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10.12.05 / Auf den Spuren unserer Vorfahren / Die Kreisgemeinschaft Heiligenbeil lud zu einem Seminar über Familienforschung nach Bad Pyrmont ins Ostheim

© Preußische Allgemeine Zeitung / 10. Dezember 2005

Auf den Spuren unserer Vorfahren
Die Kreisgemeinschaft Heiligenbeil lud zu einem Seminar über Familienforschung nach Bad Pyrmont ins Ostheim
von Andreas David

Auf dem Spuren unserer ostpreußischen Vorfahren“ – unter diesem Titel hatte die Kreisgemeinschaft Heiligenbeil zu einem Seminar vom 11. bis 13. November in das Ostheim nach Bad Pyrmont eingeladen. Insgesamt 54 Teilnehmer – Fortgeschrittene und Anfänger in Sachen Familienforschung im Alter zwischen 26 und 81 Jahren – sowie zehn Referenten bewiesen das rege Interesse an genealogischen Fragestellungen. Die weitgereistesten Teilnehmer waren die Geschwister Dr. Monica Mendelssohn (London) und Dr. James Mendelssohn (Wales), deren Vorfahren aus der Ordensmühle Zarniko in Heiligenbeil stammen. Die Erweiterung des Wissens, insbesondere der Quellenlage, sowie der Erfahrungsaustausch standen dabei im Mittelpunkt des Interesses der Teilnehmer.

Am Freitagabend begrüßte Kreisvertreter Siegfried Dreher die Teilnehmer. Sein Stellvertreter, Georg Jenkner, selbst seit über 30 Jahren Familienforscher, übernahm dann die Leitung des Seminars und führte in die Thematik ein. In einer Zeit, in der herkömmliche Werte und Traditionen immer mehr in Frage gestellt werden, erlebt die Rückbesinnung auf die Herkunft und die Heimat eine Renaissance. Familienforscher machen einen großen Teil der Bekenntnisgeneration aus und sind die Basis für das Wachhalten der Erinnerung an die ostpreußische Heimat. Er wies auch auf die besondere Herausforderung für die ostpreußische Familienforschung hin: Die Familiendokumente konnten bei dem eiligen Aufbruch zur Flucht nicht mitgenommen werden oder gingen auf dem Weg in den Westen durch Plünderung verloren. Da keine standesamtlichen Unterlagen mehr vorhanden sind, gilt es die Lücke bis zu den erhaltenen Kirchenbuchaufzeichnungen zu schließen – ein häufig schwieriges Unterfangen.

Nach der Vorstellung der Teilnehmer hielt Hans-Christoph Surkau (Greven) den ersten Vortrag über „die militärischen Quellen und ihren Nutzen für die Familienforschung“. Durch sein ausgeprägtes historisches Detailwissen zu dieser Thematik und konkrete Hinweise konnte er aufzeigen, daß diese vielen Familienforschern noch unbekannten Quellen Suchmöglichkeiten zum Überwinden „Toter Punkte“ bieten.

Der Sonnabendmorgen begann mit dem Vortrag des Historikers Carsten Fecker (Hamburg), Schriftleiter der „Altpreußischen Geschlechterkunde“ des Vereins für Familienforschung in Ost- und Westpreußen e. V. (VFFOW), über die „genealogischen Quellen für den Kreis Heiligenbeil“. Seine Darstellung ergab ein umfassendes und lückenloses Bild der Forschungsmöglichkeiten für den Kreis bis hin zu den Beständen des Archivs in Allenstein. Dabei wurde deutlich, daß die Veröffentlichungen des VFFOW (beispielsweise die mehrbändigen Einwohnerlisten des Kreises Heiligenbeil, die Kartei Schulz und das Bürgerbuch der Stadt Heiligenbeil) die genealogische Forschung im Kreis hervorragend unterstützt haben.

Der Architekturhistoriker Wulf D. Wagner (Berlin) berichtete dann aufgrund seiner jahrelangen eigenen Forschung vor Ort über „das Geheime Staatsarchiv in Berlin und seine Quellen zur altpreußischen Familien- und Ortsgeschichte“. Sein Vortrag enthielt viele praktische Hinweise für Interessierte, unter welchen Voraussetzungen sich eine Forschung dort lohnt und wie man konkret vorgeht. Georg Jenkner berichtete dann über das Archiv, das Fotoarchiv und die Heimatkreiskartei der Kreisgemeinschaft Heiligenbeil. Die Teilnehmer konnten sich anschließend an einem PC über die Bestände des Archivs für bestimmte Orte oder Namen informieren.

