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19.11.05 / Wartburg droht "Rote Liste" wegen Windpark / Wird das deutsche Nationaldenkmal dem Ökowahn geopfert?

© Preußische Allgemeine Zeitung / 19. November 2005

Wartburg droht "Rote Liste" wegen Windpark
Wird das deutsche Nationaldenkmal dem Ökowahn geopfert?
von Ingolf Herrmann

Die Pyramiden Ägyptens, der Grand Canyon des Colorado oder der Mont Saint-Michel, das Tadsch Mahal, die Inkastadt Machu Picchu und der Ngorongoro-Krater - sie alle sind Zeugnisse vergangener Kulturen und einzigartige Naturlandschaften, deren Untergang ein unersetzlicher Verlust für die Menschheit wäre. Sie zu schützen liegt deshalb nicht allein in der Verantwortung eines einzelnen Staates, sondern ist Aufgabe der Völkergemeinschaft. Dies ist das Ziel des internationalen "Übereinkommens zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt", das die Mitglieder der Unesco 1972 geschlossen haben. 180 Staaten haben die Konvention inzwischen unterzeichnet. Mit der Benennung von Kultur- und Naturstätten für die Welterbeliste der Unesco verpflichten sich die betreffenden Staaten zu fortdauernden Schutz- und Erhaltungsmaßnahmen. Die anderen Unterzeichnerstaaten sollen im Rahmen ihrer Möglichkeiten zum Schutz dieser Stätten des Menschheitserbes beitragen.

Über die Aufnahme von Stätten in die Liste des Welterbes entscheidet das Unesco-Welterbekomitee, das prüft, ob die von den Unterzeichnerstaaten vorgeschlagenen Stätten die in der Konvention festgelegten Kriterien erfüllen. Hierzu zählen das Kriterium

der "Einzigartigkeit" und der "Authentizität" (historische Echtheit) einer Kulturstätte oder der "Integrität" (Unverletzlichkeit) eines Naturdenkmals. Außerdem muß ein überzeugender Erhaltungsplan vorliegen. Die internationalen Fachverbände für Denkmal- und Naturschutz (ICOMOS und IUCN) beraten das Komitee.

Die von der Unesco geführte Liste des Welterbes umfaßt mittlerweile mehr als 800 Denkmäler in 137 Ländern. In Deutschland sind dies unter anderem der Kölner Dom, die Pfalzkapelle in Aachen, die Museumsinsel in Berlin, Teile der Altstadt von Lübeck oder die Insel Reichenau im Bodensee. Auch die Kurische Nehrung mit ihrer Dünenwelt gehört übrigens dazu.

1999 war es die Wartburg in Thüringen, die in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen wurde. Das stolze Bauwerk, hoch über Eisenach gelegen, gilt den evangelischen Christen als ein Sinnbild ihres Glaubens, hat dort der Reformator Martin Luther doch mit der Übersetzung des Neuen Testaments ins Deutsche begonnen. Auch die heilige Elisabeth, das Wartburgfest und der berühmte Sängerkrieg stehen für die Wartburg. Nun aber droht dem Bauwerk die Aberkennung des Ehrentitels. Eine Baugesellschaft will etwa sechs Kilometer entfernt einen Windpark errichten. Damit aber wäre der unvergleichliche Blick vom Thüringer Wald und der Rhön auf das 900 Jahre alte Bauwerk erheblich beeinträchtigt. Die Gemeinde hat bereits gegen zwei Baugenehmigungen Widerspruch beim Verwaltungsgericht eingelegt.

Auch in Dresden muß man derzeit um den Titel bangen. Das 20 Kilometer lange Elbtal war im Juli 2004 in die Weltkulturerbe-Liste aufgenommen worden. Eine Brücke soll nun diese Ehrung zunichte machen. Der Bau der "Waldschlößchenbrücke" über die Elbe könne den Wert der Welterbestätte beeinträchtigen, mahnte der Direktor des Unesco-Welterbezentrums, Bandarin, in Paris, in einem Schreiben an das Auswärtige Amt, das als oberste Behörde für das deutsche Welterbe zuständig ist. Bandarin fordert eine Visualisierung des Bauvorhabens, für das sich die Dresdner Bürger bereits positiv ausgesprochen haben. Diese Forderung wiederum löste bei den Dresdner Stadtoberen Erstaunen aus, habe man doch schon bei der Bewerbung um den Titel deutlich gemacht, "wo die Brücke hinkommt".

Sollten sich die Kontrahenten nicht bald einigen, dann drohen Dresden und das Elbtal auf der Tagesordnung einer Unesco-Sitzung im Juni kommenden Jahres zu landen. Dort wird über die Aufnahme von gefährdeten Stätten des Welterbes in die "Rote Liste" beraten, ein letzter Schritt vor der Aberkennung des Titels. Dresden und Eisenach müssen sich nun entscheiden: bedingungsloser Fortschritt oder Erhalt einer beispiellosen Kulturlandschaft.

Wirkungsstätte Martin Luthers: Aufgrund geplanten Windparks bald kein Unesco-Weltkulturerbe mehr?


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