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03.12.05 / Von der Kalaschnikow zur Balalaika / Rußlands mühsamer Weg zu Demokratie und "verfassungsmäßiger Ordnung"

© Preußische Allgemeine Zeitung / 03. Dezember 2005

Von der Kalaschnikow zur Balalaika
Rußlands mühsamer Weg zu Demokratie und "verfassungsmäßiger Ordnung"

Bei der Parlamentswahl in Tschetschenien siegte erwartungsgemäß die kremltreue Partei "Einiges Rußland" mit rund 59 Prozent der Stimmen. Nach Ansicht des russischen Präsidenten Waldimir Putin ist die verfassungsmäßige Ordnung in der abtrünnigen Kaukasusrepublik damit wieder hergestellt. Das neue Parlament sei eine "legitime Volksvertretung".

Dies sehen unabhängige Wahlbeobachter keineswegs so, auch wenn die Wähler nicht wie bei der Wahl zuvor mit vorgehaltenen Kalaschnikows gezwungen wurden, von ihrem "Wahlrecht" Gebrauch zu machen. Diesmal luden Musikensembles vor den Wahllokalen mit Balalaika-Klängen zur Stimmabgabe ein. Dieser Einladung folgten die Wähler jedoch eher lustlos. Mit knapp 60 Prozent lag die Wahlbeteiligung weit niedriger als in den Vorjahren.

Die Zeitung "Kommersant" berichtet von Wahlbetrug. So soll in Grosny der Kommandant eines Flüchtlingslagers Pässe eingesammelt haben, die er zum Wahllokal trug.

Wie schwer Rußland sich immer noch mit der Demokratie tut, zeigt das Vorgehen gegen die patriotische Partei "Rodina" (Heimat) in Moskau. Eine Woche vor der Wahl des neuen Stadtparlaments entschied ein Moskauer Gericht auf Antrag des Kommunisten Schirinowski, die Partei von der Wahlliste zu streichen. Grund hierfür war ein Werbefilm, der Wassermelonen verspeisende Kaukasier zeigt - mit dem provozierenden Parteislogan "Wir werden Moskau vom Abfall säubern". Das Gericht wertete dies als unzulässige Wahlreklame, die den Streit zwischen den Nationen anheizen könne. Dimitrij Rogosin, Kandidat der Partei "Rodina" und ehemals Sonderbeauftragter für das Königsberger Gebiet, legte Beschwerde gegen diese Entscheidung ein. Er vermutet, daß die Chancen "Rodinas", zweitstärkste Partei im Stadtparlament zu werden, verhindert werden soll.

Daß in Putins "gelenkter Demokratie" die Pressefreiheit beschnitten wird, ist seit langem bekannt. Nun erhielt die russische Moderatorin Olga Romanowa von Ren-TV vergangene Woche einen Maulkorb. Der Direktor des Senders, Alexander Ordschonikidse, verweigerte ihr unter einem Vorwand den Zutritt zum Studio. Sie hatte über die Niederschlagung des Verfahrens gegen den Sohn des russischen Verteidigungsministers Iwanow berichtet, der eine Rentnerin überfahren hatte, sowie über den geplanten Bau einer kristallenen Kapelle im Zentrum Moskaus, die der umstrittene georgische Künstler Surab Zereteli auf Staatskosten bauen soll. Ren-TV galt bisher als der letzte TV-Sender, der eine gewisse Objektivität bewahrt hatte. RTL hält 30 Prozent der Anteile. M. Rosenthal-Kappi


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