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10.12.05 / Dem Zeitgeist gefolgt / Bremer Kunsthalle zeigt Frauenporträts der Impressionisten

© Preußische Allgemeine Zeitung / 10. Dezember 2005

Dem Zeitgeist gefolgt
Bremer Kunsthalle zeigt Frauenporträts der Impressionisten

Das großformatige Porträt einer jungen Frau steht im Mittelpunkt einer Sonderausstellung der Kunsthalle Bremen: „Camille“ – Modell, Geliebte und spätere Ehefrau Claude Monets. Um 1866 waren solche großen Frauenporträts ein bevorzugtes Thema ambitionierter junger Maler in Paris. Warum? Das zeigt das Bremer Ausstellungshaus mit „Monet und Camille – Frauenporträts im Impressionismus“. Neben 19 Werken Monets sind 20 Frauenporträts von Künstlern wie Renoir, Manet, Corot, Whistler und Degas aus den großen Museen Europas und den USA in Bremen zu sehen.

Niemanden hat Claude Monet (1840–1926) so oft gemalt wie Camille Doncieux, die ihm seit 1865 Modell stand und ihm zwei Söhne schenkte. Die Bremer Ausstellung zeigt Camille in blühenden Gärten, am sommerlichen Strand und auf lichtflirrenden Wiesen. Als sie 1879 im Alter von 32 Jahren starb, malte Monet sie zum letzten Mal: Ein Schleier aus Licht legt sich über das Gesicht der Frau auf dem Totenbett. Seine zweite Ehefrau, Alice Hoschedé, hat Monet nie porträtiert. 1906 kaufte der in künstlerischen Belangen weitsichtige Direktor Gustav Pauli das lebensgroße Porträt der 19jährigen Camille für die Kunsthalle Bremen. Dabei war das Gemälde als Verlegenheitslösung entstanden: Eigentlich wollte Claude Monet 1866 mit einem anderen Bild im Salon, der großen Jahresschau der Pariser Künstler, überzeugen. Das „Frühstück im Grünen“ wurde jedoch nicht rechtzeitig fertig. In angeblich nur vier Tagen malte er statt dessen die „Camille“.

Die Dame in eleganter Robe und ungewöhnlicher Pose erregte Aufsehen. Dabei wirkt das Bild der Camille auf den ersten Blick wenig modern: Monet wählte ein traditionelles Großformat, wie es von Porträts des Adelstandes bekannt war. Zugleich brach er aber mit den Konventionen: Er zeigte Camille in einer bewegten Pose, den Kopf im Halbprofil. Statt üppiger Dekorationen malte er einen dunklen Hintergrund, der die Konzentration des Betrachters auf die Frauenfigur lenkt.

Die Ausstellung in der Bremer Kunsthalle zeigt, daß auch Künstler wie Pierre-Auguste Renoir, Édouard Manet, Jean-Baptiste Corot und James McNeill Whistler die Gattung Frauenporträt übernahmen. Mit ihrer unkonventionellen Sehweise stießen die Maler allerdings bei manchem Geldgeber auf Unverständnis. Dennoch: Um ihr Können zu demonstrieren, entwickelten die Impressionisten ihr Motiv auch ohne Auftrag weiter. Für professionelle Auftragsmaler wie Carolus Duran und Henri Gervex wurde das großformatige Frauenporträt sogar zu einer lukrativen Einnahmequelle.

Der Dichter Charles Baudelaire forderte 1863: „Malt nicht die Antike, sondern das moderne Leben.“ Wie sehr Monet und seine Künstlerkollegen diesem Zeitgeist folgten, ist in der Bremer Ausstellung zu sehen. Drei Originalkleider, zahlreiche Kupferstiche aus zeitgenössischen Modezeitschriften und Fotografien belegen, daß die Impressionisten die populären Medien ihrer Zeit nutzten und Mode zum Thema in der Kunst machten. pm

Die Ausstellung in der Kunsthalle Bremen, Am Wall, ist bis zum 26. Februar 2006 geöffnet, dienstags, freitags und sonnabends von 10 bis 22 Uhr, mittwochs, donnerstags und sonntags von 10 bis 18 Uhr, montags geschlossen.

Claude Monet: Eins von vielen Porträts von seiner Geliebten und späteren Ehefrau Camille, hier am Strand von Trouville (1870; im Besitz der Yale University Art Gallery) Foto: Kunsthalle Bremen


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