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29.10.05 / Profis benötigt

© Preußische Allgemeine Zeitung / 29. Oktober 2005

Profis benötigt
von Clemens Range

Bundespräsident Köhler beklagt jetzt das Fehlen eines außen- und sicherheitspolitischen Gesamtkonzepts. Bis heute sind seit der Wiedervereinigung noch nicht einmal die nationalen Interessen Deutschlands verbindlich definiert worden. Politiker aller Couleur handeln hier grob fahrlässig und verspielen Vertrauen - im In- wie im Ausland. Dabei geht es um die Existenzsicherung Deutschlands.

Das Interesse an der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik war seit Kriegsende nie allzu groß. Inzwischen scheint der Bevölkerung - und ihren Politikern - die Verteidigungspolitik aber gleichgültig zu sein. So war während des Wahlkampfes die Sicherheitspolitik kein Thema, und die Unionsparteien bemühten sich erst gar nicht einen "Schattenminister" für die Hardthöhe zu benennen.

Wehrexperten von Sachkompetenz und Autorität scheinen eine aussterbende Spezies. Sie finden sich weder bei der SPD, die einst mit einem Helmut Schmidt aufwarten konnte, noch bei der FDP, in deren Reihen es Persönlichkeiten wie den einstigen Panzergeneral Hasso von Manteuffel oder Fritz-Rudolf Schultz gab. Die CDU und CSU, deren Domäne einst die Verteidigungspolitik war, scheint völlig ausgelaugt. Für einen Fachmann wie Manfred Wörner haben die Unionsparteien bis heute keinen Ersatz gefunden. Nun wurde als Ergebnis eines Proporz- und Ränkespiels, bei dem Sachverstand offensichtlich keine Rolle spielte, der CDU-Politiker Franz Josef Jung zum Kandidaten für die Hardthöhe ausgehandelt. Jungs Kompetenz für das Amt des Verteidigungsministers besteht einzig und allein darin, daß er - wie Millionen andere deutsche Männer - seinen Wehrdienst geleistet hat. Ein ausgewiesener Experte wie der einstige General und jetzige brandenburgische Innenminister Schönbohm wurde überhaupt nicht ins Kalkül gezogen.

Dabei wäre ein Mann wie Schönbohm gerade in dem Zeitalter des auch Deutschland bedrohenden internationalen Terrorismus segensreich. Denn wie nie zuvor verschwimmen die Grenzen zwischen äußerer und innerer Sicherheit. Die Politik hat darauf aber keine Antworten gefunden. Eher beiläufig und für die Öffentlichkeit nicht wahrnehmbar tauchte im Sommer zaghaft die Forderung nach einem Nationalen Sicherheitsberater auf - mit höchst sonderbaren Aufgabengebieten -, um sodann wieder in der Versenkung zu verschwinden.

Natürlich benötigt Deutschland längst einen Nationalen Sicherheitsberater - und zwar mit Sitz im Kanzleramt und Kabinettsrang. Zu seinen Aufgaben müßten gehören:

• die Erarbeitung eines außen- und sicherheitspolitischen Gesamtkonzepts,

• das frühzeitige Erkennen von Krisen,

• die Bündelung und Koordination aller sicherheitsrelevanten Kräfte in Deutschland,

• die permanente Information des Bundessicherheitsrates und des Bundeskabinetts sowie

• das Managen von Notlagen mit unmittelbarer Entscheidungskompetenz.

Durch die Aktivitäten dieses Nationalen Sicherheitsberaters könnte eine neue Kultur des Sicherheitsmanagements entstehen. Durch die sichtbare Fürsorge des Staates zum Schutz der Bürger würde das politische System Vertrauen zurückgewinnen. Und: Durch das Vorhandensein eines funktionierenden Krisenmanagements würde zudem Abschreckung entstehen.

Allerdings dürfte der Nationale Sicherheitsberater, ebenso wie der Verteidigungsminister, weder Laie noch Seiteneinsteiger sein. Denn der eine wie der andere noch nicht vorhandene Amtsinhaber tragen in Friedenszeiten die schwere Verantwortung für die äußere Sicherheit Deutschlands. Dies bedingt ausgewiesene Profis, die in den Parteiapparaten leider nicht auf die Bühne gelassen werden.


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