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19.11.05 / Heimatlose Rechte

© Preußische Allgemeine Zeitung / 19. November 2005

Heimatlose Rechte
von Hans-Jürgen Mahlitz:

Die guten alten Zeiten, gern werden sie besungen und in der Erinnerung verklärt; bei näherem Hinschauen zeigt sich dann allzuoft, daß sie eigentlich doch nicht so gut waren. Wie war das also mit jenen guten alten Zeiten, von denen heute so mancher Konservative und Patriot träumt? Jenen Zeiten, als in Deutschlands "heimlicher Hauptstadt" Franz Josef Strauß königsgleich residierte und unwidersprochen verkünden durfte: "Wir Bayern sind die letzten wahren Preußen!"

Da war - wenigstens im Süden der Republik - die rechte Welt noch in Ordnung. Laptop und Lederhose, wertkonservativ, traditionsbewußt und zugleich an der Spitze des Fortschritts - alle, die den immer aufdringlicheren Einflüsterungen des Zeitgeistes (der inzwischen Englisch gelernt hat und sich "political correctness" nennt) noch nicht erlegen sind, wußten damals, daß sie sich in CSU-Landen geistig und politisch zu Hause fühlen konnten.

Dies galt übrigens in besonderem Maße auch für die Vertriebenen: Der Freistaat Bayern hat jenen, die vor nunmehr 60 Jahren ihrer Heimat beraubt worden waren, in vorbildlicher Weise die Treue gehalten, während viele andere diese Menschen längst aus ihrem politischen Kalkül vertrieben haben.

Die CSU als die parteipolitische Heimat aller wahren, im allerbesten demokratischen Sinne Rechten - vor diesem Hintergrund konnte FJS postulieren: "Rechts von uns darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben." Damals, eben zu den guten alten Zeiten, war das eher eine Tatsachenfeststellung denn eine Forderung. Denn das demokratische rechte Spektrum war von der CSU voll abgedeckt; was jenseits davon lag, war weniger "rechts" als vielmehr "extrem" in allen nur möglichen Schattierungen. Doch was einst durchaus richtig war, erweist sich heute als verhängnisvoller Fehler. Die Festlegung des damaligen CSU-Chefs hat - nicht nur in Bayern - dazu beigetragen, daß sich nie mehr eine demokratische Rechtspartei etablieren konnte. Zumindest keine lebensfähige, also dauerhaft sicher über der Fünf-Prozent-Marke liegende. So hat sich die Union selbst einer zusätzlichen Koalitionsoption beraubt, während das linke Lager in aller Ruhe erst die Grünen und nun die Linkspartei alias PDS alias SED aufpäppeln und damit seine strategische Mehrheit langfristig sichern konnte. Die schleichende Sozialdemokratisierung der CDU und - wehret den Anfängen! - auch von Teilen der CSU führt somit zu einer völlig neuen, durchaus beängstigenden Variante von Volksfront.

Und die Vorgänge der letzten Wochen nähren die Befürchtung, daß unsere wackeren Weißwurst-Texaner bald auch nicht mehr die Kraft haben, sich dem unseligen Trend entgegenzustemmen.

So rächt sich heute, daß man damals in Kreuth es bei den Drohgebärden belassen hat, statt mutig die bundesweite Ausdehnung zu wagen und der demokratischen Rechten im ganzen Lande eine politische Heimat zu bieten.

Oder waren die alten Zeiten doch nicht so gut? Waren die bayerischen Christsozialen doch nicht so stark, wie sie sich gern gaben? In den 80er Jahren, als Strauß gern spöttelte, es mache ihm nichts aus, daß Kohl unter ihm Kanzler sei, wurden die Reisen des Großen Vorsitzenden in die kleine Bundeshauptstadt so beschrieben: in München als bayerischer Löwe abgesprungen, in Bonn als Bettvorleger gelandet. Darüber konnte man wenigstens noch lachen - heute hat man eher das beängstigende Gefühl, da bleibe so mancher gleich als Bettvorleger liegen.


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