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12.11.05 / Aufklärer oder Erfüllungsgehilfe / Bericht zum Hariri-Mord vor allem im Interesse der USA

© Preußische Allgemeine Zeitung / 12. November 2005

Aufklärer oder Erfüllungsgehilfe
Bericht zum Hariri-Mord vor allem im Interesse der USA
von R. G. Kerschhofer

Zum Attentat auf den libanesischen Ex-Ministerpräsidenten Hariri vom 14. Februar 2005 liegt nun der Untersuchungsbericht des von der Uno beauftragten Berliner Oberstaatsanwalts Detlev Mehlis vor. Interessanterweise hatte die US-Regierung bereits eine Vorversion in Umlauf gebracht, die ihr sichtlich besser gefällt. (Im Internet ist unter http://www.usahm.info/Dokumente/Original/ReportMehlis.htm  der komplette Text samt Korrekturen abrufbar.)

Man darf annehmen, daß nur wenige den Mehlis-Bericht gelesen haben und daß ihn daher die meisten als "Beweis" für die Schuld Syriens ansehen. Strafjuristen meinen allerdings, daß er zwar Verdachtsmomente aufzeigt, aber keine "gerichtsfähigen Indizien" liefert. Die "Neue Zürcher Zeitung" schreibt sogar, es bleibe "zumindest theoretisch die Frage offen, ob das Attentat auf Hariri nicht genau in der Absicht verübt wurde, den Verdacht auf Syrien zu lenken" (Leitartikel 5. / 6. November). In eben diesem Sinne wurde auch hier bereits berichtet (siehe Folge 8 / 2005): Denn "cui bono?" - "wem nützt es?" - ist eine kriminalistische Schlüsselfrage, und Syriens Präsident Baschar Al-Asad gehört gewiß nicht zu den Nutznießern.

Viele der zitierten Aussagen und Ferngespräche lassen sich so oder so interpretieren. Man muß auch wissen, wie leicht im Orient Drohungen über die Lippen gehen und wieviel Phantasie und Wichtigtuerei bei "Erzählungen" mitspielen. Und der Hauptbelastungszeuge Saddik ist ein verurteilter Betrüger, der vom syrischen Geheimdienst gefeuert wurde. All das schließt natürlich nicht aus, daß syrische und libanesische Kreise tatsächlich involviert sein könnten. Doch der libanesische Geheimdienst ist eben nicht nur vom syrischen unterwandert - und selbst der syrische ist kein geschlossener Klub.

Bei den "harten Fakten" heißt es, daß der Sprengsatz wahrscheinlich oberirdisch gezündet wurde - der Krater und das Faktum, daß am Tatort Erdarbeiten durchgeführt worden waren, hatten zunächst auch eine Mine vermuten lassen. Die Sprengladung soll sich in einem 2004 in Japan (!) gestohlenen Mitsubishi befunden haben. Da in drei Wagen der Hariri-Fahrzeugkolonne Störgeräte gegen Fernzündungen installiert waren und zur Tatzeit tatsächlich der Funkverkehr ausfiel, wird auf ein Selbstmordattentat geschlossen - eine im Libanon und in Syrien bisher unübliche Methode.

Die Weltöffentlichkeit sollte sich aber fragen, warum der Fall Hariri so groß aufgezogen wird: Im Libanon gab es dutzende Attentate gegen antisyrische wie gegen prosyrische Politiker und Journalisten. Nie hat die "Staatengemeinschaft" eine Untersuchung verlangt, nicht einmal im Fall des christlichen, einst mit den Israelis verbündeten Milizen-Führers Elie Hobeika, der 2002 in Beirut samt Auto in die Luft flog. Und zwar kurz nachdem er sich bereit erklärt hatte, bei einem in Belgien angestrengten Kriegsverbrecherprozeß als Kronzeuge gegen Ariel Scharon aufzutreten.

Noch etwas: Warum wurde ausgerecht ein Deutscher mit der Untersuchung beauftragt? Bei der Uno ist es ein offenes Geheimnis, daß dies auf Druck der USA geschah und daß Uno-Generalsekretär Kofi Annan nur allzu froh ist, wenn er den USA einmal ohne Gewissensverrenkung gefällig sein kann. Das Kalkül war simpel: Läuft die Untersuchung in unerwünschte Richtung, kann man einen Deutschen leicht demontieren. Und paßt alles, dient Mehlis als Blitzableiter. Um so mehr als er wegen Bearbeitung des Anschlags auf die West-Berliner Diskothek "La Belle" 1986 in arabischen Augen "einschlägig vorbelastet" ist.

Der Mehlis-Bericht ist nicht gerichtsfähig - muß er aber gar nicht sein, denn es geht nicht um ein Gerichts-Verfahren, sondern um Weltpolitik. Und je mehr Bush und Co. in Bedrängnis geraten, um so größer wird die Gefahr von Ablenkungsmanövern zulasten Dritter. Mehlis, der nun munter weiterermitteln darf, sollte darüber nachdenken, zu wessen Erfüllungsgehilfe er sich machen läßt.


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