfred Schneider und Dr. Henning Voscherau sowie bis zu seinem kürzlichen Tod Professor Peter Glotz. Die Namensliste liest sich wie ein "Who is Who" derer, die in Deutschland Verantwortung trugen, als die Grundlage für die gegenwärtige Misere gelegt wurde. Jetzt haben sie sich vorgenommen: Föderalismusreform, Finanzverfassung und Haushaltsreform, Handlungsfähigkeit Deutschlands in Europa, Bürgerrechte, Rolle der Parteien, Wahlrecht und Wahlsysteme sowie Demokratie und Gruppeninteressen, schließlich, man glaubt es kaum: "Die Reform der Reformfähigkeit!"

Der Bürger-Konvent der Professoren Miegel und Langguth bezeichnet es als sein Ziel, die Bürger zu "mehr Eigenverantwortung" zu veranlassen. Er versteht sich als "Plattform" von Bürgern für Bürger, die den "bedrohlichen Reformstau unseres Gemeinwesens nicht nur erdulden und beklagen, sondern ihn aktiv überwinden wollen". Die Initiatoren betonen, sie seien "keine politische Partei". Der Bürger-Konvent arbeite nicht gegen die Politik, sondern wolle "einer nachhaltigen zukunftsorientierten Politik den Weg bahnen helfen", heißt es. Mit den Politikern sucht der Bürger-Konvent den öffentlichen und nichtöffentlichen Dialog.

Zu den beiden Konventen gesellt sich jetzt nach der Bundestagswahl 2005 eine millionenschwere Kampagne "Du bist Deutschland", die im Rahmen der Initiative "Partner für Innovation" von 25 führenden deutschen Medienunternehmen gestartet wurde. Sie wollen sich damit, wie es heißt, für den "Standort Deutschland" engagieren. An ihren Werbespots und unübersehbaren Anzeigen kann derzeit in Deutschland niemand vorbeikommen.

Dort und im Internet sowie in den Kinos sind jede Menge Prominente zu sehen und zu hören, die dafür sorgen wollen, daß "Deutschland sich nicht selbst schlecht redet", wie Bernd Kundrum, der Vorstandsvorsitzende von Gruner + Jahr formulierte. Dagegen wolle man "mit diesem bislang einmaligen Schulterschluß einen Impuls geben und einen Bewußteinswandel für mehr Selbstvertrauen und Motivation anstoßen".

Fast sieht es so aus, als wolle diese Kampagne die Quadratur des Kreises versuchen, nämlich Patriotismus und Vaterlandsliebe vom Nationalen zu trennen. Denn das Nationale könnte auch der Europäischen Union zur Gefahr werden und damit eine Frage gestellt werden, die im jüngsten Bundestagswahlkampf vom Block der EU-fixierten Parteien ängstlich vermieden wurde: nämlich nach der zahlenden Rolle Deutschlands in der EU angesichts der wirtschaftlichen und sozialen Probleme im eigenen Land und der kommunistischen Bedrohung.


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