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19.11.05 / Der schöne Schein / Silberhochzeit führt chaotische Familie zusammen

© Preußische Allgemeine Zeitung / 19. November 2005

Der schöne Schein
Silberhochzeit führt chaotische Familie zusammen

Normalerweise geschieht in dem kleinen Städtchen Neuenburg nicht sonderlich viel, doch mit der Silberhochzeit von Barbara und Gernot wird das beschauliche Örtchen zu einem Schauplatz turbulenter Ereignisse.

Einerseits ist da Barbaras Mutter Marie, die 1945 nach der Flucht aus Danzig mittellos dastand und deren Seelenfrieden von ihren alten Gläsern und dem Silber abhing, das sie nach und nach dem Nachlaß anderer Familien abgekauft hat. Da Maries Mann vor kurzem verstorben ist, kann sie sich an der Silberhochzeit ihrer Tochter nicht wirklich erfreuen. Zu tief sitzt der eigene Schmerz.

Barbaras Tochter Sarah wiederum bereut ihre Anreise, kaum daß sie bei den Eltern angekommen ist. Anstatt sich auf die Feierlichkeiten zu freuen, ist den Eltern kein Thema zu nichtig, um nicht darüber zu streiten und zu diskutieren und einander die Schuld in die Schuhe schieben zu können. Dabei bemerken sie gar nicht, daß auch ihre Tochter Probleme hat.

Auch unter den anderen Gästen gibt es viele Unstimmigkeiten. So bei Sarahs Großonkel Mopp und Großtante Sigrid. Eigentlich waren die beiden mal ein sehr glückliches Ehepaar, doch als Sigrid erfuhr, daß sie keine Kinder bekommen kann, brach für sie eine Welt zusammen. Wie ein Wink des Schicksals erschien es den beiden, als die Frau von Mopps Neffen Harry und Mutter der kleinen Julia tödlich verunglückte und der allein zurückbleibende Vater des Mädchens, der ewig arbeitslose Harry, den beiden das Kind nur zu gerne überließ. Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt: Das Adoptivkind entpuppte sich nicht als der gewünschte Engel und Sigrids Enttäuschung schien grenzenlos.

Auch die Halbwaise Julia, die in einer Bauwagenkolonie lebt, ist zu dem Familientreffen geladen. Was sie jedoch nicht weiß, ist, daß Amöbe, ihr "Nachbar", in sie verliebt ist und ihr auf die Feier folgt. Als er auf der Silberhochzeit auftaucht, ist von Julia jedoch keine Spur zu finden ...

Familienbande sind es, die diese vielen kleinen Geschichten und Einzelschicksale zu einem großen Familien-Patchwork-Teppich verbinden. So chaotisch dem Leser das Leben der Besucher der Silberhochzeit auch vorkommen mag, so wird er doch einsehen, daß es das Leben einer mehr oder weniger normalen deutschen Familie widerspiegelt. Denn schließlich gehören Eigenbrödler, schwarze Schafe und Querdenker genauso zur Familie wie die von außen perfekt wirkenden Verwandten, bei denen der schöne Schein nur eine Fassade ist, die genau das Gegenteil verbirgt.

Sabine Friedrich ist es in diesem Roman gelungen, die Personen so lebendig und menschlich darzustellen, daß der Leser sie beinah zu kennen glaubt.

Das zunächst so heiter wirkende Geschehen auf der Familienfeier erscheint dem Leser wie ein durchsichtiger Schleier, der die Alltagsprobleme und -sorgen der Familienmitglieder zu überdecken sucht. Sehr unterhaltsam und trotzdem ernst. A. Ney

Sabine Friedrich: "Familiensilber", dtv premium, München 2005, 574 Seiten, 14.50 Euro

Alle Bücher sind über den PMD, Parkallee 84/86, 20144 Hamburg,

Telefon (0 40) 41 40 08 27, www.preussischer-mediendienst.de , zu beziehen.


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