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26.11.05 / Der "Weihnachtsmann" und der Rummel / Ein Gespräch mit Mario Adorf über Weihnachten, über Kinofilme und seine Rollen

© Preußische Allgemeine Zeitung / 26. November 2005

Der "Weihnachtsmann" und der Rummel
Ein Gespräch mit Mario Adorf über Weihnachten, über Kinofilme und seine Rollen

Mario Adorf gilt seit vielen Jahren als beliebtester deutscher Schau-spieler. Ein Mann, der seit einem halben Jahrhundert im Geschäft ist und mit 103 Kinofilmen fleißiger war als alle anderen. Im September wurde er stolze 75 Jahre alt. Anstatt jedoch den Geburtstag gemütlich mit der Familie zu verbringen, feierte er lieber mit dem Publikum auf der Bühne. Ganz nebenbei spielt er in seinem 103. Kinofilm "Es ist ein Elch entsprungen" zum ersten Mal den Weihnachtsmann. Die Preußische Allgemeine Zeitung / Das Ostpreußenblatt sprach mit dem agilen Schauspieler in Hamburg.

Vor kurzem ist der Film "Es ist ein Elch entsprungen" angelaufen, in dem Sie zum ersten Mal den Weihnachtsmann verkörpern. Sind sie vorher privat schon mal in diese Rolle geschlüpft?

Adorf: Nein, dazu fehlte mir die große Familie. Das war das erste Mal überhaupt, daß ich den guten Mann gespielt habe.

Wie lange hat der kleine Mario Adorf an den Weihnachtsmann geglaubt?

Adorf: Ich denke, so bis zum fünften Lebensjahr. Aber zu der Zeit glaubte man eher ans Christkind. Der Weihnachtsmann war damals der Nikolaus und der kam am 6. Dezember. Und genau diesen Nikolaus habe ich mal als einen Mann entlarvt, den ich aus dem Altersheim kannte. Dann war der Glaube daran vorbei.

Hat Weihnachten heute noch einen bestimmten Zauber für Sie oder empfinden Sie es eher als ein lästiges Fest?

Adorf: Das letztere. Ich bin kein Weihnachtsfan. Das wurde bei uns nie wirklich gefeiert, auch nicht in meiner Kindheit. Dies hat sich später auch so fortgesetzt. Weihnachten ist mir einfach ein bißchen unangenehm. Viele Freunde sind bei ihren Familien und diejenigen, die ohne Familie dastehen, lädt man dann ein oder geht zu ihnen nach Hause. Dann wird gewartet, bis die Tage vorbei sind. Oder man fährt von vornherein weg, um dem Ganzen aus dem Weg zu gehen. Weihnachten hat also keinen großen privaten Stellenwert für mich.

Herr Adorf, 103 Kinofilme sprechen für sich. Wenn Sie heute irgendwo mitspielen: Ist das dann so etwas wie ein Qualitätssiegel, weil Sie sich nur noch die besten Rollen aussuchen?

Adorf: Nein, das kann man bei Filmen nicht sagen. Man weiß ja nie wirklich, was dabei herauskommen wird. Ich habe auch nicht den Anspruch zu sagen: "Jetzt mache ich einen Film für die Ewigkeit." Für mich war es immer mein Job, Filme zu machen, und ich habe immer gehofft, daß sie gut werden. Es gibt da natürlich auch Projekte, bei denen man sich ein bißchen mehr erwartet, wie zum Beispiel bei einer Romanverfilmung von Günter Grass. Ich habe aber nie einen Film gemacht, bei dem ich von Anfang an wußte, daß er schlecht werden würde. Das ist dann zwar trotzdem passiert, aber das weiß man vorher schließlich nicht.

Geht ein Mann wie Sie noch ab und zu ins Kino und schaut sich auch mal Hollywoodproduktionen an?

Adorf: Mein Interesse ist doch begrenzt. Ich sehe solche Filme eher mal im Flugzeug. Die seltenen Male, die ich ins Kino gehe, mache ich nicht von Stars abhängig, sondern schon eher von Regisseuren. Ich sehe dann lieber einen Film von Almodovar oder Scorsese.

Als Halbitaliener wären Sie doch sehr gut geeignet, für Scorsese einen Mafiaboß zu spielen! Gab es bereits Anfragen in dieser Richtung?

Adorf: Da gab es mal die Geschichte mit Coppola und "Der Pate". Er rief mich an und fragte mich, ob ich in dem Drehbuch eine Rolle gefunden hätte, die ich gerne spielen würde. Ich sagte ihm: "Klar, Sonny Corleone, der Sohn von Marlon Brando." Doch Coppola erwiderte: "Ja, den spielt James Caan." Ich erwiderte ihm noch, daß Caan blond gelockt sei und im Gegensatz zu mir nicht aussehe wie Brandos Sohn. Coppola fragte mich daraufhin, ob ich nicht auch noch eine andere Rolle für mich interessant fände, es gäbe doch so viele. Ich antwortete ihm schlicht: Nein.

Haben Sie dieses Nein jemals bereut?

Adorf: Ganz im Gegenteil, ich bin sogar ein bißchen stolz darauf.

Das Gespräch führte Sven Schumann / Ricore


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