Der Nachmittag begann mit einem sehr anschaulichen Vortrag von Dr. Dietrich Flade (Darmstadt), zweiter Vorsitzender des VFFOW, über die „Handschriften des 17. und 18. Jahrhunderts – Lesen und Verstehen am Beispiel des Kirchenbuchs Pörschken“. Dr. Flade zeigte die Entwicklung der Schrift auf und ging speziell auf das Kürzungswesen ein. Das Verständnis der Kürzungen erleichtert nicht nur die Forschungen in den Quellen, sondern ist für die richtige Deutung äußerst wichtig. Den Teilnehmern wurde vor Augen geführt, daß die Schriftkunde notwendige Voraussetzung, aber kein unüberwindliches Hindernis für die Familienforschung ist.

Wulf D. Wagner zeigte dann auf der Basis seiner Forschungen für sein Buch „Die Güter des Kreises Heiligenbeil in Ostpreußen“ die familiengeschichtlichen Zusammenhänge der Gutsbesitzerfamilien auf und begeisterte die Zuhörer durch sein tiefgehendes Detailwissen. Der restliche Nachmittag diente dem regen Erfahrungs- und Forschungsaustausch.

Horst Labrenz (Neustadt/Weinstraße) machte am Abend mit den Seminarteilnehmern im Rahmen seines Diavortrages eine Rundreise durch den heutigen Kreis Heiligenbeil, vornehmlich den russisch verwalteten Teil. Seine Bildauswahl aus 15 Jahren Reisen nach Ostpreußen, vor allem auch viele Luftaufnahmen, gab, ergänzt durch detaillierte Schilderungen, ein eindrucksvolles Bild der heutigen Situation in der Heimat. Anschließend wurde ein kurzer Film aus dem Archiv über Heiligenbeil im Februar 1944 gezeigt, den eine Familie aus Elbing gedreht hatte, die nach den Bombenangriffen auf Elbing für zwei Wochen bei Verwandten in der kleinen Stadt an der Jarft untergekommen war. Dieses hochinteressante Zeitzeugnis mit absolutem Seltenheitswert konnte von den Teilnehmern auf DVD oder Video erworben werden.

Der Sonntagmorgen begann mit einem anschaulichen Vortrag über „Alt Passarger Fischer in Büsum“ von Horst Neumann, Bürgermeister i. R. von Büsum und Vorstandsmitglied der Kreisgemeinschaft. Er zeigte die Wanderungen der Fischerfamilien von Alt Passarge nach Büsum um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert auf und konnte auf die heutigen Spuren dieser Familien hinweisen. Martin Schmidt (St. Augustin) berichtete dann über seine „Ahnenliste Kroll“ und streifte dabei viele für die praktische Familienforschung wichtige Komplexe, von Ahnengleichheit bis hin zur gebotenen Vermeidung von Spekulationen, die nicht einfach als Tatsachen hingestellt werden dürfen.

„Von prussischer Herkunft: Perbandt“ lautete der Titel des Vortrags von Christian Perbandt (Lehrte), ebenfalls Vorstandsmitglied der Kreisgemeinschaft. Den Abschluß bildete ein Beitrag von Georg Jenkner zu seinen Forschungen zu den Familien Gesien, Funk und Lehrbaß in Heiligenbeil, der sich vornehmlich mit den sozialgeschichtlichen Hintergründen und den Wanderungen in und nach Ostpreußen beschäftigte.

Kreisvertreter Siegfried Dreher zog ein positives Fazit des Seminars und dankte den Referenten für ihr ehrenamtliches Engagement und den Teilnehmern für ihr reges Interesse. Sein besonderer Dank galt dem Seminarleiter Georg Jenkner für seine monatelange Vorbereitung, die hervorragende Organisation und seine fachkundige und dabei humorvolle Leitung.

Die 54 Seminarteilnehmer – Fortgeschrittene wie Anfänger – waren mit großem Interesse und Engagement bei der Sache.

Heiligenbeils stellvertretender Kreisvertreter Georg Jenkner leitete das gut organisierte Seminar fachkundig und humorvoll.


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