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05.11.05 / Deutschland und seine Leitkultur / Bundestagspräsident Lammert greift ein Tabuthema auf

© Preußische Allgemeine Zeitung / 05. November 2005

Deutschland und seine Leitkultur
Bundestagspräsident Lammert greift ein Tabuthema auf

Bislang zählte Norbert Lammert zu den eher Unauffälligen in den Reihen der CDU. Ein treuer Parteisoldat, der seine Pflicht tat: als Bundestagsabgeordneter seit nunmehr einem Vierteljahrhundert, neun Jahre lang als Staatssekretär in diversen Ministerien unter Kanzler Kohl, zuletzt drei Jahre als Vizepräsident des Deutschen Bundestages. Nun ist er der "zweite Mann im Staate", und kaum zum Bundestagspräsidenten gewählt, fiel er den politisch korrekten Linken und Liberalen im Lande unangenehm auf. Er vergriff sich an einem ihrer Tabuthemen und wagte es, das Wort "Leitkultur" öffentlich auszusprechen.

Nach einem Wahlkampf, in dem fast nur über Staatsfinanzen und Arbeitsmarkt geredet und gestritten wurde, empfanden viele enttäuschte Bürger es als ausgesprochen wohltuend, daß endlich ein hochrangiger Politiker auch andere Themen entdeckte. Denn so wichtig es auch ist, die Sozialsysteme zu sichern, den Menschen Arbeit und damit eine Lebenspersektive zu geben und den Schuldenberg nicht noch höher anwachsen zu lassen - das kann und darf doch nicht alles gewesen sein. Wahrscheinlich liegt hier eine der Ursachen für das enttäuschende Wahlergebnis der Unionsparteien: Sie haben ihre Wahlkampfthematik so stark eingeengt, als ob sie selber nicht mehr wüßten, was das C in ihrem Namen eigentlich bedeutet - nämlich daß die Menschen von ihnen nicht nur dürre Zahlen, Daten und Fakten, sondern auch geistige Führung erwarten.

Helmut Kohl hatte das einst richtig erkannt und im Wahlkampf 1983 den Deutschen die geistig-moralische Wende versprochen. Leider hieß es dann nach der Wahl: Es gilt das gebrochene Wort; von Geist und Moral war jedenfalls nicht mehr die Rede. Gerade dafür wird Kohl auch heute noch in konservativen Kreisen heftig kritisiert.

Vielleicht geht es, was die geistige Führung betrifft, diesmal genau umgekehrt, nach dem Motto "Wir versprechen nichts, und das halten wir dann auch!" Noch besser wäre es, wenn wir endlich die Werte-, Patriotismus- und Leitkulturdebatte bekämen, die dieses Land dringend braucht - dann hätte der neue Bundestagspräsident sich schon in den ersten Amtstagen um das Vaterland verdient gemacht. H.J.M.


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